Sagrada: Mystery-Thriller (German Edition)
gelehrt.«
»Mithin…«
»… haben wir es mit sechs Werken zu tun, deren Lektüre schon deshalb alles andere als einfach ist, weil sie, wie Sie selbst gesehen haben, auf Lateinisch oder Französisch abgefasst sind. Hinzu kommt, dass sich manche der darin vorgetragenen Vorstellungen unmöglich übersetzen lassen.«
»Vielen Dank«, sagte Munárriz. »Sie haben mir sehr geholfen.«
»Sie hatten Glück«, gab der Bibliothekar mit einem Lächeln zurück. »Die Alchemie und ganz besonders Werke über diese Lehre haben mich schon immer ganz besonders interessiert.«
»Wie war es in Madrid?«, erkundigte sich Mabel, während sie einige Notizen für ihre Reportage über namenlose Tote in ihren Laptop tippte. »In letzter Zeit gondelst du mehr in der Weltgeschichte herum als Phileas Fogg.«
»Gut … Sogar sehr gut … Ich glaube, dass ich endlich was in der Hand habe.«
Er zeigte ihr den Umschlag, den er aus dem Schließfach der Nationalbibliothek wieder geholt hatte, und bat sie, sich dessen Inhalt genau anzusehen. Sie öffnete ihn und legte die Fotos und Zeichnungen, die er enthielt, vor sich auf den Tisch. Schon bald verzog sie das Gesicht und schüttelte verständnislos den Kopf. Welche Erkenntnis glaubte Munárriz aus ein paar Fotos und einfachen Zeichnungen gewinnen zu können, die durch Hunderte beigegebener Berechnungen kaum noch kenntlich waren?
»Was ist das?«, wollte sie wissen.
»Allem Anschein nach sind das Abbildungen und Kommentare im Zusammenhang mit Werken des Architekten Gaudí«, gab er zur Antwort.
»Woher willst du das wissen?«
»Ich erinnere mich, in der Sagrada Familia den Baum da gesehen zu haben.« Munárizz wies auf eins der Fotos, »Das muss ich aber noch nachprüfen.«
Mabel sah sich die Aufnahme an. Oben auf einem steinernen Baum, den man für eine Zypresse halten konnte, saßen ein T-förmiges Kreuz und eine weiße Taube. Weitere Tauben fanden sich auf seinen Ästen, während am Stamm zwei Leitern lehnten.
»Und warum hat sie das in der Nationalbibliothek aufbewahrt?«
»Ich vermute, dass sie den Verdacht hatte, beobachtet zu werden«, sagte er mit einem nachdenklichen Blick auf die Unterlagen. »Weil ihr das hier wichtig war, hat sie es wohl dort in Sicherheit gebracht.«
»Ausgerechnet in der Nationalbibliothek?«, fragte Mabel und schüttelte verwundert den Kopf. »Wer wirklich was in Sicherheit bringen will, mietet sich ein Schließfach in einer Bank.«
»Möglicherweise musste sie improvisieren«, überlegte Munárriz laut. »Nehmen wir an, sie hat gemerkt, dass ihr jemand gefolgt ist. Da war es besser, die Papiere dort in einem Schließfach zu deponieren, als mit ihnen das Gebäude zu verlassen.«
»Solche Schließfächer lassen sich aber doch kinderleicht öffnen«, gab Mabel zu bedenken. »In meinen Augen ist das kein sicherer Aufbewahrungsort.«
»Was die Schließfächer als solche angeht, hast du Recht«, gab er im Versuch zurück, ihre Bedenken zu entkräften. »Das gilt aber nicht für die Sicherheitsvorkehrungen um sie herum.«
»Was für welche sollen das sein?«
»Bestimmt war ihr klar, dass jemand das Schließfach aufbrechen konnte, doch zugleich wusste sie, dass die Nationalbibliothek gesichert ist wie der Tresorraum einer Bank. Es gibt dort Metalldetektoren, und an jeder Ecke hängen Überwachungskameras, die vierundzwanzig Stunden am Tag jeden filmen, der kommt oder geht. Ständig laufen überall Wachleute herum, und jeder, der einen der Lesesäle betreten will, wird kontrolliert. Glaub mir«, sagte er, und in seiner Stimme schwang Überzeugung, »da kann niemand rein und was mitnehmen, ohne entdeckt und von einer Kamera gefilmt zu werden.«
»Ich verstehe. Was wollte sie da überhaupt?«
»Die Antwort liegt auf der Hand«, sagte er spöttisch. »Bücher einsehen. Die Frage ist nur, welche Absicht sie damit verfolgte.«
» Touchée . Und welche Absicht hatte sie?«
»Das weiß ich nicht.«
Er zögerte einige Sekunden. »Bei den Büchern, die sie sich in den Lesesaal hat kommen lassen, handelt es sich um alchemistische Werke, alte Scharteken, die ein Uneingeweihter wohl nur mit größter Mühe verstehen würde, wenn überhaupt. Dank der Unterstützung eines Bibliothekars habe ich erfahren, dass sie in verschlüsselter Weise den Weg beschreiben, auf dem man in den Besitz des Steins der Weisen gelangen kann.«
»Glaubst du diesen Mumpitz etwa?«, fragte Mabel verärgert.
»Zuerst war ich natürlich skeptisch, aber ich muss gestehen, dass ich da
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