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Säule Der Welten: Roman

Säule Der Welten: Roman

Titel: Säule Der Welten: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Schroeder
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haben … mich angewiesen … Ihnen so etwas … zu übergeben.«
    Ein bitteres Lachen. »Was könnten Sie mir schon anbieten, um mich von Ihrer Aufrichtigkeit zu überzeugen?«
    Seine Miene verfinsterte sich noch mehr; zum ersten Mal schien er wirklich wütend zu sein. Dann sprach er
ein einziges Wort. Venera starrte ihn in unverhohlener Verblüffung an, dann lachte sie wieder. Diesmal war es das verächtliche Wiehern, mit dem sie andere niederzumachen pflegte, und sie war sicher, dass er das begriff.
    Er verneigte sich jedoch nur leicht und ließ ihr mit einer Drehung den Vortritt in den Ratssaal. Die Türen waren so breit, dass sie nebeneinander eintreten konnten. Dabei erhaschte Venera einen Blick auf Sartos Gesicht und war bass erstaunt. In wenigen Sekunden hatte sich eine grässliche Verwandlung vollzogen. Hatte draußen noch Unmut in seinen Zügen gestanden, so hatten sie sich jetzt zu einer Fratze blinder Wut verzerrt. Und als sie sich inmitten des Saals auf dem blanken Marmorboden trennten, sah er aus, als wollte er jemanden ermorden. Venera beherrschte ihre Gesichtszüge eisern und hielt den Blick starr nach vorne gerichtet, als sie die mit rotem Teppich belegten Stufen zum Sitz des Hauses Buridan hinaufstieg, der so lange leer geblieben war.
    Die Ratsmitglieder hatten noch geplaudert, aber jetzt verstummte einer nach dem anderen, und aller Blicke richteten sich auf sie. In einigen war Überraschung zu erkennen; die Minister von Oxorn und Garrat waren zwar maskiert, waren aber auf ihren Stühlen weit nach vorne gerutscht, als wüssten sie nicht, ob sie weglaufen oder sich darunter verkriechen sollten. August Virilio, dessen Miene sonst nur höfliche Verachtung ausdrückte, schien in einem dumpfen Groll befangen, der zu diesem Mann so gar nicht passte.
    Als alle ihre Plätze eingenommen hatten, stand Pamela Anseratte auf und schlug mit ihrem Hämmerchen auf einen kleinen Tisch. »An sich sollte beim heutigen
Treffen über den Wechsel der Zuständigkeit für die Hafenanlagen beraten werden«, begann sie. »Aber offensichtlich …«
    »Sie hat einen Krieg vom Zaun gebrochen!«
    Jacoby Sarto war auf den Beinen, bevor das Echo seiner Stimme verklungen war - auch die übrigen Minister waren aufgesprungen. Lange redeten alle durcheinander, vergeblich drosch Anseratte immer wieder mit ihrem Hammer auf das Tischchen. Dann hob Sarto gebieterisch die Hand und hielt mit ernster Miene einen Stapel Papiere in die Höhe. »Dies sind die unterzeichneten Kriegserklärungen«, polterte er. »Dies ist nichts weniger als der Ausbruch jenes Zivilkonflikts, den wir alle seit langem fürchten - ein unprovozierter, bösartiger Angriff auf das Herz des sacranischen Hoheitsgebiets …«
    »Um Menschen zu befreien, die Sie entführt hatten«, ergänzte Venera. Sie war unerschütterlich sitzen geblieben. »Bürger souveräner Staaten, von Sacrus-Agenten aus ihren Häusern verschleppt.«
    »Unverschämtheit!«, brüllte Sarto. Die Hälfte der Ratsmitglieder waren immer noch auf den Beinen; in der Säulengalerie hinter den Ratssitzen richteten die Minister, Sekretäre, Höflinge und Generäle, die jedes Mitglied in Bereitschaft hielt, drohende Blicke aufeinander und auf Venera. Einige hatten ihre Schwerter schon halb aus der Scheide gezogen.
    »Ich habe hier eine unvollständige Liste mit den Namen derer«, fuhr Venera fort, »die vergangene Nacht aus Sacrus’ Verliesen gerettet wurden. Darunter sind …« - Jetzt schrie sie, um die Störrufe von der Galerie zu übertönen - »Bürger aller in diesem Rat vertretenen Nationen,
Buridan eingeschlossen. Will dieser Rat etwa bestreiten, dass es mein gutes Recht war, meinen eigenen Landsmann in seine Heimat zurückzuholen?« Sie sah den nicht maskierten Mitgliedern der Reihe nach in die Augen.
    Principe Guinevera ließ sich schwer auf seinen Sitz fallen. Sein Doppelkinn zitterte vor Empörung. »Sie werden wohl nicht behaupten wollen, dass Sacrus einen meiner Bürger geraubt hat? Sicherlich …« Er hielt inne, als er sah, wie sie die Liste überflog und dann die Hand hob.
    »Sie heißt Melissa Ferania«, sagte Venera.
    »Ferania, Ferania … Den Namen kenne ich …« Guinevera runzelte die Stirn. »Das war ein Selbstmord. Die Leiche wurde nie gefunden.«
    Venera lächelte. »Sie brauchen sich nur umzusehen, wenn Sie sie finden wollen.« Sie zeigte auf die Galerie.
    Der ganze Rat reckte die Köpfe. Der Buridan-Abschnitt der Galerie hatte sich seit einigen Minuten mit Menschen gefüllt; im

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