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Sakramentisch (German Edition)

Sakramentisch (German Edition)

Titel: Sakramentisch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannsdieter Loy
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lag in völligem
Dunkel. Es war totenstill. Hadi und Werner zückten die Taschenlampen. Ihr
Strahl geisterte über die in zartem Gelb, Blau oder Hellgrün gehaltenen
Innenwände. Und trafen auf eine Frau in langem roten Flatterkleid, die wie ein
Geist aus einem der Löcher in den Wänden geschwebt kam.
    Als die Gestalt sie sah, umklammerte sie mit beiden Händen den
eigenen Hals und stieß einen lang gezogenen Schrei aus.
    Hadi wurde sich bewusst, dass die Nylonstrümpfe ihre Gesichter aufs
Hässlichste verdrückten, verschandelten und entstellten.
    »Wo ist die Chefin?«, zischte Hadi ihr entgegen.
    »Ich bin die Chefin«, kam es leidvoll zurück. »Und euer SM ist unten im Keller.«
    Die Frau hatte nichts Feminines an sich. Ihr Gesicht war eine
Fratze. Sie hatte Angst.
    Sie musste Angst haben.
    Denn vom oberen Stockwerk ergoss sich eine Flut nackter und
halbnackter Menschen über die Treppe nach unten. Glas zerbrach, es war ein
Gedrängel und Geschubse, alles im Dunkel oder im Halbdunkel der Taschenlampen,
Männer fluchten, Frauen kreischten. Hie und da flackerten ein paar eilig
angezündete Kerzen.
    »Merkt ihr nichts, verdammt? Bei uns hat der Blitz eingeschlagen. Es
brennt!«
    Die Chefin breitete die Arme aus und wollte weglaufen. Sie schrie
wie am Spieß, doch da mehr oder weniger alle schrien, ging ihr Geplärre unter.
    Werner fiel ihr in die Arme. »Die Kasse!«, zischte er halblaut. »Wo
ist die Kasse?«
    Trotz Lärm, Hektik, Feuersbrunst und angesichts eines tödlichen
Verbrechens wurde die Chefin auf einmal zahm. Ein Leuchten ging über ihr
Gesicht.
    Hadi schwante nichts Gutes.
    »Kommt mit«, sagte sie mit Normalstimme. »Ich bring euch zur Kasse.«
    Treppauf ging sie voran, drehte sich in der Fortbewegung noch einmal
um. »Ich heiße übrigens Paradisi. Ihr könnt mich ruhig duzen.«
    Obwohl sie fast umgerannt wurde, behielt sie die Nerven.
    In der Kasse fand sich nur Kleingeld.
    »Des is vielleicht scheiße recherchiert«, sagte Werner auf
Samerberglerisch.
    »Kann man wohl sagen«, sagte Paradisi.
    Ein brennender Balken fiel neben ihnen auf ein ungemachtes
Himmelbett. Es fing sofort Feuer. Das Feuer griff auf das Holzschränkchen mit
dem eingebauten Bidet und die übrige Einrichtung über.
    In einiger Entfernung stand alles schon in hellen Flammen. Sie waren
die einzigen Lebenden auf der ersten Etage.
    »Wir schauen uns ein bisschen um«, sagte Hadi, einer plötzlichen
Eingebung folgend.
    »Na, dann servus«, sagte Paradisi und verschwand mit geschürzten
Röcken über die mit Stuck pompös verzierte Stiege nach unten.
    Hadi und Werner hielten sie nicht auf. Sie hatten sogar darauf
verzichtet, von ihren Geheimwaffen Granate und Gürtel Gebrauch zu machen. Es
gab keine Gegenwehr.
    Wieder musste Hadi an ihren dritten Mann im Bund denken. »Gut, dass
Artur nicht dabei ist«, rief er – unterbrochen vom Geprassel des Feuers und dem
Krachen herabstürzender Balken und Dachziegel – Werner zu.
    Sie schauten sich um.
    Draußen ging die Welt unter. Während sie sich durch glühende Zimmer,
brennende Suiten und aufgeheizte Boxen wühlten, fiel Werners Blick auf ein
Metallskelett, das scheinbar sinnlos an einer Wand neben einem angeschmolzenen
Glasfenster lehnte.
    »Kamera!«, fauchte Hadi, ohne Luft zu holen.
    Wo Kamera, da auch Fotos. Exakt drei Leitz-Ordner im DIN-A 4-Format holte Hadi aus einer feuersicheren
Metallbox. Er warf einen kurzen Blick hinein. Oberholzer, Lindner, Meixa,
Girglbach, der Vorsitzende der Architektenkammer und zwei vom Alpenverein.
Alles Leute, die prominent waren, die man auf Anhieb kannte. Das allein
genügte, um einem professionellen Erpresser das Wasser im Mund zusammenlaufen
zu lassen. Hadi ließ Werner den Blick auf die Fotos werfen. Nacktes Fleisch,
gekrümmte Rücken, verzerrte Gesichter. Beide sahen sich vielsagend an. Daneben
gab es Videos und Schmalfilme, sorgsam registriert auf rechteckigen
Klebezetteln, DIN A 5. Auch eine Handvoll CD s war dabei.
    Über ihnen knarrte, ächzte, stöhnte es. Das Dach ein einziges
Flammenmeer. Unter unsympathischem Krachen stürzte schließlich der
südsüdostwärtige Teil des Giebels zusammen und begrub das Darunterliegende
unter sich. Man konnte nur hoffen, dass es keine Toten gab.
    Umgeben von einer um sich greifenden Feuersbrunst suchten Hadi und
Werner nach Geld und anderem Verwertbarem. Da es kein Dach mehr gab, prasselte
der sturzbachartige Regen auf sie hernieder. Er prallte kniehoch vom löchrigen
Fußboden zurück, sie wurden

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