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Salomes siebter Schleier (German Edition)

Salomes siebter Schleier (German Edition)

Titel: Salomes siebter Schleier (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Robbins
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dubioses Gespräch verwickelt hatte. Höflich lächelnd zeigten sie ihm Plastikausweise, die sie als Beamte der Central Intelligence Agency auswiesen. Zuerst baten sie um seinen Führerschein, dann um seinen Pass und das Flugticket nach Jerusalem. Den Führerschein gaben sie ihm zurück, den Pass konfiszierten sie, und das Ticket zerrissen sie in tausend Fetzen.
    «Wir wären Ihnen sehr verbunden, wenn Sie mit uns kämen, bitte, Reverend Winkler», sagte der, den er schon kannte.
    «Also, hör’n Sie, ich hab in dieser Stadt ’nen Haufen ausgezeichneter jüdischer Anwälte an der Hand, und wenn die mit euch beiden fertig sind, werd’ ihr euch wünschen, zu Hause zu sitzen und mit euren Alten ‹Mit Schirm, Charme und Melone›-Wiederholungen zu sehen.» Er griff nach dem Telefon, doch eine eiserne Faust schloss sich um sein Handgelenk.
    «Sie werden diese Angelegenheit nicht mit Ihren Anwälten besprechen wollen, glauben Sie mir, ganz bestimmt nicht. In ein paar Stunden werden Sie verstehen, warum. Und jetzt holen Sie Ihren Mantel. Auf uns wartet ein Flugzeug.»
     
    Erst als er das flutlichtbeleuchtete Washington Monument sah, wurde Buddy klar, in welche Richtung sie geflogen waren. (Ihr Lear-Jet trug das Logo eines Zeitungskonzerns mit Sitz irgendwo im Westen, soweit der Reverend wusste, und war von einem Militärflughafen in New Jersey aus gestartet.) Wenige Minuten später überflogen sie den Potomac und setzten zur Landung an.
    Eine langgezogene Limousine, so schimmernd schwarz, dass Buddy sie im ersten Augenblick für einen Schatten hielt, wartete auf der Landebahn. «Wenigstens entführn Sie mich mit Stil», grunzte Buddy, der während des Fluges ungewöhnlich schweigsam gewesen war. Im Wagen saß bereits ein Passagier, ein Bursche im Trainingsanzug, oder besser gesagt, ein Gentleman in einem taubenblauen Gucci-Laufdress. In der Hand hielt er eine Dose Miller Lite. Als Bud sich an das trübe Licht gewöhnt hatte, erkannte er das Gesicht des jungenhaft gutaussehenden Vizepräsidenten der Vereinigten Staaten.
    «Lust auf ein Bierchen, Reverend Winkler?»
    «Also … normalerwiese rühr ich ja Alkohol nich an, aber, okay, vielen Dank auch, Sir.»
    Einer der Agenten, der neben ihnen auf dem sanft schaukelnden, geräumigen Rücksitz Platz genommen hatte, holte eine Dose Miller Lite aus dem eingebauten Kühlschrank und zog die Lasche auf. Buddy nahm einen langen, vorsichtigen Schluck.
    «Schmeckt großartig», sagte er.
    «Weniger Kalorien», sagte der Vizepräsident.
    Buddy dachte nicht daran zu widersprechen.
     
    Eine Stunde lang fuhren sie durch die eisige Nacht, durch einen verschlafenen Vorort nach dem anderen und jeder so dezent im Temperament wie der britisch klingende Name, den er trug (Pickwick Farms, The Greensward, Dippingdale Creek); vorbei an ausgestorbenen Drive-in-Kinos mit blinden Leinwänden, vorbei an großflächigen Einkaufszentren, deren architektonisches Design an Städte aus der Kolonialzeit erinnern sollte und die jetzt dunkel und verlassen dalagen, während ihre Kassen abkühlten wie Läufer nach einem Marathon. Sie fuhren gerade so schnell wie erlaubt, nicht mehr, nicht weniger, und hielten nur einmal an, auf dem Parkplatz eines ebenfalls im Kolonialstil erbauten McDonald’s, wo der Vizepräsident kurz ausstieg und in die Büsche pinkelte.
    Während sie so dahinfuhren, redete der Vizepräsident. Seine Stimme klang oberflächlich munter, hatte jedoch eine gewisse Schärfe, die sich bei entsprechender Stimulierung der Drüsen zu einer Art Pfadfinder-Hysterie steigern konnte. Zuerst dankte er dem Priester für seine unermüdlichen Anstrengungen im Dienste des Allmächtigen und des Himmelreiches. Dann erklärte er, dass er nicht nur Buddys Plan zur Sprengung des Felsendoms unterstütze (den er im Übrigen bis in die kleinste Einzelheit zu kennen schien), sondern ihm auch Dankbarkeit und Bewunderung schulde. Es sei ein Job, den er für unumgänglich halte. Nur sei es leider noch zu früh.
    «Sie müssen verstehen», sagte der Vize, «und das vertraue ich Ihnen unter dem Siegel der Verschwiegenheit an: Der Präsident dieser Republik ist ein Heuchler.»
    «Nun, Mr. Vizepräsident …», warnte einer seiner Agenten.
    «Ein ausgezeichneter und kompetenter Führer in vieler Hinsicht», fuhr der junge Staatsmann fort, «aber hinsichtlich gewisser Angelegenheiten, die von größter Bedeutung sind für, äh, wahre Christen überall auf der Welt, liegt er, so traurig das sein mag, nicht ganz auf

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