Samurai 1: Der Weg des Kämpfers (German Edition)
vieles geändert. Akiko, die sich öffentlich zu ihm bekannt hatte, war seine engste Verbündete geworden. Yori war sein ständiger Gefährte, aber so zurückhaltend, dass Jack ihn immer noch nicht richtig kannte. Kiku begegnete ihm freundlich, obwohl er argwöhnte, dass sie es mehr um Akikos willen als aus wirklicher Freundschaft tat. Saburo wollte sich nicht festlegen. Er war mit allen befreundet und redete mit jedem, der ihm zuhörte.
Yamato dagegen hatte sich vollständig von Jack zurückgezogen. Er saß jetzt am selben Tisch wie Kazuki, Emi und Nobu. Zwar sprach er noch mit Akiko und den anderen, Jack dagegen ignorierte er. Jack war es nur recht.
Kazuki seinerseits hatte Wort gehalten und Jack in Ruhe gelassen. Er warf ihm immer noch drohende Blicke zu oder zog ihn wie seine Kumpane mit »Gaijin Jack« auf, aber er rührte ihn nicht an. Die einzige Ausnahme war die Übungsstunde im waffenlosen Kampf.
Sie war Niemandsland.
Wenn sie die Grundlagentechniken lernten oder einen Übungskampf machten, drückte Sensei Kyuzo bei Kazuki oft ein Auge zu.
Einmal hatten Jack und Kazuki ude-uke geübt, eine Abwehrtechnik mit dem Unterarm, und dabei immer stärker zugeschlagen, bis sie sich gegenseitig auf die Unterarme hämmerten. Die blauen Flecken blieben eine ganze Woche lang. Jack hatte sich über Kazuki beschwert, aber Sensei Kyuzo hatte ihn abgeschmettert. »Das tut dir gut. Wenn du kneifst, sobald es ein wenig wehtut, bist du ein Gaijin und kein Samurai.«
Akikos Stimme riss Jack aus seinen Gedanken.
»Kommst du, Jack?«
Sie stand in einem himmelblauen, mit Schmetterlingen bestickten Kimono vor seiner Tür. Jack sah sie erstaunt an. Sie sah aus wie der Schmetterling aus seiner Vision! Kiku trat in einem hellgrünen Frühlingskimono neben Akiko. Sie hielt eine kleine Tasche in der Hand.
»Wohin denn?«, fragte Jack.
»Zum hanami «, trällerte Akiko und schon war sie mit Kiku im Schlepptau verschwunden.
»Was ist das denn?«, rief Jack ihr durch den Gang nach.
Saburo streckte seinen Kopf um die Ecke. »Das Betrachten der Blüten«, sagte er. »Ein Fest.« Hinter ihm wartete stumm Yori.
»Betrachten der Blüten«, wiederholte Jack mit gekünstelter Begeisterung. »Klingt ja aufregend.« Doch er stellte seine Gießkanne ab und folgte den anderen nach draußen. Wenigstens bedeutete es eine Abwechslung vom ständigen Unterricht.
»Das ist wirklich herrlich«, sagte Jack mit einem langen, zufriedenen Seufzer. Er saß faul am grasigen Ufer des Kamogawa im Schatten der Kirschbäume, die vom Gewicht ihrer Blüten buchstäblich zu Boden gedrückt wurden.
Neben ihm saßen Akiko, Kiku, Yori und Saburo genauso entspannt und zufrieden. Es war das erste Mal, dass die Schüler das Schulgelände verlassen durften, und sie genossen die Freiheit in vollen Zügen.
»Wie gefällt dir unser Hanami-Fest?«, fragte Akiko.
»Wenn es nur aus essen, trinken und unter einem Kirschbaum liegen besteht, dann ist es das beste Fest, bei dem ich je war!«, sagte Jack.
»Hanami ist noch viel mehr, Jack!«, belehrte Akiko ihn lächelnd.
»Du klingst schon langsam wie Sensei Yamada mit seinen Rätseln!«, erwiderte Jack fröhlich und alle lachten.
»Aber im Ernst, das Hanami-Fest ist für uns sehr wichtig«, erklärte Akiko. »Die Kirschblüte bedeutet, dass man jetzt Reis anpflanzen kann. Außerdem versuchen wir anhand der Blüte den Erfolg der Ernte vorauszusagen. Der Üppigkeit der Blüte nach zu schließen bekommen wir ein gutes Jahr.«
»Die Kirschblüte steht auch für den Beginn eines neuen Lebensabschnitts«, fügte Kiku hinzu. »Deshalb opfern wir den Göttern, die in den Bäumen wohnen. Siehst du die drei Samurai da drüben?«
Jack nickte und sah zu den Männern hinüber, die am Stamm eines Kirschbaums lehnten. Sie ließen eine große Tonflasche zwischen sich hin und her gehen, von deren Inhalt sie bereits ziemlich betrunken schienen.
»Sie haben den Kirschbäumen das traditionelle Sake-Opfer gebracht und trinken jetzt auch selbst davon.«
»Was ist Sake?«, fragte Jack.
»Reiswein!«, antwortete Saburo gut gelaunt. »Willst du ihn versuchen?«
»Gern«, sagte Jack nach kurzem Zögern. Akiko hatte Saburo missbilligend angesehen.
Saburo lief zu den betrunkenen Samurai und kehrte kurz darauf mit einem kastenförmigen Holzbecher zurück, der randvoll mit einer klaren Flüssigkeit gefüllt war. Er hielt den Becher Jack hin.
Jack nahm einen Schluck. Der Sake schmeckte süß und wässrig, wurde beim Schlucken jedoch
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