Säule Der Welten: Roman
Herrenhäuser wuchsen bizarre Krebsgeschwüre, ganze Parks waren von steinernen Irrgärten durchzogen. Aus einem dunklen Eingang war exotisches Flötenspiel zu hören, aus einem anderen das Rauschen von Schwingen. Einmal überquerten Venera und Garth eine Fährte aus Dutzenden von fremdartigen Fußspuren, alle Zehen waren nach innen gerichtet, und die Abdrücke waren außen tiefer, als wären die Leute, die sie hinterlassen hatten, stark o-beinig gewesen.
Es hatte keinen Zweck, die Augen von solchen Bildern abzuwenden. Gelegentlich warf Venera einen Blick zum Himmel, aber der war mit weiteren Besitzungen gepflastert. Jedes Mal duckte sie sich unbewusst, und jedes Mal durchzuckte sie dabei der Zorn, und sie nahm die Schultern zurück und machte ein finsteres Gesicht.
Sie war nervös und konnte das auch nicht verbergen. »Ist es noch weit?«
»Du jammerst wie ein Kind. Hier entlang. Gib auf die Nägel acht.«
»Garth, du erinnerst mich an jemanden, aber ich komme nicht darauf, an wen.«
»Aha! Sicherlich ein besonderer Liebhaber. Vielleicht sogar der eine, der dir entkommen ist? - Warte, sag nichts, lass mich in meinen Fantasien schwelgen.«
»… Es könnte auch ein besonders aufdringlicher Diener meiner Mutter gewesen sein.«
»Gnädigste, Sie kränken mich. Außerdem glaube ich dir kein Wort.«
»Wenn es tatsächlich möglich ist, Spyre zu verlassen, warum bist du dann geblieben?«
Diamandis blieb stehen und sah sich nach ihr um. Obwohl er kaum mehr war als ein Schatten im schwachen Licht, verrieten die Neigung der Schultern und die Stellung des Kopfes seine Enttäuschung. »Willst du mich provozieren?«
Venera holte ihn ein. »Nein«, sagte sie und stemmte die Fäuste in die Hüften. »Aber wenn dieses Schlupfloch so gefährlich ist, dass du es nicht nehmen wolltest, möchte ich das wissen.«
»Ach so. Ja, es ist gefährlich - aber so gefährlich nun auch wieder nicht. Es wäre schon machbar gewesen. Aber das haben wir doch schon hinter uns. Wo sollte ich hin? In eine der anderen Prinzipalitäten? Wer braucht denn dort einen alten Gigolo?«
»Überlass das doch den Damen.«
»Ha! Gut gekontert. Aber nein. Ich könnte auch nur eine Runde drehen und nach Klein-Spyre zurückkehren, aber früher oder später würde man mich fangen. Warst du schon einmal da oben? Die sind da noch paranoider und kontrollbesessener als hier. Die Stadt ist … unmöglich. Nein, das würde niemals gutgehen.«
Venera hatte, wie es ihre Art war, nicht zugehört, was Garth sagte, sondern sich stattdessen darauf konzentriert, wie er es sagte. »Ich hab’s!«, rief sie jetzt. »Ich weiß, warum du geblieben bist.«
Er wandte sich ihr zu, ein schwarzer Fleck vor den fernen Lichtern - und diesmal platzte Venera nicht einfach mit ihren Gedanken heraus. Sie konnte durchaus taktvoll sein, wenn ihr Leben davon abhing, unter weniger dramatischen Umständen hatte sie allerdings nie
eingesehen, warum sie sich die Mühe machen sollte. Normalerweise hätte sie einfach gesagt: Du bist immer noch in jemanden verliebt. Aber sie zögerte.
»Hier hinein«, sagte Diamandis und zeigte auf ein langgestrecktes niedriges Gebäude, dessen Dach von schiefen Bäumen überragt wurde. Er wartete, doch als sie nichts mehr sagte, drehte er sich langsam um und ging darauf zu.
»Eine kluge Frau würde ein solches Haus nicht ohne Begleitung betreten«, scherzte Venera und nahm seinen Arm. Diamandis lachte.
»Ich bin deine Begleitung.«
»Wegen Männern wie Ihnen, Mr. Diamandis, wurden Begleitungen erst erfunden.«
Er war so geschmeichelt, dass sogar sein Schritt etwas federnder wurde. Venera wäre lieber langsamer gegangen - aber nicht aus Angst vor ihm oder vor dem, was im Dunkeln auf sie wartete. Sie hätte in diesem Moment nicht sagen können, was sie zögern ließ.
Gras und junge Bäumchen hatten den Beton gesprengt. Sie huschten rasch über die Fläche, denn sie fürchteten beide, von oben beobachtet zu werden. Bald erreichten sie eine Frachtluke, die an einer Seite des Metallbaus schief in den Angeln hing. Draußen war es windstill, aber der Wind pfiff durch den Spalt.
»Ich wundere mich nur, dass sich in einem solchen Schuppen nicht längst eine kleine Armee von Hausbesetzern eingenistet hat«, sagte Venera, als die Dunkelheit Diamandis verschluckte. Sie folgte ihm nur ungern. »Die drangvolle Enge in diesen Ministaaten muss doch bedrückend sein. Warum wandern nicht mehr Leute einfach aus?«
»Oh, das tun sie ja.« Diamandis nahm sie an der
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