Sacramentum
solle.
Arkadian lächelte zum ersten Mal seit Stunden. Liv war okay. Offensichtlich kümmerte sich eine amerikanische Version von ihm um sie, und bei diesem Gedanken fühlte er sich schon deutlich besser. Also wandte sich Arkadian nun dem nächsten Punkt auf seiner To-do-Liste zu, wählte eine interne Nummer und hielt die Hand auf das andere Ohr, um in dem Lärm etwas verstehen zu können.
»Zellenblock, Sicherheitszentrale.«
»Suleiman? Ich bin’s. Arkadian.«
»Hey, ich dachte, du wärst mit einer Bleivergiftung krankgeschrieben.«
»Nun ja, es ist nicht ganz so gelaufen, wie ich mir das vorgestellt habe. Die halbe Stadt ist ausgeraubt worden. Da kann ich ja wohl kaum zu Hause sitzen und mir Gameshows anschauen.«
»Das ist zumindest besser als das Zeug, das ich den ganzen Tag zu sehen bekomme.«
»Das tut weh. Hör zu … Könntest du mal die Kameraaufzeichnungen des Ausbruchs gestern rauskramen, damit ich runterkommen und sie mir ansehen kann?«
»Äh … Nein, das geht leider nicht. Wir haben gerade erst das System hochgefahren, und einige Dateien sind verschwunden.«
»Welche?«
»Alle von gestern Nachmittag.«
Arkadians Kriminalisteninstinkt schlug sofort Alarm. »Gibt es eine Möglichkeit, sie wiederherzustellen?«
»Nein. Die Dateien sind nicht einfach nur zerstört. Sie sind schlicht nicht mehr da. Das Backupsystem muss versagt haben.«
»Ist so etwas schon mal passiert?«
»Nein. Das ist das erste Mal.«
»Habt ihr irgendeine Ahnung, was der Grund dafür war?«
Suleiman sog zischend die Luft ein wie ein Handwerker, der einen Kostenvoranschlag für einen komplizierten Auftrag machen sollte. »Das könnte viele Gründe haben. Es ist jede Menge Wasser durch den Zellenblock geflossen, als die Sprinkleranlage ausgelöst worden ist. Das könnte einen Kurzschluss oder Ähnliches verursacht haben. Das System ist auch so schon mehr oder weniger Schrott. Es bricht immer wieder zusammen. Dazu kam dann noch das Erdbeben … Such dir einfach etwas aus.«
Arkadian vermutete, dass nichts davon der Grund für den Datenverlust war. Er kam einfach viel zu gelegen, und die verschollenen Dateien waren viel zu spezifisch. »Okay, danke, Suleiman. Lass es mich wissen, falls sie wieder auftauchen sollten.«
»Klar doch. Aber ich würde nicht darauf wetten.«
Arkadian legte den Hörer auf und ließ seinen Blick durch den geschäftigen Raum schweifen. Er fragte sich, ob derjenige, der die Daten vernichtet hatte, vielleicht gerade hier war. Plötzlich ertönte ein Piepen und lenkte seine Aufmerksamkeit auf den Bildschirm. Der Computer hatte eine Übereinstimmung gefunden. Eine Dienstakte füllte den Schirm, und in einer Ecke war ein schlanker Mann mit Brille zu sehen. Er sah ganz und gar nicht wie der Beamte aus, der als Leiche vor dem Krankenhaus gelegen hatte. Das Einzige, was wirklich übereinstimmte, waren der Name und die Dienstnummer sowie die Tatsache, dass beide Männer tot waren. Der echte Nesim Sentürk hatte bei der Stadtpolizei von Istanbul gedient und war vor über einem Jahr bei einer Drogenrazzia ums Leben gekommen. Wer auch immer nun in der Leichenhalle von Trahpah lag, er war ein Hochstapler, der sich mit einem echten Namen und einer echten Dienstnummer eingeschlichen hatte. Und wer auch immer hinter alldem steckte, er war kenntnisreich, mächtig und hatte gute Verbindungen.
Das Telefon klingelte.
»Arkadian«, meldete sich der Inspektor. Wieder hielt er sich mit der freien Hand das andere Ohr zu.
»Sergeant Godlewski hier, aus New Jersey. Ich habe eine Nachricht bekommen, in der es hieß, ich solle Sie wegen Liv Adamsen anrufen.«
Arkadian wechselte ins Englische. »Ja. Danke, dass Sie mich so schnell zurückgerufen haben.«
»Wissen Sie, wo sie hin ist?«
Die Frage traf Arkadian völlig unvorbereitet. »Ich dachte, sie wäre bei Ihnen.«
»Das war sie auch. Vor ein paar Stunden habe ich sie in einem Hotel abgesetzt, das uns auch als Safehouse dient. Aber als ich gerade nach ihr sehen wollte, da war sie weg. Ihre Sachen sind auch nicht mehr da, und der Raum ist das reinste Chaos.«
Dann erzählte ihm Ski von den herausgerissenen Seiten einer Bibel, und Arkadian lief ein kalter Schauder über den Rücken, als ihm klar wurde, wer Liv in seiner Gewalt hatte.
69
Die modifizierte McDonnell Douglas DC-9 hob vom Newark International Airport ab und stieg steil in den nachmittäglichen Himmel hinauf.
Nach außen hin schien es sich um einen ganz normalen Charterflug zu handeln. Das einzig
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