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Sacramentum

Sacramentum

Titel: Sacramentum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Toyne
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blieben bei den Fahrzeugen zurück und schauten gelangweilt drein.
    Die Zivilisten erreichten ein Fleckchen Erde gut zwanzig Meter von den geparkten Jeeps entfernt und deuteten auf den Boden. Dann schauten sie zu, wie die Arbeiter anfingen zu graben. Einer der bärtigen Männer holte eine Wasserflasche aus einer Kühltasche und trank sie in einem Zug halb leer. Durch sein Fernglas konnte der Geist die Kondenstropfen an der Flasche sehen, und instinktiv leckte er sich die trockenen Lippen. Die Sonne stand zwar noch nicht lange am Himmel, doch schon jetzt fühlte der Geist sich wie eine Eidechse auf einem Stein. Er brauchte eine bessere Deckung. Er musste selbst etwas trinken, doch der Grabungstrupp war viel zu nahe, als dass er sich hätte bewegen können. Ihm blieb nichts anderes übrig, als zu bleiben, wo er war, bis die Leute wieder weiterzogen.
    Doch das taten sie nicht.
    Nach fünf Minuten war ein Geräusch aus dem Loch zu hören, das jedermanns Aufmerksamkeit erregte. Die Zivilisten sprangen vor, und der Dickste der drei ließ sich in das Loch hinunter, um die Erde mit den Händen wegzuschaufeln. Als er wieder aufstand, strahlte er förmlich über das ganze Gesicht.
    »Gebt in der Basis Bescheid, und sagt ihnen, dass sie sofort die Baumaschinen herbringen sollen«, rief er zu den Wachen bei den Fahrzeugen zurück. »Und sagt ihnen auch, dass wir hier ein Außenlager bauen. Wir haben es gefunden!« Er kletterte aus dem Loch und klopfte sich den Staub von den Händen. »Gelobt sei Gott, wir haben es gefunden!«

62
    Die Zitadelle
    Dragan wurde von einer Welle der Panik übermannt, als er die Kapelle des Sakraments betrat und sah, dass das Kreuz leer war.
    Dragan fiel davor auf die Knie, doch nicht um zu beten. Nach seiner spektakulären Rückkehr in die Zitadelle fühlte er sich schier unglaublich schwach. Das Einzige, was ihn noch angetrieben hatte, war sein unstillbares Verlangen, wieder in der Nähe des Sakraments zu sein und das Ritual der Vereinigung zu vollziehen, das alle, die daran teilnahmen, mit heiliger Kraft erfüllte. Nur das Sakrament vermochte ihm und dem Berg die alte Stärke wiederzugeben … doch das Sakrament war verschwunden.
    Als Dragan den Blick durch die leere Kapelle schweifen ließ, bemerkte er sein Spiegelbild auf den Klingen an der Wand. Wie konnte Gott ihn nur so verspotten? Wie konnte er seinen Körper so quälen, ihm die Chance auf Erlösung anbieten und sie ihm dann auf so grausame Art wieder entreißen? Dragan schüttelte den Kopf. Er schämte sich. Das war nicht das Werk Gottes. Was er hier sah, war das Werk des Teufels.
    Dragan rief sich die Geschichte Hiobs ins Gedächtnis zurück, und er erinnerte sich an die Prüfungen, die Hiob hatte erdulden müssen, nachdem Gott ihm seinen Schutz entzogen hatte. Satan hatte Hiob seinen Reichtum genommen, seine Familie und seine Gesundheit, um seinen Glauben auf die Probe zu stellen und ihn dazu zu bringen, den Namen des Herrn zu verfluchen. Doch Hiob hatte sich geweigert und stattdessen den Tag seiner Geburt verflucht. Und war Hiob nicht für seinen Glauben belohnt worden? Hatte Gott ihm nicht alles wieder zurückgegeben und sogar noch mehr? Dragan wusste, dass auch er so handeln musste. Er musste fest im Glauben bleiben, auch wenn sein Leib schwach und die Zukunft unsicher war. Nur dann würde die Zitadelle ihre alte Stärke zurückerlangen.
    Dragan senkte den Kopf, betete vor dem leeren Kreuz und beichtete die Sünden, die er begangen hatte, seit er zum letzten Mal hier gestanden hatte. Er bat um Vergebung für seinen mangelnden Glauben und um die Kraft, Gottes Werk zu erfüllen. Schließlich sprach er ein Gebet für die Seele des Priesters, der geschickt worden war, ihn zu töten, doch der stattdessen sein eigenes Leben verloren hatte. Dragan glaubte, dass alles einen Grund hatte, dass jeder Schritt des Menschen vorbestimmt war und alle nur ein Werkzeug Gottes waren. Und als er sich nun an seinen Weg in die Zitadelle zurück erinnerte, da sah er Gottes Hand bei allem.
    Zuerst hatte Gott ihm diesen nervösen Pfleger geschickt, der es irgendwann einmal so eilig gehabt hatte, wieder aus dem Zimmer zu kommen, dass er ein Skalpell vergessen hatte. Dann hatte er ihm den Priester geschickt, der durch ebendiese Klinge gestorben war, als er versucht hatte, Dragan mit einem Kissen zu ersticken. Das war kein Zufall gewesen, sondern vorbestimmt.
    Als Dragan seine Gebete beendet hatte, beugte er sich vor und legte sich flach auf den kalten Boden der

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