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Salomes siebter Schleier (German Edition)

Salomes siebter Schleier (German Edition)

Titel: Salomes siebter Schleier (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Robbins
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immer sich die Gelegenheit dazu ergab. Die Tamburin-Attacke verschaffte ihr den ersten Vorwand. Patsys Anruf den zweiten.
    Da sie in ihrem Apartment im Ansonia immer noch kein Telefon hatte, riefen Ellen Cherrys Eltern ungefähr einmal pro Woche im Isaac & Ishmael’s an. Aus Rücksicht auf die Gäste (was anfangs Wunschdenken gewesen war, wenn nicht ein Witz) kam ihr Anruf meistens am frühen Abend, zu Schichtbeginn.
    «Lieber Himmel,
du
bist ja heute aufgekratzt!»
    «Ehrlich?» Ellen Cherry war enttäuscht, dass man ihr das vermeintlich heimliche Glück so leicht anmerkte.
    «Jessas, ja, ehrlich, Kleines. Also sag schon: Is der gute Boomer wieder zurück?»
    «Aber nein, Mami, ist er nicht. Wie kommst du denn auf die Idee?»
    «Es war gar nich meine Idee. Hab nur mal auf den Busch geklopft, das is alles. Wollte bloß wissen, warum du dich so munter anhörst. Deine alte präfeministische Mutter hatte nämlich den dummen Verdacht, dass es mit so einem Macker zu tun haben könnte.» Patsy zögerte. «Ehrlich gesagt, irgendwie hatte ich gehofft, dass Boomer zurück war. Aus verschiedenen Gründen.»
    «Warum denn?», fragte Ellen Cherry, hauptsächlich höflichkeitshalber. Zum ersten Mal seit vielen Monaten war es nicht mehr ihr höchster Daseinszweck, den blöden Schweißer an sich zu schmieden.
    «Weil», sagte Patsy langsam, «weil nämlich dein Onkel Buddy, wie du ihn immer genannt hast, nach Jerusalem reisen wird. Sein Flieger geht am Montag. Liebes, ich glaub, er is dabei, diese Sache durchzuziehen, von der er Weihnachten erzählt hat. Weißt du noch, die Geschichte mit dem, äh, Felsendom?»
    «Ja, Mami, ich weiß genau, was du meinst. Mr. Hadee meint, das würde einen Weltkrieg auslösen.»
    «Das weiß ich nich, aber Bud hat deinem Daddy gesagt, dass er den Schlag gegen die Moschee während ’ner großen religiösen Feier führen will, die anscheinend nächsten Monat stattfinden soll. Er sagt, dann wimmelt’s auf dem Tempelberg von Menschen, und sein Coup haut umso mächtiger rein.»
    «Mit anderen Worten, es gibt mehr Verwundete oder Tote. Bei der Vorstellung dreht sich mir der Magen um.»
    «Ich wollte dir nich deine gute Laune verderben, Kleines. Ich weiß ja, dass du dich schon mit Bud darüber gestritten hast. Jedenfalls dachte ich, vielleicht könntest du Boomer irgendwo erwischen und äh, na ja, mal vernünftig mit ihm reden, denn ich wette Dollars gegen Doughnuts, Bud bildet sich ein, dass er Boomer auf seine Seite kriegen und ihn da mit reinziehen kann.»
    «Ich wüsste nicht, wie er Boomer da mit reinziehen sollte. Boomer kann ein Arschloch sein, aber gewalttätig ist er nicht. Und der harte Bursche, als den er sich so gern sieht, schon gar nicht.»
    «Na ja, aber trotzdem …»
    «Ich werd drüber nachdenken, Mami. Ernsthaft. Wie geht’s dir? Und Daddy? Abgesehen von euren Kontakten zu baptistischen Terroristen.»
    «Oh, ganz gut. Verlin hat’s wieder mit dem Rücken. Er behauptet, er hätt sich neulich Nacht beim Krötenstechen was verrenkt, aber ich glaub, es liegt daran, dass er die ganze Zeit vor der verdammten Glotze hockt und bis in die Puppen die Spiele verfolgt. Er sitzt total verkrampft in sei’m Sessel, wie ’n Jagdhund, der seinen Knochen bewacht. Ich wollt ihn ja überreden, dass er mit mir Gymnastik macht, aber das is unter seiner Würde. Wenn er wüsste, dass meine Übungen von Jane Fonda stammen, würd er im Dreieck springen. Er meint, Frauen, die Gymnastik machen, sind genauso wie Frauen, die Make-up benutzen – sie täten es bloß, um Männer zu verführen. Ha! Und ich hab davon geträumt, Profitänzerin zu werden.» Patsy seufzte. «Aber es war halt bloß ein Traum.» Wieder seufzte sie.
    «Mami, bitte nicht. Jetzt werd bloß nicht sentimental.»
    «Ich hab das Tanzen aufgegeben, weil mich ein Mann so geliebt hat, dass er nich wollte, dass ich tanze. Meine Tochter gibt das Malen auf, weil ein Mann – ach, du hast recht, ich sollte lieber die Klappe halten. Ich weiß ja nich mal, warum du aufgehört hast zu malen –»
    «Ich auch nicht.»
    «– aber ich wünsch mir, dass du wieder anfängst.»
    «Vielleicht mach ich das. Ja, ehrlich, vielleicht fang ich wieder an. Und du könntest wieder anfangen zu tanzen. Du bist knapp über vierzig und gut in Form. Klar, es heißt immer, Tanzen ist was für junge Mädchen, aber was soll’s, das sind Regeln von anderen, nicht deine. Eine Sache, die ich bei meinem Augenspiel gelernt habe, und ich glaube, auch Boomer hat mir das

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