Sagrada: Mystery-Thriller (German Edition)
Gesundheit dienten, beherbergte unter anderem als Nachfolge-Einrichtung der früheren Pathologie das gerichtsmedizinische Institut von Katalonien. Munárriz ging durch den Park, in dem sich die Blätter herbstlich zu verfärben begannen, zum Gebäude des gerichtsmedizinischen Instituts. Eine junge Frau an der Empfangstheke erkundigte sich: »Was kann ich für Sie tun?«
»Ich möchte mit dem Chef der Gerichtsmedizin sprechen, Doktor Luis Mascaró.«
»Wen darf ich melden?«
»Inspektor Sebastián Munárriz von der Kriminalpolizei.«
»Einen Augenblick bitte.« Sie nahm einen Telefonhörer ab, meldete ihn an und wies dann auf einen Gang, wobei sie erklärte: »Die dritte Tür rechts führt zum Arbeitszimmer von Doktor Mascaró.«
Der Weg dorthin war Munárriz keineswegs unbekannt. Er hatte Mascaró schon des öfteren aufgesucht, wenn er Informationen aus erster Hand benötigte. Er dankte der jungen Frau und machte sich auf den Weg. Aus Deckenlautsprechern rieselte leise Musik. Er trat in Doktor Mascarós Arbeitszimmer und begrüßte ihn mit Handschlag.
»Was führt Sie diesmal zu mir, Inspektor Munárriz?«
»Das Ergebnis einer Obduktion.«
»Das denke ich mir«, sagte der Mann lächelnd. »Niemand kommt zum Privatvergnügen her. Kennen Sie den Namen des Opfers?«
»Begoña Ayllón.«
»Das ist eine üble Geschichte!«, rief Mascaró aus, als er den Namen hörte. »Heute Morgen hat mich die katalonische Innenbehörde in aller Herrgottsfrühe angerufen und verlangt, dass ich sie persönlich obduzieren soll. Damit haben die mir den ganzen Sonntag versaut! Das Grillfest bei Freunden, zu dem ich eingeladen bin, kann ich mir jetzt natürlich abschminken. Wer ist die Frau eigentlich?«
»Tochter eines bedeutenden Schnapsfabrikanten aus El Puerto de Santa María in Andalusien.«
»Der muss den Leuten in der Innenbehörde ja schrecklich wichtig sein. Sind Sie etwa im Auftrag des Generalkommissariats hier?«
»Nein, mein Besuch ist rein privat«, gestand Munárriz. »Ich interessiere mich aus anderen Gründen für diesen Fall.«
»Zweifeln Sie etwa an unseren Fähigkeiten?«, erkundigte sich der Arzt.
»Aber nicht doch«, beruhigte ihn Munárriz. »Ich möchte lediglich wissen, zu welchem Ergebnis das gerichtsmedizinische Gutachten gekommen ist.«
»Durch ein schweres Gehirntrauma ausgelöster Unfalltod«, teilte ihm Mascaró mit. »Wollen Sie die Leiche sehen?«
»Nicht unbedingt. Ich würde aber gern den vollständigen Bericht lesen.«
»Hier ist er.« Mit diesen Worten schob ihm der Gerichtsmediziner einen Aktendeckel über den Tisch. »Ich bin gerade fertig geworden. Ich habe mich beeilt, so gut es ging, damit man die Leiche möglichst bald den Angehörigen übergeben kann.«
Munárriz schlug den Bericht auf. Die erste Seite enthielt die persönlichen und anthropometrischen Daten des Opfers. Als Nächstes wurde das Ausmaß der Verletzungen aufgeführt, deren Aussehen skizziert, dann folgten Einschätzungen über die Kraft des Aufpralls entsprechend der vermutlichen Fallhöhe und der Höhe der Tischplatte, die Lage des Körpers im Augenblick des Aufpralls sowie eine Tabelle mit verschiedenen Angaben. Gründliche Arbeit. Es gab nichts daran auszusetzen. Die Obduktion hatte keinerlei Hinweis auf Gewalteinwirkung ergeben. Die nach dem Tod aufgetretenen Mikrohämatome entsprachen der Lage der Toten am Boden und ließen den Schluss zu, dass sie nicht von der Stelle bewegt worden war. Anhand der Lebertemperatur hatte man als Todeszeitpunkt etwa sechzehn Uhr am Samstag festgestellt. Die DNA der Blutspuren am Tisch stimmte mit jener der Toten überein. Nichts lieferte den geringsten Anlass zu vermuten, an dem Unfall könne etwas ungewöhnlich sein. Das Obduktionsprotokoll ließ keinerlei Ansatz für einen Verdacht aufTod durch Gewalteinwirkung erkennen. Munárriz schloss die Akte.
»Die Frau ist auf der Leiter ausgerutscht und hat sich den Schädel am Tisch angeschlagen«, fasste der Arzt zusammen. Seine Stimme klang überzeugt. »Ich habe eine Silikonabformung der Kopfwunde angefertigt. Sie deckt sich haargenau mit dem Umriss der mit Blut bedeckten Stellen an der Tischkante. Arme und Beine weisen keinerlei Druckstellen auf. Auch gibt es unter ihren Fingernägeln keine Spuren von Fremdblut oder Epithel. Die pathologische Untersuchung schließt Erkrankungen aus, und im Blut haben sich keinerlei Nahrungsgifte oder sonstige Substanzen gefunden wie beispielsweise Barbiturate, Amphetamine oder Drogen. Auch keine
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