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Salzträume 2: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Salzträume 2: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Titel: Salzträume 2: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ju Honisch
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Atemzug nach Stunden steinigen Todes, wehte als weißer Nebelhauch dahin. Es war ein schöner Tag für die Jahreszeit, wahrscheinlich würde er so strahlend golden werden wie der vorige.
    Leutnant von Görenczy erwog, über das Wetter zu reden. Über das Wetter konnte man immer reden, es war kein kontroverses Thema. Und es würde das Eis brechen, oder vielmehr den Stein, den er immer noch in sich als Teil seines Seins verspürte.
    Das Mädchen zitterte. Fels war kalt, und Fels waren sie gewesen. Weh getan hatte es nicht, doch es war zutiefst beängstigend. Er hatte einige Minuten gebraucht, um festzustellen, warum man sie nicht umbrachte, warum sie keiner sah, warum sie sich nicht rühren konnten. Warum er nicht einmal aufhören konnte, die Frau zu küssen.
    Erleichterung hatte er nicht verspürt, denn man konnte nur erleichtert sein, wenn man wußte, daß man gerettet wurde. Dessen war er sich jedoch durchaus nicht sicher gewesen. Seine Gedanken hatten sich verlangsamt, waren in seinen versteinerten Schädel und Geist eingeschlossen gewesen. Doch hatte er weiter denken können, wenngleich auch nicht schnell, sondern eher nach und nach, behäbig.
    Etwas hatte sie vor Gefangenschaft und Tod gerettet, etwas oder jemand. Er hatte nie zu Stein werden wollen, jedenfalls nicht, ohne zu wissen, für wie lange. Es gab in den Alpen Legenden über versteinerte Menschen. Der Sage nach wurden ganze Dörfer für ihre Sünden zu Stein, Almen zu Geröllfeldern, alles durch eine göttliche Hand, die mit der Tat strafte und warnte.
    Geschichten darüber, wie Geröllfelder wieder zu Dörfern wurden, gab es nicht.
    Seine Bedenken waren somit verständlich. Er hatte noch ein paar Dinge vor in seinem Leben. Er war noch keine dreißig Jahre alt, zu jung um zu sterben. Er war zwar Soldat, doch in einem tatsächlichen Krieg war er noch nicht gewesen. Er war Liebhaber, doch nie Ehemann gewesen, hatte keine Nachkommen gezeugt, keine Familie geliebt außer seinen Eltern und Schwestern. Er hatte immer gefunden, daß noch genügend Zeit dafür sein würde.
    Dann war er Stein, mit der schönsten aller Statuen im Arm, einer liebenden Venus, steinhart und hilflos wie er selbst. Eine Kalksteinskulptur.
    Seine Hände glitten über ihren Körper, erfreuten sich an ihrem Leben und ihrer Körperwärme, an der Weichheit ihrer sanften Kurven und ihres Fleisches. Seine Hand legte er über ihr Herz, sehnte sich danach, es schlagen zu spüren, doch alles, was seine Finger erfühlten, war die feste Rundung ihrer Brüste.
    Sie zuckte nicht vor ihm zurück; vielleicht verstand sie sein Verlangen danach, Leben zu spüren. Ihre Hand fuhr zu seinem Gesicht, streichelte seine Wange, ein Finger verfolgte die Linien seines Mundes, seines Wangenknochens und schließlich seiner dunklen Brauen.
    Er zog sie ganz fest an sich, küßte sie nicht, tat nichts weiter, als ihren warmen, lebendigen Leib zu halten.
    „Wir sind am Leben“, sagte er nach einer Weile.
    „Wir sind am Leben“, wiederholte sie, und ihre Stimme zitterte ein wenig. „Mir ist so kalt.“
    Mit seinen Händen rieb er ihr über den Rücken.
    „Wir müssen uns bewegen. Dann wird uns warm.“
    Doch sie standen nur da, hielten sich, versuchten, die warme Lebendigkeit des anderen zu spüren. Er erwartete, daß die Nähe und die Verfügbarkeit ihres süßen Körpers seine männlichen Begierden wecken würden, aber Lust spielte kaum eine Rolle gegenüber der Freude und der Erleichterung.
    Mit einem Mal traten sie voneinander zurück, ganz so, als hätte ihnen jemand dazu einen Befehl erteilt. Nur ihre Hände hielten sich noch fest. Die Magie, die sie eben noch eingehüllt hatte, war verschwunden.
    „Was machen wir jetzt?“ fragte sie.
    Er wußte es nicht. Doch er mußte es wissen, schließlich hatte er hier das Kommando. Er war der Offizier. Also mußte er auch wissen, wie es weiterging. Nur hatte ihn nichts in seinem Leben auf genau so eine Situation vorbereitet. In seinem Regelbuch für Offiziere gab es keine Passage darüber, welche Verhaltensweisen angebracht waren, nachdem man zu Stein geworden war.
    Er sandte seine Blicke über das Plateau, als ob die frische, reine Natur ihm die Fragen beantworten könnte. Letztlich war klar, was sie zu tun hatte. Ihre Aufgabe hatte sich nicht geändert.
    „Wir werden den Berg hinuntergehen und uns auf den Weg nach Ischl machen.“
    Sie entzog ihm ihre Hände und wandte sich der Steilwand zu, zu deren Teil sie für eine sternenklare Nacht geworden waren. Sanft

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