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Salomes siebter Schleier (German Edition)

Salomes siebter Schleier (German Edition)

Titel: Salomes siebter Schleier (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Robbins
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du allen Ernstes, wenn Jesus Christus wieder zur Erde runtersteigt und in Jerusalem regiert, wer’n Biskuits und Schinkenbraten auf der Speisekarte stehn?»
    Reverend Buddy Winkler starrte sie einfach nur an und schüttelte den Kopf, so wie ein gütiger, aber zur Verzweiflung getriebener Mathematiklehrer einen Schüler betrachtet, der lieber Papierkügelchen durchs Klassenzimmer schießt, als sich mit der ungekürzten Division zu beschäftigen. Der Kellner erschien, und beide bestellten
shish tawook
mit Gurken.
    «Wahrscheinlich findest du’s im Isaac & Ishmael’s besser», sagte Buddy, als das Essen auf dem Tisch stand.
    «Ehrlich gesagt, nein», sagte Patsy. «Da schmeckt’s immer ein bisschen nach Kerosin.»
    «Wie soll einem in so ’ner Umgebung auch was schmecken? Wo dieses Flittchen tanzt?»
    «Du hast von Salome gehört?»
    «Die ganze verdammte Stadt spricht von dem kleinen Luder. Kannst du dir so was vorstellen? Nennt sich nach der zweitgrößten Hure in der Heiligen Schrift! Ein Schlag in des Täufers Gesicht! Wenn ich nich so verdammich sicher wär, dass die Welt demnächst zum Teufel geht, würd mir all diese Schlechtigkeit um uns rum noch den Appetit verderben.»
    «Das Ende der Welt steht unmittelbar bevor, was, Bud?»
    «Oh, Patsy, du kannst dir nich vorstellen, wie glatt alles geht.» Mit einem hölzernen Kebabspieß klopfte er auf den Tisch (keine Bambusuntersetzer in
diesem
Spezialitätenrestaurant).
Klopf klopf klopf.
«Alle Prophezeiungen.»
Klopf klopf klopf
. «Wer’n wahr.»
Klopf klopf klopf
. «Eine nach der andern.»
Klopf klopf klopf
. «Wie am Schnürchen.» Er legte den Spieß weg. «Klar, die Russen müssen mal wieder querschießen, hätt man sich ja denken können. Trotz dem neuen Regime da. Faseln von Frieden und Abrüstung und versuchen, alles zu bremsen. Klar, die Russen wolln das flammende Ende nich, sind ja Atheisten, die wer’n als Erste verbrennen. Die Russen stelln absichtlich Hindernisse auf. Sie stecken ihre Nase in Gottes Zeitplan und bringen alles durcheinander. Und deshalb muss ich da tun … was mir aufgetragen is. Die Dinge wieder einrenken. Drüben in Jerusalem essen sie solche Gurken hier zum Frühstück. Zum
Frühstück
! Hat man je so was …»
    «Du meinst den Felsendom.»
    «Pssst. Mehr kann ich nich sagen. Deine verrückte Tochter is zum Stachel in mei’m Fleisch geworden. Man kann ihr nich trauen. Beklagen wir die Schandtaten, zu denen Jezabels Schminktopf sie verleitet hat. Beten wir –»
    «Wechseln wir lieber das verdammte Thema, bevor mir der Kragen platzt. Ich hab keine Lust, hier zu sitzen und mir anzuhörn, wie du auf Ellen Cherry rumhackst.»
    «Oh, Patsy.»
    Schweigend beendeten sie die Mahlzeit. Als sie auf die Rechnung warteten, sagte Buddy: «Ich wollt dir noch sagen, wie dankbar ich bin, dass Verlin meine Mission in sei’m Testament bedacht hat.»
    «Deine Mission ist eine sprudelnde Geldquelle, was, Bud?»
    «Armageddons sind nun mal nich billig.»
    «Sag mir eins: Was is, wenn deine grausamen Pläne erfolgreich sind und du dieses arabische Ding in die Luft jagst, wenn die Probleme da drüben noch schlimmer werden, als sie jetzt schon sind – und sich der Messias trotzdem nich blickenlässt?»
    Nach einer kurzen Pause, während der er den Kebabspieß dazu benutzte, einen Mikrochip von grünem Pfeffer aus seinen Goldzähnen zu pulen, erwiderte Buddy: «Dann muss ich wohl selber einspringen und den Messias spielen.»
    So entsetzt und ungläubig starrte Patsy ihn an, dass er instinktiv mit der Hand über die Vulkanlandschaft seines Gesichts fuhr und ein wenig unsicher sagte: «Mach dir keine Sorgen, die Prophezeiungen flunkern nicht, und wenn doch, dann is das Leben sowieso kein’ Pfifferling wert, und war’s auch nie.» Er griff nach einem Teller
baba ghanoug
und hielt ihn ihr so dicht vor die Nase, dass sie gar keine andere Wahl hatte, als die toten Zivilisationen zu betrachten, die in dem widerlichen Brei untergegangen waren.
    I & I

Als Patsy Ellen Cherry an diesem Abend erzählte, dass Onkel Buds Ehrgeiz möglicherweise größer war, als sie sich je hatte träumen lassen («Ich hab immer gedacht, er wollte bloß ins Fernsehen»), und als der Reverend selbst gerade dabei war, die neue schusssichere Weste in seiner Reisetasche zu verstauen, klopfte es plötzlich heftig an seiner Tür. Draußen standen zwei Männer. Den einen erkannte Bud als den Typen wieder, der ihn damals bei dem Brand in der St. Patrick’s Cathedral in ein

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