SALVA (Sturmflut) (German Edition)
Waffe. Vor mir stand ein Mann
in einer Soldatenuniform. Für einen Moment war ich mir sicher, dass das jetzt
mein Ende war, doch dann sah ich ein Lächeln auf dem Gesicht des Mannes und
bemerkte, wen ich vor mir hatte. Es war Aljoscha in einer Uniform. Der Anblick
hatte mich derartig aus der Fassung gebracht, dass ich nicht sofort seine
zerzausten, blonden Haare bemerkt hatte oder das vertraute Gesicht. Er nahm die
Waffe runter und sah mich für eine Weile nur an. Er saß ganz entspannt auf
einem Holzfass und lächelte, als wenn nie etwas gewesen wäre. Ich machte noch
ein paar Schritte in den Raum und Gry schloss die Tür hinter uns. Immer noch
starrte ich Aljoscha nur an, ohne ein Lächeln, ohne die geringste Emotion auf
dem Gesicht. Ich wusste einfach nicht was ich tun sollte, wie ich mich
verhalten sollte.
„Hi Milla. Hi Millas Freundin, die ich
noch nicht kenne.“
„Ich bin Gry Nelsson.“ Ihre Stimme
klang verunsichert. Mein Verhalten kam ihr vermutlich sehr merkwürdig vor und
die ganze Situation war es auch.
„Ich bin Aljoscha.“ Er stand auf und
kam zu uns. „Ich wusste, du bemerkst meine Hinweise. Ich hatte allerdings
gedacht, dass du mich schneller findest. Aber wie ich sehe, hast du noch eine
Reisegefährtin aufgesammelt, also sei das mal entschuldigt.“ Seine warme,
ruhige Stimme ließ sofort die Anspannung aus mir weichen. Ich sah zu ihm auf
und hatte keine Ahnung, was mein Gesichtsausdruck war. Seine rechte Augenbraue
wanderte langsam nach oben. Scheinbar versuchte er meinen Ausdruck zu deuten
und war darüber besorgt, dass es ihm nicht gelang. Sein Lächeln verschwand und
dafür tauchten kleine Falten, zwischen seinen Augenbrauen auf. Ich konnte ein
Schluchzen nicht mehr unterdrücken und im selben Moment wandelte sich Aljoschas
Gesicht von Besorgnis zu dem, was ich für Erstaunen hielt. Ich ließ die Waffe
aus meiner Hand gleiten und drückte meine Stirn gegen seine Brust. Meine Finger
gruben sich in seine Uniform und ich kämpfte mit aller Kraft gegen das
Verlangen zu weinen an. Ich konnte fühlen, wie er einen Arm um mich legte und
mich an sich drückte. Ich verstand nicht, was gerade mit mir passierte, aber
die Sicherheit, die seine bloße Anwesenheit mir gab, brach diesen dumpfen
Zustand auf, in dem ich mich die letzten 24 Stunden befunden hatte. Als würde
eine Art Taubheit meinen Körper verlassen und ich konnte wieder zu mir kommen.
„Keine Angst Milla. Wir kommen hier
raus. Ich hab dir versprochen, dass alles gut wird und alles wird auch gut.“ Er
flüsterte die Worte direkt in mein Ohr und obwohl es mir schwer fiel sie zu
glauben, nickte ich langsam. Es spielte keine Rolle für mich, ob seine Worte
die Wahrheit oder auch nur ansatzweise ernst gemeint waren. Es war Aljoscha.
Hätte er irgendetwas gesagt, was auch nur ein wenig realistischer gewesen wäre,
es hätte sich nicht richtig angehört. Mir war klar, er würde mich so lange im
Arm halten, wie es nötig war und ich wollte nicht noch schwächer und erbärmlicher
wirken, als ich es bereits tat. Außerdem mochte ich meine Emotionen, so
gemäßigt sie auch waren, nicht vor Fremden präsentieren. Ich löste mich von ihm
und sah zu Gry. Sie wirkte immer noch irritiert. Ich bereute meinen kleinen
Zusammenbruch sofort und wollte etwas sagen, um diese merkwürdige Stimmung zu
lösen.
„Aljoscha ist ein guter Freund. Wenn
jemand uns hier raus helfen kann, dann er.“ Sie warf mir ein Lächeln zu.
Scheinbar half diese kurze Erklärung schon, um in ihr etwas Zuversicht zu
wecken. Aljoscha strich sich etwas nervös ein paar Haarsträhnen aus dem Gesicht
und legte den Kopf leicht zur Seite.
„Danke für dein Vertrauen, doch um ganz
ehrlich zu sein, habe ich noch keinen ausgereiften Plan, wie wir von hier
entkommen können.“ Aljoscha sagte es, als wenn das nicht wirklich ein Problem
darstellte, doch Gry sackte in sich zusammen. Man konnte förmlich sehen, wie
die Hoffnung wieder aus ihr wich. Ich wusste nicht genau wieso, aber ich konnte
ihren Anblick nicht ertragen. Es ging ihr schlecht und dennoch, versuchte sie
stark zu sein. Sie konnte sich noch nicht einmal mitteilen, denn wir waren
Fremde für sie. Es tat mir Leid, denn ich verstand sie gut. Genau in diesem
Moment fühlte ich mit ihr. Ich wollte ihr etwas Hoffnung zurückgeben. Ich wusste
zwar nicht ob es klug war darüber zu reden, aber ich musste von dem Plan
erzählen. Ich
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