Salvatore, R.A. - Todfeind2
bringt Euch zu einem warmen See namens Mithranidoon. Wenn Ihr die Wege westlich davon hinauf in die Berge nehmt, kommt ihr zum Cold Vin, dem Gletscher, den die heißen Fluten zurückhalten. Darauf werdet Ihr Badden und seine Hohepriester finden. Ich bringe Euch dorthin – was Ihr tut, wenn Ihr dort seid, das ist Eure Entscheidung.«
Er endete mit einem Kopfnicken, das keinen Widerspruch duldete, nahm seine Pfeile von Bruder Jond und Bransen und zwinkerte Vaughna noch einmal zu, ehe er in Richtung Osten davon marschierte.
Die Fünfergruppe zuckte die Achseln und folgte ihm. Was blieb ihr anders übrig?
Nachdem sie an diesem Abend ihr Lager aufgeschlagen hatten, saßen Vaughna und Jameston zusammen und schwatzten und lachten wie alte Freunde.
»Sie waren mal ein Liebespaar«, bemerkte Olconna Crait gegenüber. Die beiden saßen auf der anderen Seite des Lagers und reinigten und schärften ihre Waffen.
Crait lachte herzlich. »Bestimmt mehr als einmal, wie ich Crazy V kenne!«
Olconna sah ihn seltsam an, und sein Gesicht legte sich in Falten. »Du etwa auch?«
Crait lachte wieder. »Ich kenne Crazy V!«, sagte er.
Olconna betrachtete die stämmige Frau und schüttelte den Kopf.
»Ist das ein Problem für dich?«, fragte Crait offen. »Denkst wohl schlecht von mir, nicht wahr?«
»Eine Schönheit ist sie nicht«, sagte Olconna.
»Bah!«, entgegnete Crait ohne zu zögern, und auch er wandte den Kopf, um die Frau zu betrachten. »Sie ist die schönste Frau, die ich je gesehen habe.«
Olconna schüttelte ungläubig den Kopf.
»Und wenn sie dir einen Ritt anbietet, wärest du klug, ihn anzunehmen!«, fügte Crait mit einem Augenzwinkern hinzu.
»Wie alle anderen auch?«, fragte der jüngere Man sarkastisch.
»Oh, komm mir nicht so«, erwiderte Crait. »Du verbringst die Tage damit, Leute zu töten, und schaust auf die herab, die ab und zu einen kleinen Ritt machen?«
»Aber …«
»Da gibt s kein ›Aber‹«, schnitt ihm Crait das Wort ab. »Sieh sie dir an, mein Junge, und sieh gut hin. Crazy V. Sie lebt jeden Augenblick mit Feuer und füllt ihre Seele mit Erinnerungen und Erfahrungen, von denen die meisten Leute nicht mal träumen. Sie kämpft, spuckt, flucht und fickt viel besser als jeder Mann und jede Frau, die all das jemals versucht haben. Wenn sie ins Grab fährt, gibts für sie nichts zu bereuen. Wer von uns kann das schon von sich behaupten?«
Olconna setzte zu einer Erwiderung an – mehrmals. Aber er hatte Schwierigkeiten mit den Worten, und die ganze Zeit starrte er Vaughna an.
Crait schwieg und beobachtete den jungen Krieger, der so etwas wie sein Schutzbefohlener geworden war, und dachte, dass er Olconna soeben eine der wertvollsten Lektionen überhaupt erteilt hatte.
TEIL DREI
GROSSE DINGE
Ich weigere mich.
Ich weiß nicht, woher es kommt, welcher tief verwurzelte Instinkt oder unbewusste Bereich meines Ichs diese Gleichgültigkeit auslöste, aber trotz all der Glaubwürdigkeit und echten Verzweiflung von Lady Gwydres Bitte weigere ich mich, ihrem Ruf zu den Waffen zu folgen. Sie hat in allem, was sie sagte, recht. Ich bezweifle nicht, dass, wäre ich in Honce geblieben, die Kirche oder die Fürsten mich eingefangen und mir ein vorzeitiges und schmerzhaftes Ende bereitet hätten. Ich zweifle auch nicht an Dawsons Worten, dass die Brüder der Kapelle Abelle die Wahrheit über den Wegelagerer wussten und bereit waren, mich gefangen zu nehmen oder gar zu töten. Ich weiß, wie die abellikanische Rechtsprechung aussieht.
Ich bezweifle nicht, dass die Lady von Vanguard in einer hoffnungslosen Lage ist oder dass ihr Volk unter dem Druck eindringender Horden furchtbar leidet, die – da es sich um samhaistanische Fanatiker handelt – bar jeglicher moralischer Bedenken ihre Ziele verfolgen.
Und trotzdem weigere ich mich.
Ich habe die Folgen der Troll-Attacken gesehen, eine Stadt, niedergebrannt bis auf die Grundmauern, die Einwohner bis auf die letzte Seele abgeschlachtet. Ich bin empört und voller Abscheu und bis in die letzte Faser zornig. Ich fühle Lady Gwydres Entrüstung und ihre Hoffnungslosigkeit und weiß, dass, empfände sie anders, sie als Mensch gering zu schätzen wäre. Ich sehe sie vor Empörung zittern, nicht wegen der Bedrohung ihres Lebens und ihres Titels, sondern weil sie echtes Mitgefühl für diese Leute empfindet, die wie zu ihrer Führerin zu ihr aufschauen – das allein, weiß ich, erhebt sie weit über jeden anderen Fürsten von Honce.
Und trotzdem
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