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Saemtliche Dramen

Saemtliche Dramen

Titel: Saemtliche Dramen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert Camus
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dich meine verzweifelte Liebe und meine erschöpfte Geduld für deine Missachtung und rächen die erlittene Schande.
    LISARDO
    Genug der Worte, Eusebio, lassen wir die Schwerter sprechen!
    (Sie ziehen blank, fechten. LISARDO fällt, versucht sich aufzurichten, sinkt wieder zu Boden.)
    Ich bin verletzt!
    EUSEBIO
    Tödlich?
    (Er schlägt noch einmal zu.)
    LISARDO
    Nein, noch habe ich genug Kraft, um … Weh mir! Der Boden entzieht sich meinen Füßen.
    EUSEBIO
    Dann soll auch dein Leben davonziehen!
    (Er schlägt noch einmal zu.)
    LISARDO
    Lass mich nicht ohne Beichte sterben.
    EUSEBIO
    Stirb, du Hund!
    (Er will noch einmal zuschlagen.)
    LISARDO
    Nein! Nein! Im Namen des Kreuzes, an dem Christus starb, töte mich nicht!
    EUSEBIO (hält jäh inne und weicht zurück. Kurze Pause.)
    Das Kreuz rettet dich vorm Tod! Steh auf. Du beschwörst es, schon schwindet meine Wut, und mein Arm senkt sich. Steh auf!
    LISARDO
    Ich kann nicht. Ich verlasse dieses Leben, das mich mit meinem Blut verlässt. Meine Seele wäre schon entwichen, wenn sie sich entscheiden könnte, wo entlang.
    EUSEBIO
    Gib dich in meine Arme, fasse Mut. Hier nahebei leben Büßermönche in ihren Höhlen. Wenn du es lebend bis auf ihre Schwelle schaffst, kannst du noch beichten.
    LISARDO
    Zum Dank für dieses Erbarmen gebe ich dir mein Wort: Falls ich würdig bin, vor Gott den Herrn zu treten, werde ich darum bitten, dass du selbst nicht ohne Beichte sterben musst.
    ( EUSEBIO nimmt LISARDO in die Arme und trägt ihn weg. GIL kommt aus seinem Versteck. Von der anderen Seite her kommen TIRSO , BLAS , MENGA und TORIBIO .)
    GIL
    Die Rechnung wäre beglichen! Eine schöne Barmherzigkeit nenne ich mir das! Er bringt ihn um, dann schafft er ihn auf seinen Schultern fort.
    TORIBIO
    Hier hast du ihn zurückgelassen?
    MENGA
    Ja, mit der Eselin.
    TORIBIO
    Da steht er ja, ganz benommen.
    MENGA
    Gil! Was hast du gesehen?
    GIL
    Ay, Menga!
    TIRSO
    Was ist passiert?
    GIL
    Ay, Tirso!
    TORIBIO
    Was hast du gesehen! Antworte!
    GIL
    Ay, Toribio!
    BLAS
    Warum jammerst du so, Gil?
    GIL
    Ay, Blas! Ay, meine Freunde! … Ich verstehe davon nicht mehr als ein Esel. Er hat ihn getötet, er hat ihn sich ohne Umstände aufgeladen, und jetzt trägt er ihn fort. Wahrscheinlich will er ihn einpökeln lassen!
    MENGA
    Wer hat ihn getötet?
    GIL
    Wer hat ihn getötet?
    TIRSO
    Wer ist tot?
    GIL
    Wer ist tot?
    TORIBIO
    Wer hat ihn sich aufgeladen?
    GIL
    Wer hat ihn sich aufgeladen?
    BLAS
    Und wer hat ihn fortgetragen?
    GIL
    Na – derjenige, der das tun wollte! Wenn ihr das wissen wollt, kommt alle mit.
    TIRSO
    Wo bringst du uns hin?
    GIL
    Wer weiß? Aber kommt! Sie sind hier langgegangen und müssten noch ganz nah sein.
    (Sie gehen alle ab.)
     
    (Ein Raum in Curcios Haus. ARMINDA und JULIA .)
    JULIA
    Nein, Arminda, lass mich allein, mein Schmerz wird erst mit meinem Leben enden. Ich will meine verlorene Freiheit beweinen. Der Kummer wird zu groß. Der Bach rinnt erst langsam, sein Wasser treibt schläfrig im Tal, die Blumen meinen, er wäre am Ende seiner Kräfte, da wird sein Lauf jäh stürmisch, unvermittelt schwillt er an und überschwemmt sie. Ja, mein Schmerz verhält sich ebenso! Ich habe ihn lange in meinem Herzen aufgestaut. Jetzt tritt er als Tränen über die Ufer. Lass mich über die Grausamkeit meines Vaters weinen.
    ARMINDA
    Herrin …
    JULIA
    Vor Schmerzen sterben! … Was kann man Glücklicheres wünschen. Ein Leid, das das Leben verzehrt, verdient immerhin Bewunderung. Was wäre ein Schmerz, der nicht zum Tod führt?
    ARMINDA
    Woher kommt nur diese Verzweiflung?
    JULIA
    Von einem großen, furchtbaren Unglück, Arminda! All die Briefe von Eusebio – Lisardo hat sie aus meinem Sekretär genommen.
    ARMINDA
    Also wusste er, dass sie darin waren?
    JULIA
    Mein Unglück hat mich in diese Lage gebracht. Als ich sein Gesicht sah, vermutete ich, dass er einen Verdacht hatte, aber ich konnte ja nicht ahnen, dass er alles wusste. Er kam mit verzerrtem Gesicht und sagte bemüht ruhig, er habe beim Spiel verloren und wolle sich ein Schmuckstück ausleihen, um weiterzuspielen. Sofort war ich bereit, ihm zu helfen, doch er war schneller als ich, riss mir den Schlüssel aus der Hand und öffnete wütend meinen Sekretär, wo er in der ersten Schublade die Briefe fand. Er schaute mich an, und dann ging er ohne ein Wort – oh mein Gott, ohne ein Wort! – zu unserem Vater. Beide blieben lange hinter verschlossenen Türen. Und sie planten mein Unglück, da kannst du sicher sein! Jetzt

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