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Sanctum

Sanctum

Titel: Sanctum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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»Dennoch ist ihnen entgangen, dass es einen Kardinal gibt, der alle Voraussetzungen mit sich bringt, der neue Papst zu sein.«
    »Und wer …«
    »Fragt ihn nicht, er darf es Euch ebenso wenig sagen wie ich«, wehrte Impegno sofort und barsch ab. »Aber es sei Euch versichert, dass er auf unserer Seite steht. Wir planen eine Annäherung an Frankreich und Spanien, weswegen es wichtig ist, dass vor allem diese Länder von Euren Schwestern ab dem kommenden Jahr bereist werden. Sie sollen die Felder bei den Edelleuten bestellen, damit die Saat der Versöhnung zwischen der Kirche und den Könighäusern aufgeht.«
    »Und weswegen diese Eile? Papst Klemens XIII. ist zwar alt, aber gesund, wie man sich erzählt.«
    »Richtig, er ist alt, Äbtissin.« Lentolo setzte ein kaltes Lächeln auf. »Er wird demnächst fünfundsiebzig Jahre, und das ist schon ein hohes Alter, wenn Ihr mich fragt.«
    Gregoria wollte nicht wissen, was der Mann da andeutete. »Mit dem Beistand des Herrn kann er noch viele weitere Jahre den Fischerring tragen.«
    »Und doch wird er es nicht.« Kardinal Impegno sprach ruhig und bedächtig. »Das Sanctum gewährte mir eine Epiphanie und zeigte mir, wie sehr ihn die Societas Jesu in Beschlag genommen hat. Das Blut des Herrn hielt mir vor Augen, dass sie so lange an ihm reißen und zerren wird, bis er von ihr selbst getötet wird. Dieser Tag, Äbtissin, ist nicht mehr so fern, wie es für Euch den Anschein hat. Deswegen«, er erhob sich und ging zur Tür, »drängen wir Euch zur Eile.«
    Impegno war geschickt. Indem er die Verantwortung für diese Dinge auf die Wirkung des Sanctums schob, konnte sie nichts mehr dagegen vorbringen. Die Worte entsprangen nicht dem Mund des Kardinals, sondern einer höheren und heiligen Macht.
    Gregoria verstand, dass ihre Besucher gehen wollten. »Gelobt sei Jesus Christus«, sagte sie und schritt an ihm vorbei, um die Tür zu öffnen und zu sehen, ob sich jemand zwischen ihnen und der Treppe in den Keller befand. Keines von den Mädchen war zu sehen, und so gab sie den Durchgang frei.
    Impegno ging an ihr vorbei und wandte sich nochmals an sie. »Ihr habt mein vollstes Vertrauen, Äbtissin. Zusammen reißen wir ein, was die heilige katholische Kirche lähmt. Das Sanctum zeigte es mir, und ich glaube daran. Der nächste Papst wird Euren Orden für seine Treue entlohnen.«
    »So sei es, Eminenz.« Sie verneigte sich vor ihm und hielt den Kopf gesenkt, bis er und seine Begleiter die Stufen hinabgegangen und im Keller verschwunden waren.
    Danach rief sie Sarai zu sich. »Nimm dir ein paar Novizinnen, Bretter, Hämmer und Nägel und geh in den Keller«, sagte sie.
    »An der Südwand steht ein großes, leeres Weinfass. Ich möchte, dass du seine Vorderseite mit den Balken abstützt. Die Eisenringe um das Holz halten nicht mehr lange, und bevor es auseinanderfällt, sichern wir es lieber.«
    Sarai nickte und machte sich gleich an die Arbeit.
    Gregoria nahm an ihrem Tisch Platz. Sie hatte nichts gegen Besuch, weder durch Lentolo noch den Kardinal. Sie bevorzugte es aber, wenn sie sich vorher ankündigten. Jetzt würde ihnen nichts anderes mehr übrig bleiben.
    Sie dachte über Impegnos Worte nach und betrachtete dabei das Fläschchen, das vor ihr auf der Platte stand. Wie überprüfte man den Wahrheitsgehalt einer Epiphanie?
    Sie entsann sich an ihre eigene Vision im Gevaudan, die Bilder hatten ihr außer Ehrfurcht einen maßlosen Schrecken eingejagt. Gregoria berührte den Verschluss, dachte darüber nach, ein weiteres Mal von der seltenen Substanz zu kosten, um ein neuerliches Zeichen zu erhoffen und die Wahrheit in den Offenbarungen des Kardinals zu erkennen. Aber durfte sie das seltene Sanctum in Anspruch nehmen, nur weil sie Zweifel hegte? Und war ihr Verstand stark genug, eine weitere Vision zu ertragen?
    Sie zog die Hand zurück.

XIII.
KAPITEL

    Italien, Rom, 29. November 2004, 19.12 Uhr
    Unglaublich.«
    Eric richtete sich auf, den Kaffeelöffel, der ihm runtergefallen war, hielt er in der Linken. Er trug eine schwarze Jogginghose und einen weiten schwarzen Pullover, seine Füße steckten in Espandrillos. »Was ist unglaublich?«, wollte er von Severina wissen.
    Sie stand schwankend auf der Schwelle, ein Glas Whisky in der Hand, und zeigte damit auf ihn. »Sie. Ich habe Ihnen vor nicht mehr als«, sie sah zur Küchenuhr, »fünf Stunden Kugeln aus dem Rücken und der Seite gepult, danach habe ich Sie ohnmächtig aus dem Fahrstuhl gezogen und kaum noch Reste der Wunden

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