Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Saemtliche Werke von Jean Paul

Saemtliche Werke von Jean Paul

Titel: Saemtliche Werke von Jean Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Paul
Vom Netzwerk:
übrigens den Frieden ihrer Ehe mit dem »gutmütigen Pommern« (richtiger Braunschweiger) zu zerstören. Sie schreibt an Jean Paul von Ahlefeldts Liebe, »die nie erwidert werden kann, ihn den Guten, Edlen unglücklich macht und meine Tage oft trübt«. Jean Paul schwelgt in dem vornehmen Verkehr, der kultivierten Umgebung, den halb verdunkelten Zimmern. Es ist die Welt, nach der sich schon der junge Leipziger Student gesehnt hat.
    Wie werden diese Menschen, so fragt man sich, dem Andrang einer neuen Welt standhalten? Noch liegt der ungeminderte Glanz sonnbestrahlter Vergangenheit auf ihnen. Aber schon grollt es in der Tiefe. Im Januar hatte Jean Paul an Otto aus Baireuth geschrieben: »Die Staatsinquisition hier liegt wie Bleiplatten auf Kopf und Brust und es laufen eigentliche mouchards herum. Alles seufzt, keiner spricht. Gleichwohl ist ein Auskulant Geier aus Erlang hier, der öffentlich in Redouten Freiheit und Gleichheit predigt, der gleich seinen zwei Klientinnen schon siebenmal hinausgeworfen wurde, und der das achte Mal wieder auftritt. Er stellet den Soldaten Dinge vor, die sie nicht anhören dürfen, solange sie nicht Sansculotten im bildlichen Sinne sind. Völderndorf ließ ihn…« Wir erfahren aus dem Briefkonzept nicht, was der Regierungspräsident von Völderndorf, mit dem Jean Paul übrigens später befreundet wurde, mit dem Aufsässigen machen ließ. Jedenfalls wurde den Soldaten des Herrn von Kropff bereits die Revolution gepredigt, während seine Frau mit dem Justizassessor von Ahlefeldt schwärmende Briefe schrieb. Die Zeit war in Zersetzung begriffen. Es tat not, nach neuen Formen zu suchen, die Bewegung in geordnete Bahnen zu zwingen. Aber wie diese Menschen mühelos den Geist von Sturm und Drang in sich aufnahmen, ebenso mühelos saugten sie wenige Jahrzehnte später das Narkotikum der Heiligen Allianz in sich ein. Die wichtigen Probleme blieben ungelöst. Goethe hatte die Bildungsschicht von den großen Bewegungen weg zur Beschränkung auf die eigene Persönlichkeit hingeleitet. Aber mit den großen Zielen sanken auch die Persönlichkeiten dahin, und übrigblieb allein die leere Macht, hinter der keine Idee mehr stand, und ein Repräsentantentum, das nichts mehr repräsentierte.
    Noch ein anderer Vertreter des literarisch interessierten Adels trat zur gleichen Zeit in den engeren Freundeskreis Jean Pauls ein: Friedrich von Oerthel, und so eng schloß sich Jean Paul an ihn, daß der neue Freund ihm später mit seinem Jugendintimus Adam von Oerthel fast zu einer Person verschmolz. Friedrich von Oerthel – auch sein Vater war Besitzer eines Rittergutes und erst nachträglich geadelt – hatte eine Reihe von Schriften verfaßt, unter denen seine Arbeit »Über Humanität; ein Gegenstück zu des Präsidenten von Kotzebue Schrift vom Adel« wenige Jahre vor der Bekanntschaft mit Jean Paul erschienen war. In der von Oerthel angegriffenen Schrift hatte Kotzebue den Verfasser der »Grönländischen Prozesse« wegen seiner Ausfälle gegen den Adel einen elenden Witzling genannt. Daß Oerthel gegen diese Schrift Kotzebues aufgetreten war, mochte Jean Paul von Anfang an für den neuen Freund einnehmen. Mit vollem Herzen ergab er sich der anziehenden Bekanntschaft, die bis zu Oerthels geistiger Umnachtung ungetrübt andauerte.
    Weit wichtiger aber als diese neuen Bekanntschaften sollte für Jean Paul der Brief werden, den er am 8. März 1796 von einer Weimarer Dame ganz überraschend erhielt, da seine Gedanken mehr und mehr um Weimar kreisten. Charlotte von Kalb, die einstige Freundin Schillers und Hölderlins, schrieb ihm: »In den letzten Monaten wurden hier Ihre Schriften bekannt. Sie erregten Aufmerksamkeit, und vielen waren sie eine sehr willkommene Erscheinung. Mir gaben sie die angenehmste Unterhaltung, und die schönsten Stunden der Vergangenheit verdanke ich dieser Lektüre, bei der ich gern verweilte; und in diesem Gedankentraume schwanden die Bildungen Ihrer Phantasie, gleich lieblichen Phantomen aus dem Geisterreiche, meiner Seele vorüber. Oft ward ich durch den Reiz und Reichtum Ihrer Ideen so innig beglückt! Dankbar ergriff ich die Feder. Aber wie unbedeutend wäre dies Zeichen von einer Unbekannten gewesen! Also untersagte ich mir, an Sie zu schreiben, bis in einer glücklichen Stunde ich Ihr Lob von Männern hörte, die Sie längst kennen und verehren. Dann ward der Vorsatz von Neuem in mir rege. Jetzt ist es nicht mehr die einsame Blume der Bewunderung, die ich Ihnen übersende:

Weitere Kostenlose Bücher