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Samuel Carver 02 - Survivor

Samuel Carver 02 - Survivor

Titel: Samuel Carver 02 - Survivor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Cain
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Kaschmirpullover mit V-Ausschnitt, darunter ein weißes T-Shirt, am Handgelenk eine teure Tag Heuer. Er versuchte nicht, sich in die Unterhaltung hineinzudrängen, aber wenn er etwas sagte, verströmte er entspannte gute Laune. Sein Ton war klassenlos neutral, mit einer ganz leichten Färbung, die an seine Herkunft aus dem Londoner Arbeitermilieu erinnerte. Ab und zu fiel er der Komik wegen ein bisschen mehr ins Cockney. Aber wenn er sich über etwas lustig machte, was einer der anderen gesagt hatte, dann immer mit einem freundlichen Lächeln, damit sie wussten, dass er scherzte und sie nicht vor den Kopf stoßen wollte. Das wurde stets verstanden. Es war ein meisterlicher Auftritt.
    Carver hatte die vergangenen Tage damit verbracht, Wynters Leben in allen Aspekten zu studieren. Grantham hatte ihm noch in Norwegen den Lebenslauf besorgt.
    »Unser Kenny wurde am 15. Mai 1961 in Kensal Rise im Norden Londons geboren. Sein Vater, Reginald Wynter, genannt der Spinner, war ein Verbrecher. Er raubte Banken und Geldtransporter aus, und es war ihm egal, wer dabei zu Schaden kam. Kurz nach Kennys Geburt kam er für zwanzig Jahre hinter Gitter und starb nach fünfzehn Jahren noch während der Haft. Kenny wurde von seiner Mutter aufgezogen. Er war ein aufgeweckter Bursche, absolvierte mit elf Jahren die Weiterbildungsprüfung, ging aufs Gymnasium und sogar nach Oxford. 1982 machte er einen erstklassigen Abschluss, hatte sich einen hübschen neuen Mittelklasseakzent und die Vorliebe für gute Weine zugelegt. Damit führte er das Familiengeschäft weiter. Unser Kenny wurde ein Dieb wie sein alter Herr, aber, weil er Grips hatte, fing er die Sache anders an.«
    Oh ja, unter seiner weichen Kaschmirhülle war Wynter ein kalter, berechnender Hund. Ganz gleich, wie freundlich er erscheinen mochte, insgeheim beobachtete er alles mit emotionaler Distanz. Er schmückte sich mit Frauen und benutzte sie für seine sexuellen Bedürfnisse. Tiefere Gefühle vermied er. Das Letzte, was er brauchte, waren komplizierte Beziehungen, die sein Arbeitsleben beeinträchtigten. Und wenn er einen Auftrag erhielt, führte er ihn ohne Gewissensbisse aus, ohne Rücksicht auf die Konsequenzen und unberührt von moralischen Erwägungen.
    Carver wusste genau, wie das war.

53
    FBI-Agent Tom Mulvagh konnte Kady Jones sehr gut leiden. Er fand sie für eine Wissenschaftlerin ziemlich attraktiv, was zu seiner Sympathie beitrug. Aber hauptsächlich schätzte er an ihr die Art, wie sie ihre Arbeit machte. Sie hatte keine Allüren. Sie lachte über einen Witz, anstatt eingeschnappt zu sein. Im Grunde war sie klasse.
    Aus diesem Grund hatte er gern ein paar Stunden darauf verwendet, ihrer abgedrehten Theorie über den General und den Physiker nachzugehen. Zuerst schien alles ganz normal zu sein. Vermulen hatte aus seiner anfänglichen Reiseroute keinen Hehl gemacht. Er und seine Sekretärin hatten planmäßige Flüge erster Klasse nach Amsterdam, Wien, Venedig und Rom gebucht. Sie waren in den besten Hotels abgestiegen, aber immer in getrennten Zimmern. Vermulens Kreditkartenkonten wiesen die Buchungen auf, die man bei einem Mann erwarten würde, der versucht, eine Frau in sein Bett zu bekommen: Zahlungen in Restaurants, schicken Geschäften und für Opernkarten. Mancher würde sagen, es sei übertrieben, sich so intensiv zu bemühen, aber ein Verbrechen war das nicht.
    Als Nächstes überprüfte Mulvagh Vermulens Telefonverbindungen und zog eine Niete. Der General besaß zwei Mobiltelefone, die auf seinen Namen eingetragen waren, aber die hatte er seit Wochen nicht benutzt. In den Hotels waren die Telefonrechnungen minimal. Das war zum Teil verständlich: Wer wollte diese hohen Gebühren bezahlen, wenn er es vermeiden konnte? Aber wenn Vermulen nicht beschlossen hatte, mit keinem Menschen zu telefonieren, musste er irgendeinen Apparat benutzen.
    Mulvagh suchte alle Firmen zusammen, die ihn als Leiter angaben, suchte alle Telefonnummern heraus, die auf die Firmen angemeldet waren, und überprüfte die Verbindungen während des Zeitraums von Vermulens Europareise. Es gab keinerlei Telefonate. Das weckte Mulvaghs Interesse. Er befasste sich noch einmal mit den Kreditkartenkonten. Darin war kein Kauf eines Handys verzeichnet, auch gab es keine Hinweise auf Telefongebühren. Das hieß, Vermulen hatte sich ein Prepaid-Handy gekauft und entweder bar bezahlt oder mit einer Karte, von der niemand etwas wissen sollte. Angeblich machte er eine ausgedehnte Urlaubsreise, doch

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