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Sanctum

Sanctum

Titel: Sanctum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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haben. Und wenn er sich Hoffnung auf Erlösung machen durfte – vielleicht musste es sie dann auch für den Welpen geben.
    Eric stand auf und verließ das Zimmer, um sich auf die Ledersitzwiese zu begeben. Er holte sich eine luftige Decke, zog seine Sachen aus und legte sich auf das Lederpolster. Besser, er übernachtete hier. Severina lag immer noch oben in seinem Schlafzimmer und schlief ihren Alkohol-Medikamenten-Rausch aus.
    Eric verschränkte die Arme hinter dem Kopf und betrachtete die Decke. Seine Gedanken kehrten zu dem unschönen Thema zurück, das er bei aller Sympathie nicht länger verdrängen konnte: Was mache ich mit ihr?
    Severina kannte ihn, seinen richtigen Namen. Sie befand sich im Glauben, dass er seine Frau suchte, und sie schien fest entschlossen, ihm dabei zu helfen. Und was unternahm er gegen den brutalen Exfreund, der in Rom nach ihr suchte? Es schien ihm zweifelhaft, dass sie wirklich vorhatte, sich für eine Weile nach Asien abzusetzen. Er wusste, dass sie eine Kämpfernatur war. Sie würde der Gefahr, in der sie schwebte, nicht einfach aus dem Weg gehen. Das mochte er an ihr. Vielleicht war das jenes merkwürdige Band, das er zwischen sich und ihr spürte.
    Aber selbst wenn sie doch aus seinem Leben verschwand: Könnte er ihr das Versprechen abringen, über alles Stillschweigen zu bewahren? Und war es nicht illusorisch anzunehmen, dass sie sich nicht verplapperte?
    Inzwischen verfluchte er sich, dass er in einer schwachen Phase um ihre Hilfe gebeten hatte. Gut, er hatte sich nicht anders zu helfen gewusst, es hatte keine andere Wahl für ihn gegeben. Aber diese Zweckgemeinschaft brachte mehr Ärger als Vorteile. Und wie würde Lena auf sein Geständnis reagieren? Er musste ihr von seiner Liebschaft mit Severina berichten, daran führte kein Weg vorbei, das war er ihr schuldig. Lena … Nein! Bevor seine Gedanken zu stark um die Geliebte zu kreisen begannen, schüttelte Eric energisch den Kopf. So schmerzlich es für ihn sein mochte, er durfte sich im Moment nicht damit belasten. Durfte sich nicht fragen, wie es ihr ging, sondern musste seine Mission erfüllen – und darauf vertrauen, dass Faustitia und ihre Schwestern gut auf sie aufpassten. Er konnte nichts anderes machen, wusste ja nicht einmal, wo die Schwesternschaft sie festhielt.
    Der Schlaf ging lange an ihm vorbei, ohne ihn zu behelligen. Als er schließlich doch eindöste, ähnelte der Zustand mehr einem Taumel als Entspannung. Sein aufgewühlter Geist mischte Erlebtes mit Surrealem, bis er schließlich schweißnass hochschreckte und wusste, dass er keine Ruhe finden würde.

    Die restlichen Stunden bis zum Sonnenaufgang verbrachte Eric im Arbeitszimmer vor einer Leinwand und malte mit schnellen Pinselstrichen.
    Als er schließlich merkte, wie Ruhe in ihn einkehrte und die Anspannung in seinem Körper einer müden, aber dennoch wohltuenden Entspannung wich, trat er zwei Schritte zurück und betrachtete sein Werk. Entstanden war ein hektisches Gemälde in Gelb-und Rottönen, zwischen denen eine schwarze Kugel schwebte. Eric schrieb Sterbende Sonne darunter, nahm sich eine Lötlampe und brannte genau in die Mitte der schwarzen Kugel ein münzgroßes Loch.
    Er trat hinter die Leinwand und betrachtete den Raum wie durch eine große Scheuklappe. Beinahe alles wurde ausgeblendet – bis auf die Tür. Er wunderte sich, was für eine fokussierende Wirkung dieses Loch besaß.
    Da bewegte sich die Türklinke.
    Langsam wurde sie nach unten gedrückt, Millimeter für Millimeter, geräuschlos und unglaublich vorsichtig. Gebannt beobachtete Eric das Metall, er konnte sich nicht von dem Anblick losreißen.
    Endlich war die Klinke ganz herabgedrückt, dann schwenkte die Tür auf, und das nicht weniger langsam.
    Eric war klar, dass nicht Severina auf der anderen Seite stand. Doch wer dann? Der starke Geruch der Farben machte es ihm unmöglich, etwas zu wittern. Verdammt! Er hatte sich zu sicher gefühlt und besaß nun keine andere Waffe als die Lötlampe, die leise fauchend immer noch ihre blaue Flamme versprühte.
    Ein Arm wurde sichtbar, ein Arm in einer schwarzen Lederjacke. Ein Fuß in hochhackigen Schuhen trat über die Schwelle, ein Bein in weißen Strumpfhosen und der Rocksaum oberhalb des Knies erschienen.
    Wer …
    »Hallo, mon frère! Ich weiß, dass du da bist«, hörte er die Stimme seiner Halbschwester, als sie ganz in den Raum trat. Natürlich hatte sie eine Kippe locker im linken Mundwinkel sitzen. »Ah, du versteckst dich hinter

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