Sakramentisch (German Edition)
Einrichtung hier drin.«
Zu guter Letzt taten sie dann aber doch, was Artur sagte.
Widerspruchslos gingen sie an die Planung und waren dankbar für die
außergewöhnliche Idee, einen Edelpuff zu überfallen.
Der Salon Kitty war eine Villa im Stil der Rosenheimer Gründerzeit
mit Erkern, Türmchen, Krönchen und sonstigem neugotischen Schnickschnack. Er
stand etwas unterhalb der Schloßberger Brücke zum Fluss hin.
»Da gibt’s einen Nebenausgang zum Inn, durch den die etwas
gschamigeren Kunden ungesehen ins Freie gelangen können, ohne ihr Hosentürl
zumachen zu müssen, falls sie gleich wieder rein wollen.« Der Huawa Artur
kannte sich aus. »Es wäre auch ein Fluchtweg, grad wie er im Buch steht.«
Den Haupteingang sicherten Türsteher, die auf ein Klopf- oder
Klingelzeichen öffneten. »Einer muss an denen vorbeikommen und dann den
Hintereingang von innen öffnen. Des wär des Gscheiteste. Vielleicht wieder du,
Hadi, so wie in Maxlrain? Du führst ja die Regie.«
»Aber a gmahte Wiesn is des net!«, wandte Werner auf
Samerberglerisch ein und schlug die dicken Beine übereinander.
»Is halt eine besondere Anforderung«, entgegnete Hadi lässig.
»Wo liegt denn überhaupt das Geld in dem Haus? Wer sagt denn, dass
wir ungehindert dorthin kommen?«, fragte Werner.
Kein Wunder, dass ausgerechnet er die Frage stellte. Als
Rechtsanwalt war er spezialisiert aufs Suchen und Finden von Schlupflöchern.
Mit großem Interesse schaute Hadi auf Artur.
Der zuckte mit den Achseln. »Das werden wir sehen, wenn wir da
sind«, sagte er.
Er stieß die Faust in die Luft wie Che Guevara auf den Buntplakaten.
»Ich gebe nur ein Stichwort. Handgranate!«
Und so, mit Für und Wider, entwickelten sie einen Schlachtplan, wie
man die feste Burg Salon Kitty am geschicktesten einnehmen könnte. Eines war
sicher: Den Überraschungseffekt hatten sie auf ihrer Seite. Kein Mensch im
Salon Kitty, weder Lieferant noch Verbraucher, würde je damit rechnen,
überfallen zu werden.
Zubehör wie immer. Handgranaten. Sprengstoffgürtel. Und eine kleine
Variante.
»Welche Maskierung sollen wir diesmal wählen?«, fragte Werner zum
Schluss der Sitzung.
Sie einigten sich auf normale alte Nylonstrümpfe, möglichst nahtlos.
»Das hat folgenden Vorteil«, erläuterte Hadi. »Die Polizei hat
anhand unserer Vorgehensweise und Hilfsmittel bestimmt schon kombiniert, dass
die beiden Überfälle zusammengehören, obwohl in der Presse davon nichts steht.
Sie haben selbstverständlich auch herausgefunden, dass wir raffinierte Kerlchen
sind, die immer bestrebt sind, falsche Fährten zu legen.«
Als er auf Arturs verständnislose Miene stieß, fügte er hinzu:
»Glassplitter, die Sache mit den Fasern, der Ölcheck. Okay?«
Über Artur Gesicht ging ein Leuchten.
»Gut«, sagte Hadi. »Nylonstrümpfe gibt es ja praktisch nicht mehr.
Es gibt nur mehr Nylonstrumpfhosen. Und eine Maskierung mit Nylons bei
Einbrüchen oder Überfällen ist out. Seit Jahren hat es keine Überfälle mehr in
dieser Tracht gegeben. Folglich würde ich als Polizist daraus schließen, dass
die Täter, wenn sie dennoch Nylons benutzen, aus der Zeit stammen müssen, als
Nylonstrümpfe für diesen Zweck noch herhalten mussten. Da sie uns aber für
trickreich halten, werden sie annehmen, dass wir sie wieder aufs Glatteis
führen wollen, und stufen uns gegenteilig von dem ein, wie es den Anschein hat,
nämlich als jung. Nun werden sie allerdings annehmen, dass wir klug genug sind,
ihren Gedankengang nachzuvollziehen. Und, Artur, was bleibt übrig? Bei welcher
Variante enden wir dann?«
Artur hing völlig verdreht in seinem Stuhl. Seine Augen traten aus
den Höhlen und waren zur Decke gerichtet.
»Keine Ahnung, Chef«, hauchte er. »Ich komm da nicht mehr mit. In
Mathe war ich nie Klassenbester. Aber es wird schon richtig sein, wenn du es
sagst. Hauptsache, die Polizei denkt so wie du.«
Werner als der für Maskierung Zuständige sollte die Nylons
beschaffen.
»Ich will mal sehen, dass ich an Strumpfrohlinge komme«, gebar er
sofort eine Idee, die gut ankam. »Die sind sicherer gegen Laufmaschen. Ich hab da
noch so gewisse Beziehungen. Es muss ja diesmal kein Secondhandshop sein.«
Welche seine Beziehungen waren, gab er nicht preis. Es interessierte
auch nicht, denn es war abgesprochen, dass jeder sein Aufgabengebiet
selbstständig nach bestem Wissen und Gewissen auszufüllen hatte.
»Wir müssen frühzeitig los, um den Kampf mit dem Rosenheimer
Stoßverkehr aufzunehmen«,
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