Salomes siebter Schleier (German Edition)
Forty-ninth und United Nations Plaza ab. Er warf ihr eine große Schweißerkusshand zu und brauste davon. Nach außen hin machte sie ein finsteres Gesicht, doch ihr Inneres verwandelte sich in
leban zabadi
.
Da dies eine Art Probelunch war, der erste in der Renaissance des I & I, waren Abu und Spike ebenfalls gekommen. In Zukunft würden sie nur noch abends anwesend sein. Den größten Teil des Tages verbrachten sie mit Tennisspielen.
Sie hatten sich in einem Tenniscamp für Senioren in Florida kennengelernt. Das Schicksal führte sie als Doppel-Partner zusammen. Als bestes Team im ganzen Camp hatten sie den Preis des Doppel-Turniers schon beinahe in der Tasche, als Spike erklärte, er stünde für das Endspiel nicht zur Verfügung. Zu Spikes Überraschung antwortete Abu, er sei ebenfalls verhindert.
Am nächsten Morgen, um dieselbe Stunde, für die ihr abgeblasenes Match vorgesehen gewesen war, sollte in Miami Beach eine kleinere Friedensdemonstration stattfinden. Spike und Abu liefen sich vor dem Fontainebleau-Hotel über den Weg, wo ein jingoistischer Präsidentschaftskandidat schwadronierte, man müsse den Einfluss der Sowjetunion im Nahen Osten bremsen. Spike starrte auf Abus Transparent. Abu starrte auf Spikes. Dann lachten sie. Seitdem waren sie Partner, auf dem Court und anderswo.
Ellen Cherry war als Maître d’ eingestellt worden, war aber praktisch Mädchen für alles. Zu ihren Aufgaben gehörte es, die Tischreservierung zu beaufsichtigen, Mittagspausen und freie Plätze aufeinander abzustimmen, Arbeitspläne aufzustellen, für Ersatz zu sorgen, wenn Angestellte ausfielen oder krankfeierten, Lieferungen anzunehmen, darauf zu achten, dass die Tische korrekt gedeckt, die Eiskübel gefüllt waren und dass es in der Bar an nichts fehlte – kurz, den Laden zu schmeißen. Man verlangte keine Buchführung von ihr, erwartete jedoch, dass sie die Angestellten auf Ränder unter den Fingernägeln, Körpergeruch und auffallende Knutschflecken aufmerksam machte und obendrein ein wachsames Auge auf Kakerlakenreste im
baba ghanoug
hatte.
Wie die meisten Restaurantbesitzer in Manhattan hatten Spike und Abu die Beamten des Gesundheitsamtes bestochen. Trotzdem galt jedes etwaige hagere Beinchen, das sich um eine Kichererbse schlang wie das wohlgeformte Bein einer Strandnixe um einen Wasserball, als schlecht fürs Geschäft.
«Welches Geschäft?», könnte man zu Recht fragen, denn der Speisesaal war bei diesem ersten Lunch zu kaum einem Viertel gefüllt, und diese Gäste – nichtsahnende Touristen, die den Sitz der Vereinten Nationen besichtigt hatten – wurden Hals über Kopf evakuiert, als wenige Minuten nach Mittag eine telefonische Bombendrohung einging.
Während sie auf dem Bürgersteig standen und warteten, dass die Sprengstoffexperten ihre Suche beendeten, erkundigte Spike sich bei Ellen Cherry, ob der Anrufer zufällig erwähnt habe, welcher Organisation er angehörte.
«Mit keinem Wort», sagte sie. «Er hatte einen ausländischen Akzent, aber ich wüsste nicht, ob es ein arabischer oder ein jiddischer war.»
«In vielen Teilen des Nahen Ostens sie klingen gleich», sagte Spike. «Fragen die Leute, was ist eure Speisekarte, palästinensisch oder israelisch? Aber was spielt für eine Rolle?, frage ich zurück. Einmal hat sich die PLO offiziell beschwert bei den Vereinten Nationen, dass die Israelis haben stibitzt ihre Nationalgericht Falafel. Ha! Die Israelis nur haben gelacht und weitergekaut. Sie wissen, was meint die Wissenschaft: Du bist, was du isst.»
«Wollen Sie damit etwa sagen, dass Araber und Juden einander so ähnlich sind? Mr. Hadee denkt ganz anders darüber.»
«Ähnlich oder nicht, das ist nicht das Problem. Das Problem ist, sie
glauben
, dass sie sind so verschieden. Alle denken, dass sie sind mehr wert. Die Religionen hämmern ihnen ein, dass sie sind den anderen überlegen. Ich liebe mein Volk. Wenigstens in modernen Zeiten wir sind ein kluges, tüchtiges Volk, was sich auszeichnet vor allen anderen, und auch ein mitfühlendes Volk. Ein freundliches und humorvolles Volk. Aber zu behaupten, dass wir sind ‹von Gott auserwählt›, ojojoj, das heißt, das Schicksal herausfordern, sich einhandeln Probleme. Und Probleme wir haben schon genug. Jerusalem ist die Hauptstadt mit die meisten Probleme der Welt. Seit Tausenden von Jahren Jerusalem ist Hauptstadt von Streit und Blutvergießen.»
«Warum haben Sie und Mr. Hadee es dann so ins Herz geschlossen?»
Es folgte
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