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Salomes siebter Schleier (German Edition)

Salomes siebter Schleier (German Edition)

Titel: Salomes siebter Schleier (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Robbins
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Super-Bowl-Party verwandelt hatten, kam sie überhaupt nicht.
    «Sie hat das kleine Fieber», erklärte der Bandleader.
    «Das Mädchen sieht immer aus, als hätte sie leichtes Fieber», sagte Abu zu Spike. «Deshalb ist sie ja so faszinierend.»
    Die Sängerin Bonnie Raitt, eine der Prominenten unter den Zuschauern, sprang ein und unterhielt das Publikum mit improvisiertem Blues zu nahöstlichen Rhythmen. Sie war bei Vorstädtern, Szenegängern und Touristen gleichermaßen ein voller Erfolg, aber die Stammgäste gingen nach Hause und schimpften über Salome.
    «Und wenn sie morgen auch nicht aufkreuzt? Wenn sie vor lauter Schiss kneift? Stellt euch vor, sie hat ’ne Erkältung?»
    Sie sahen zu Shaftoe hinüber, aber der schwieg.
    I & I

Am Sonntagmorgen kam die Sonne heraus wie eine technische Anlage, die mit beträchtlicher Anstrengung an einem Gerüst aus dünnen, vereisten Wolken emporgezogen wird. Sie wirkte riesig und flach und mächtig und blass, wie der Wall eines frisch errichteten Damms. Hinter diesem Damm schäumte und brandete ein Amazonas aus Schnee, bereit, jeden Moment über die Ufer zu treten.
    Patsy war Ellen Cherrys Wecker. Sie wachte jeden Morgen um sieben auf, erhob sich und machte als Erstes ihre Jane-Fonda-Übungen. Dann duschte sie, legte Make-up auf (nie ohne den Gedanken, dass Verlin sich im Grabe umdrehen würde), machte Frühstück und weckte ihre Tochter. Als Ellen Cherry an diesem Morgen aus dem Badezimmer kam und sich an den Frühstückstisch setzte, wo der zimtfarbene Toast bereits auf sie wartete, saß Patsy da und blätterte in den Gelben Seiten, auf der Suche nach einer zu Fuß erreichbaren Baptistenkirche. Sie musste zugeben, dass es mehr Gewohnheit als sonst was war.
    «Vergiss es, Mami. Wenn du nächste Woche immer noch in die Messe willst, fein, dann werden wir schon was für dich finden. Aber heute ist der große Tag im I & I. Ich meine, der ganz große Tag. Die Leute werden völlig durchdrehen. Ich gehe heute schon früher los, gleich nach dem Frühstück. Und du solltest mitkommen, denn wir können deine Hilfe gebrauchen, und vielleicht wird es ja auch interessant, man kann nie wissen.»
    So verrückt sich Ellen Cherry die Zustände im Isaac & Ishmael’s auch ausgemalt hatte, sie waren noch verrückter. Als sie mit Patsy im Schlepptau um fünf nach zehn ankam, hatte sich bereits eine Schlange gebildet, die sich den ganzen Block entlang und noch um die Ecke zur East Forty-ninth herum zog. Diejenigen, die sich für die Fernsehübertragung angestellt hatten, unterschieden sich deutlich von denen, die den berühmten Tanz sehen wollten: Erstere waren laut, jetzt schon angetrunken und kamen bewusst in ihren lässigsten Klamotten, die anderen dagegen wirkten sowohl in ihrem Verhalten als auch in ihrer Kleidung kultivierter, obgleich auch sie eine festliche Stimmung ausstrahlten. Eine dritte, zahlenmäßig kleinere Gruppe machte einen ängstlichen, zaudernden, nervös bedrückten Eindruck. Das waren diejenigen, die sich noch entscheiden mussten.
    Von Wachmännern eskortiert, eilten Ellen Cherry und Patsy durch eine kleine Nebenstraße in den Hinterhof. Er war in ein Straßencafé verwandelt und mit einer riesigen Markise in den Farben der New Yorker Mannschaft überdacht worden. Die mächtigen Heizgeräte summten und glühten und verschluckten die Schneeflocken, die sich in ihre Nähe verirrten, wie eine Kerzenflamme die sprichwörtlichen Motten. Der Fernseher, fast ebenso groß wie das Wandgemälde, lief bereits, als müsste er sich aufwärmen. Mutter und Tochter blieben stehen und warfen einen Blick darauf. Im Moment wurde ein Vorprogramm übertragen, das die Stimmung anheizen sollte, eine Art Vorgeschmack auf die Show, die während der Halbzeit laufen würde, wie der Sprecher erklärte. Dieses Jahr richtete sie sich vor allem an die wachsende spanischsprachige Gemeinde in Amerika. Ellen Cherry traute ihren Augen nicht. «Also, ich fress einen Besen!», sagte sie ungläubig. «Der Junge sieht aus wie der gute alte Raoul. Raoul, der Türsteher.»
    Spike drehte die Lautstärke auf, und man hörte, wie das gut aussehende Bürschchen mit dem silbernen Overall und dem roten puerto-ricanischen Stirnband, dieser Sexprotz, der umgeben war von Dutzenden Tänzern und Rock-’n’-Roll-Musikern und bis auf den fehlenden Filzhut eine Menge Ähnlichkeit mit Raoul Ritz hatte, sang:
    Mein Herz ist ein Dritte-Welt-Land
    Und deine Liebe ein Tourist aus der Schweiz.
    Trau nie einem Land, das

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