Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sagrada: Mystery-Thriller (German Edition)

Sagrada: Mystery-Thriller (German Edition)

Titel: Sagrada: Mystery-Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Enric Balasch
Vom Netzwerk:
eine bedeutende Wahrheit verbarg, nämlich die der Alchemie, und sie aufzuspüren hat er sich wohl mit allen Kräften bemüht.«
    »Die dafür erforderliche Intelligenz stand ihm ja zu Gebote.«
    »Ja, und auch die nötige Beharrlichkeit«, bekräftigte Grau. »Er hat mehrfach das Kloster von Poblet aufgesucht, das bekanntlich zur Zeit der Reconquista, also des Kampfes gegen die Mauren, eine Art Flaggschiff des katalanischen Katholizismus war. Seine Entstehung verdankt es König Ramón Berenguer IV. Er hatte dem Abt des Klosters Fontfroide im Languedoc eigens Ländereien dafür überlassen. Es war Gaudí bewusst, dass seine Familie von irgendwo im Grenzgebiet zwischen dem Languedoc und der Auvergne ins Land gekommen war.«
    »Und wann ist es ihm gelungen, das Geheimnis zu enträtseln?«
    »Das weiß ich nicht. Bedenken Sie, dass wir uns hier auf dem schwankenden Boden der Spekulation bewegen«, erinnerte er Munárriz. »Es gibt aber in seinem Leben einen kritischen Zeitpunkt, an dem er sein ganzes Verhalten, Handeln und Denken radikal änderte.«
    »Noch einen?«
    »Ja, und zwar um das Jahr 1883, als er die Leitung der Arbeiten an der Sagrada Familia übernahm. Von diesem Augenblick an hat sich in seinem Leben buchstäblich eine Kehrtwende vollzogen. Wussten Sie, dass er in jungen Jahren antiklerikal eingestellt war?«
    »Der Architekt Gottes, ein Mann, den man zur Seligsprechung vorgeschlagen hat, ein Gegner der Kirche?«, staunte Munárriz.
    »Das jedenfalls schreiben seine Biographen«, legte Grau dar, um zu verdeutlichen, dass er keineswegs eine persönliche Ansicht vertrat. »In jungen Jahren gehörte er einem Gesprächskreis an, der im Café Pelayo zusammentraf. Diese Leute zogen gegen die ›Pfaffen‹ vom Leder und spotteten über Prozessionen. Zu jener Zeit soll Gaudí ein aufgeblasener Dandy und Exzentriker gewesen sein.«
    »Das mag man gar nicht glauben …«, entfuhr es Munárriz.
    »Er kaufte seine Glacéhandschuhe in einer Art Nobelboutique in der Calle Avinyó und besaß eine ganze Sammlung nach Maß angefertigter Stroh- und Filzhüte sowie mehrere Zylinder und Melonen. All das gab er von einem Tag auf den anderen auf und führte nicht länger das Leben eines nur seinem Vergnügen hingegebenen Müßiggängers. Das ging so weit, dass er überhaupt nicht mehr auf sein Äußeres achtete und mitunter aussah wie ein Landstreicher. Er pries die Vorzüge der Lehre des Pfarrers Kneipp und seiner Wasserkuren, wurde Vegetarier und das, was man heute einen Frischluftfanatiker nennen würde, sodass er selbst im Winter bei offenem Fenster schlief …«
    »Damit hat er sich wohl sozusagen in eine Art Einsiedler verwandelt?«
    »Mehr oder weniger. Im letzten halben Jahr seines Lebens wohnte er sogar auf dem Gelände der Sagrada Familia, das er kaum mehr verließ. Diese Veränderungen in seinem Leben, die wie gesagt um das Jahr 1883 einsetzten, wurden ab 1894 nach langem Fasten in der vorösterlichen Zeit noch intensiver. Die Presse bekam Wind davon, und einige Zeitungen veröffentlichten Fotos, die ihn entkräftet auf dem Bett in seinem Hause in der Calle Diputació zeigten. Von dieser Selbstkasteiung ließ er erst ab, nachdem ihn der Bischof Torres y Bages aufgesucht und ihm ins Gewissen geredet hatte.«
    »Das ist ja eine geradezu mystische Verwandlung, etwa so wie das Leiden der heiligen Theresa von Ávila oder des heiligen Johannes vom Kreuz.«
    »Verblüffenderweise hat es eine solche Umkehr im Leben zahlreicher Alchemisten gegeben«, fügte Grau hinzu, um den Zusammenhang zu verdeutlichen. »Nehmen Sie Ramón Llull. Er hat auf dem Berg Randa gesehen, wie mit einem Mal Buchstaben ein Gebüsch übersäten, die sein bevorstehendes neues Wissen ankündigten. Tatsächlich ist er in dessen Besitz gelangt, nachdem er ans Grab des Apostels Jakobus in Santiago de Compostela gepilgert war.«
    »Das ließe sich wohl mit der Erscheinung vergleichen, die Moses auf dem Sinai hatte, als er den brennenden Dornbusch sah und Gott ihm befahl, das Volk Israel aus Ägypten zu führen.«
    »Richtig«, stimmte ihm Grau zu. »Solche Visionen treten fast immer im Zusammenhang mit einer Initiations-Reise auf.«
    Nach einigem Überlegen fuhr er fort: »Ähnlich erging es auch dem Meister-Alchemisten Nicolas Flamel, der von 1330 bis 1413 lebte. Er hatte eine Handschrift aus der Feder des Juden Abraham erworben und merkte bald, dass alle seine Bemühungen, sie zu enträtseln, vergeblich waren. Auch er begab sich auf Pilgerschaft nach

Weitere Kostenlose Bücher