Salz der Hoffnung
regelmäßig aufstockte. Er hatte angeboten, beim Transfer des Gesamtvermögens nach England behilflich zu sein.
»Alles zu seiner Zeit«, hatte Charles ausweichend geantwortet. Er wollte nicht zugeben, daß er diesbezüglich schon Schritte unternommen hatte, bislang jedoch ohne Erfolg.
»Wir glauben, daß Mrs. Howths Vermögen recht beträchtlich ist«, bemerkte Owen-Taylor mit gesenktem Blick und hüstelte diskret, darauf wartend, daß Charles ihn über die Einzelheiten aufklärte. Charles beschränkte sich wieder auf ein wissendes Nicken. Endlich durfte er sich diesen Bankmenschen ebenbürtig fühlen und hatte es nicht länger nötig, sich von ihrer Gnade abhängig zu machen.
»Das muß gefeiert werden«, sagte er sich und begab sich zu seinem Club. Noch ein paar Wochen und er würde nach Broadlands zur Jagd fahren. Er hoffte, dort Sir James Brady anzutreffen, denn jetzt konnte er die beiden irischen Jagdpferde kaufen, die Brady ihm beim letzten Mal angeboten hatte, ohne über den Preis feilschen zu müssen.
Die Feier zog sich die ganze Nacht hin, und Charles’ Freunde begleiteten ihn nach Hause, sangen im Morgengrauen vor der Tür, stolperten dann hinein und fielen im Salon auf die Sofas. Den folgenden Tag verbrachte Charles im Bett, denn Schlaf schien ihm das einzige Heilmittel gegen die Folgen übermäßigen Alkoholgenusses zu sein. Und selbst am nächsten Mittag fühlte er sich noch ein wenig schwach und war voller Reue, als er zum Essen erschien.
Regal sprach während der ganzen Mahlzeit kein Wort, bis das eisige Schweigen ihn schließlich zu ärgern begann. »Wenn Sie mich für einen harmlosen Abend mit meinen Freunden auf diese Weise bestrafen wollen, Madam, mache ich Sie darauf aufmerksam, daß ich das nicht schätze.«
»Du kannst mit deinen Freunden ausgehen, wann immer du möchtest«, erwiderte sie. »Und wenn du dich bis zur Besinnungslosigkeit betrinken willst, ist das allein deine Sache.«
»Gut. Dann lächle wieder. Ich fühle mich immer noch nicht wieder ganz wohl, und von deiner finsteren Miene wird mir ganz gewiß nicht besser. Was wollen wir heute unternehmen?«
»Wir reden über mein Geld«, fauchte sie. »Ich habe heute festgestellt, daß ich kein Guthaben mehr auf der Bank habe.«
Er war entsetzt. Für einen Moment dachte er, die Bank habe das Geld für die Schulden der Northern Star Line eingezogen. »Wie meinst du das? Natürlich ist Geld auf dem Konto.«
»Du hast ein Guthaben von ein paar tausend. Ich habe nichts.«
Er seufzte. Typisch Frau. »Nein, nein, das verstehst du falsch, Liebes. Wir haben Geld. Wenn du Bargeld brauchst, mußt du mich einfach nur darum bitten. Und wenn wir dein Kapital nach England holen und bei der Bank of England gut anlegen, wird es dein Schaden nicht sein. Glaube mir, meine Liebe, ich werde nicht knauserig mit dir sein.«
Bedächtig verschränkte sie die Finger ineinander und legte die gefalteten Hände vor sich auf den Tisch. Dann lehnte sie sich leicht vor, stützte ihr ganzes Gewicht auf die Hände, als wolle sie sie auf diese Weise daran hindern, sich zu heben, und er sah ihre Schultern beben. Noch nie hatte er sie so zornig gesehen. Doch ihre Stimme blieb ganz ruhig. »Die Bank of England hat mein gesamtes Guthaben an dich überwiesen, ohne mir ein Wort zu sagen, ohne meine Unterschrift einzuholen. Ist das richtig?«
Er schüttelte den Kopf. »Nein, nein. Statt zwei haben wir jetzt nur noch ein Konto, das ist alles. Auf lange Sicht ist dies billiger.«
»Verstehe. Und wenn ich Geld abheben möchte?«
»Dann fragst du mich, meine Liebe. Ich sagte dir doch, du brauchst mich nur zu bitten.«
»Du hast mein Geld genommen, ohne mir auch nur einen Ton davon zu sagen«, warf sie ihm vor.
Er schlug mit der Faust auf den Tisch. »Schluß mit diesem Unsinn von deinem Geld. Das Geld und die Vermögenswerte einer Frau gehen bei ihrer Eheschließung in das Eigentum ihres Mannes über. Und versuch nicht, mir weiszumachen, das habest du nicht gewußt, Regal. Ausgerechnet du, die du doch angeblich so viel von geschäftlichen Dingen verstehst!«
»Mir war durchaus bekannt, daß so etwas in grauer Vorzeit üblich war, aber im modernen Zeitalter ändern sich die Dinge eben. Ich dachte, wir
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