Safari
tun? Ist ein bisschen Appetit alles, was es braucht, um dir den Verstand zu rauben?« Er rannte auf den massigen Tuuqalianer zu. Der lag jetzt mit dem Bauch nach unten auf dem Boden und hatte den oberen Rumpf ein Stück weit in die Öffnung gezwängt, um mit den Tentakeln nach dem Essen zu angeln, das darin hochkam. Walker fing an, auf ihn einzuprügeln und einzuschlagen, doch seine Anstrengungen zeigten so viel Wirkung wie die Ausstattungsstücke des umliegenden Terrains, mit denen er den Außerirdischen zuvor traktiert hatte.
Der zielstrebige Tuuqalianer kam mit den Tentakeln voller Essen wieder hoch. Eine Lauftentakel peitschte den aufschreienden Menschen beiläufig zur Seite. Walker flog rücklings durch die Luft und schlug hart auf der mageren Pflanzendecke auf. Er wollte aufstehen, krümmte sich jedoch vor Schmerzen und musste schließlich sitzen bleiben und hilflos mit ansehen, wie der Alien unbekümmert einen überdimensionalen Essensstein nach dem anderen hinunterschlang und nur gelegentlich eine kurze Pause einlegte, um geräuschvoll gallonenweise Wasser zu schlürfen.
»Du gefühlloser Kretin!«, schrie er laut, und es war ihm egal, wer es sonst noch hörte. »Du dummes, ignorantes, magengesteuertes Stück außerirdischer Scheiße! Ist dir klar, was du gerade getan hast? Weißt du es überhaupt? Schaltet dein Hirn komplett ab, wenn du Hunger hast?« Als er so dasaß und sich die schmerzenden Rippen hielt, begann er endlich zu weinen: tiefe, ausgedehnte Schluchzer der Verzweiflung. Er fragte sich, ob die Vilenjji zusahen.
Vor Schmerzen wimmernd, mühte er sich auf die Beine. Ein vernunftbegabter Beobachter hätte erwartet, ihn aus dem Gehege des Tuuqalianers taumeln zu sehen. Doch offensichtlich ergab er sich in die Katastrophe, die über ihn und seine Freunde hereingebrochen war, und wankte stattdessen in eine entfernte Ecke des Geheges, als sei er von dem Wunsch getrieben, sich ausgedehntem Selbstmitleid hinzugeben. Dort setzte er sich hin, den Rücken an einen Felsbrocken gelehnt, und begann, den immer noch heißhungrigen Alien wütend anzustarren. Gleichgültig gegenüber der Anwesenheit des Menschen fuhr Braouk fort, sich einen Nahrungsstein nach dem anderen in den anscheinend unersättlichen Rachen zu schieben. Jedes Mal, wenn er einen mit seinen sägeartigen Zähnen zerbiss, rappelte sich Walker gerade lange genug auf, um ihm eine neue Beschimpfung, eine weitere Anklage entgegenzuschleudern. Doch die prallten wie die vorige Munition an dem Tuuqalianer ab.
Erst als nichts mehr übrig und der letzte Essenssteinkrümel verschlungen war, bewegte sich Braouk von der Stelle weg, wo er die Nahrung erhalten hatte. Er suchte sich eine bequeme Mulde, machte es sich darin gemütlich und fiel, ohne den überlebenden Besucher eines Wortes oder Blickes zu würdigen, augenblicklich in Schlaf. Übellaunig behielt Walker den Alien weiterhin genau im Auge, beschränkte sich aber darauf, nur noch gelegentlich eine Beleidigung zu murmeln.
Mehrere Minuten verstrichen, dann erschienen zwei Vilenjji im Korridor. Obwohl sie mit gedämpfter Stimme sprachen, war Walkers Implantat in der Lage, einiges von ihrer Unterhaltung aufzuschnappen. Sie diskutierten die Ereignisse, die sich gerade im tuuqalianischen Gehege abgespielt hatten. Ob sie allerdings zu einer Folgerung oder einem Entschluss gelangten, entging ihm. Ab und zu hob der eine oder der andere einen lappenbesetzten Arm und gestikulierte damit in Braouks oder Walkers Richtung. Sobald sie zu Walker hinsahen, blickte er sie finster an und schwieg. Die Erfahrung hatte ihn gelehrt, dass von ihnen ohnehin keine Antwort zu erwarten war.
Schließlich entfernten sie sich auf demselben Weg wie ihr Vorgänger. Innerhalb des Geheges änderte sich nichts. Niemand kam, um Walker zu zwingen, sich wieder in seine Berglandschaft zu begeben. Kein Aufgebot erzürnter Vilenjji tauchte auf, um Braouk die Strafe des Tripodaners zuteil werden zu lassen. Gegen den Felsen gekauert, die Knie dicht an die Brust gezogen, legte Walker das Kinn in die Hände und blickte in finsterem Schweigen den teilnahmslosen Tuuqalianer an. So blieb er den ganzen Tag bis in die Nacht, bis es ihm endlich gelang, Schlaf zu finden. Nicht, weil er wütend war. Nicht, weil er verzagt war. Nicht, weil unvorhergesehene Umstände ihn jeglicher Hoffnung beraubt und in ein schnatterndes Häufchen Elend verwandelt hatten. Nein, er hatte Mühe einzuschlafen, weil er aufgeregt war.
So weit war alles glatt
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