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Safa: Die Rettung der kleinen Wüstenblume

Safa: Die Rettung der kleinen Wüstenblume

Titel: Safa: Die Rettung der kleinen Wüstenblume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Waris Dirie
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und das ambitionierte Programm für die afrikanischen Gäste forderten langsam ihren Tribut. Sie spähte in alle Richtungen – und tatsächlich: In der Ferne glaubte sie Idriss in seiner leuchtend orangefarbenen Daunenjacke auszumachen. Sie kniff die Augen zusammen und lief mit schnellen Schritten auf ihn zu. Es war wirklich Safas Vater, der an einer Straßenecke stand und Passanten ansprach. Sie sahen ihn allesamt fragend an, schüttelten den Kopf und gingen weiter. Was tat er denn da?
    Genau das fragte sie ihn, als sie atemlos vor ihm stand.
    Der Somalier erschrak zutiefst, als er sie sah. »Ähhh …«, begann er zu stottern. Doch ihm wollte wohl so schnell keine gute Ausrede einfallen. »Ich habe nach dem Weg gefragt«, sagte er schließlich.
    »Nach welchem Weg? Das Hotel ist doch gleich da vorne, das weißt du doch«, erwiderte Sophie. Sie hatte genug von seinen Lügen und ging aufs Ganze. »Was suchst du die ganze Zeit in Paris? Sag es mir … Vielleicht kann ich dir ja weiterhelfen.«
    Betreten sah der Afrikaner zu Boden und bestätigte ihre Vermutung. »Ich will zur Botschaft von Dschibuti.«
    »Warum denn?«, fragte Sophie, als ahne sie nichts von seinem Plan.
    »Ich will mit meiner Familie in Europa leben. Hier ist alles so schön und sauber. Jeder hat Geld und kann sich alles leisten, was er möchte. Ich will auch so leben.«
    Sophie nahm den Somalier sanft am Arm und führte ihn in Richtung Hotel. »Idriss«, sagte sie eindringlich. »Ich verstehe deinen Wunsch. Aber einfach nur nach Europa zu kommen, wäre nicht die Lösung eurer Probleme. Ihr hättet hier genauso wenig zum Leben wie in Dschibuti. Hier ist alles viel, viel teurer als bei euch. Selbst wenn du in Frankreich als Taxifahrer arbeiten könntest, würde dein Gehalt nicht ausreichen, um deine gesamte Familie zu ernähren. Ihr müsstet auch hier in Armut leben.«
    Sie standen inzwischen vor dem Eingang des Hotels.
    »Aber ich brauche doch nur so eine Karte, wie du sie hast«, sagte Idriss verständnislos. Sophie sah ihn ratlos an. »Na, das Plastikding, mit dem du immer Geld aus dem Kasten in der Wand holst.«
    Sophie musste schmunzeln. In den letzten Tagen hatte sie mehrfach mit ihrer EC -Karte Geld von ihrem Konto abgehoben. Ganz offensichtlich war Idriss der Ansicht, dass der Automat unbegrenzt Scheine ausspuckte, wenn man nur eine solche Plastikkarte besaß.
    Sie gingen in die Lobby und nahmen auf einem Sofa Platz, um auf die Mädchen zu warten. Sophie holte ihre Geldbörse aus der Tasche, zog ihre EC -Karte heraus und zeigte sie Idriss, der sie staunend betrachtete, als wäre sie sein ganzes Glück. »Mit dieser Karte kann man überall auf der Welt Geld von seinem Konto abheben«, erklärte Sophie ihm. »Allerdings nicht unbegrenzt, sondern nur so viel, wie man auf dem Konto hat. Die Kästen in der Wand, die du gesehen hast, sind eigentlich ein Unheil.« Ungläubig sah Idriss die junge Frau an. »Und zwar deshalb, weil man dort rund um die Uhr und ganz einfach Geld abheben kann … und dadurch ganz schnell immer weniger hat. Wenn einem das Geld ausgegangen ist, spuckt der Automat auch nichts mehr aus.«
    Diese Erkenntnis enttäuschte Idriss zutiefst. »Das heißt, ich muss zuerst Geld einzahlen, damit ich es mir dann wieder holen kann?«, fragte er nach, und Sophie nickte zur Bestätigung. »Das ist ja blöd!«, stellte er schließlich fest.
    Sophie fügte seufzend hinzu: »Finde ich auch. Aber so ist es nun mal.«
    Ehe sie weiter über seinen Wunsch zu bleiben reden konnten, ging die Lifttür auf, und Safa stieg aus. Der Blick ihres Vaters lichtete sich schlagartig. Stolz musterte er seine kleine Tochter, die ihm ihr neues weißes Kleid präsentierte und sich wild im Kreis drehte, um den Rock zum Tanzen zu bringen. Inab hatte ihr auf dem Zimmer die passenden Spangen ins Haar gesteckt, und die Kleine sah entzückend aus. Das stellte nun sogar Idriss fest.
    Alle zusammen gingen sie mittagessen und danach erneut an die Seine, weil die Mädchen Idriss den tollen Fluss zeigen wollten. Am Pont des Arts bestaunten sie das Geländer, das in der Nachmittagssonne funkelte, als wäre es aus Gold. Wie magisch angezogen, liefen Inab und Safa auf die Brücke und winkten die anderen beiden begeistert herbei.
    »Das müsst ihr euch ansehen!«, riefen sie und deuteten auf die unzähligen Vorhängeschlösser.
    Über die gesamte Länge des Maschendrahtzauns zierten bunt bemalte kleine Schlösser die Brücke. Sophie ging in die Knie, um die

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