Sanctum
Madame. Und wie kann ich Euch dafür danken, dass Ihr mich heilt? Wollt Ihr Geld?«
»Wir würden es niemals wagen, Geld für die Heilung einer Seele zu nehmen. Aber wenn Ihr unserer Schwesternschaft eine Spende zukommen lassen möchtet, werden wir uns dagegen nicht wehren«, antwortete sie. »Die Suche nach dem Heilmittel ist teuer und verbraucht viele Ressourcen.«
»Wenn es nur das ist.« Roscolio griff in seinen Mantel und nahm ein Blatt Papier heraus, das ein eingeprägtes Wasserzeichen trug. »Ich stelle Euch einen Wechsel aus.« Er stand auf, ging zu Gregorias Schreibtisch und kritzelte hastige Zeilen nieder, danach setzte er seine Unterschrift darunter. »Darf ich Euer Siegelwachs benutzen?« Sie nickte ihm zu, und gleich darauf presste er seinen Ring in die warme Masse. »Ich lasse die Summe offen. Den Betrag könnt Ihr nach eigenem Ermessen einsetzen.« Er schob das Papier von sich. »Es sollten nur nicht mehr als zweihunderttausend Livres sein.«
»Beim Blute des Heilands«, entfuhr es Sarai. Es war eine Summe, die Könige neidisch machte.
Gregoria ließ sich nichts anmerken. »Setzt Euch wieder in den Sessel, Monsieur«, bat sie und zog den Flakon, den sie vom Kardinal erhalten hatte, unter ihrem Kleid hervor. Sie öffnete den Verschluss. »Ihr werdet von mir einen einzigen Tropfen auf die Lippen gestrichen bekommen. Leckt ihn ab und bereitet Euch auf seltsame, verwirrende Bilder vor. Es ist die Kraft des Guten, das in Euch fährt und mit dem Dämon ringt, der einen Teil von Euch in Beschlag genommen hat.«
Roscolio sah auf das Fläschchen. »Wenn Ihr Monsieur Chastel wärt, müsstet Ihr mir schwören, dass es kein Gift ist, was Ihr mir da einflößen werdet«, sagte er bedächtig.
Sie hob die Hand und griff an das Silberkreuz, das vor ihrer Brust baumelte. »Beim Leiden unseres Herrn und dem Blut, das er für uns vergossen hat, gelobe ich Euch, dass Ihr nichts anderes bekommt als ein Heilmittel. Vertraut mir und dem Herrgott.«
»Für meine Familie.« Roscolio lehnte sich in den Sessel, schloss die Augen und öffnete den Mund ein wenig.
Gregoria ließ einen einzigen zähen Tropfen auf den Zeigefinger rinnen und verstrich ihn auf der Unterlippe des Mannes. »Leckt es ab, Monsieur«, forderte sie ihn ehrfürchtig auf. »Schüttelt die Bestie in Euch ab.«
Die Zunge kam vorsichtig wie eine ängstliche Schlange nach vorn, glitt über das dunkelrote, zähe Blut und zuckte angewidert zurück. Roscolios Antlitz verzog sich.
»Macht schon, Monsieur!«, rief Jean gebannt und richtete seine Pistole auf den Mann. Die Seraphim legten ebenfalls ihre Waffen an. Sollte etwas schief gehen, waren sie gewappnet. »Gregoria, geh weg von ihm.«
Roscolio sog die Unterlippe ein, um das Mittel abzulutschen, er schluckte mehrmals, als würde es in seinem Hals kleben bleiben. »Was geschieht nun?«, flüsterte er, ohne die Lider zu heben. »Wie lange dauert es, bis …«
Seine Hände krampften sich unvermittelt um die Lehnen, sein Körper spannte sich an; der Sessel knirschte und ächzte unter der Beanspruchung. »Was …«, stieß er hervor, riss die Augen auf und stierte Gregoria voller Furcht an. Die Pupillen waren plötzlich geschlitzt wie bei einer Katze. »Ihr habt geschworen …« Seine Worte gingen in einen lauten Schrei über; schwarzer Rauch schoss aus seinem Mund und es roch nach brennendem Fleisch.
Roscolio stemmte sich brüllend in die Höhe, taumelte auf den Krug mit Wasser zu und schluckte gierig, eine Hand presste er gegen den Bauch. Die Beine knickten ein, er fiel auf den Boden, der Krug zersprang in viele Stücke.
Der Mann wälzte sich hin und her, die Mündungen der Pistolen verfolgten ihn dabei unentwegt. »Noch nicht«, befahl Jean den Seraphim. »Vielleicht muss es so sein.«
Die Haut platzte am ganzen Körper auf, schwarzes, geflecktes Fell kam zum Vorschein und zerfiel sofort. Roscolio kreischte und kratzte sich die offenen Arme, das Blut floss überall aus seinem Körper heraus. Schmatzend schnappten lange Krallen aus den Fingerzwischenräumen und schleuderten rote Tropfen durch das Zimmer.
»Das wird er niemals überleben«, rief Gregoria entsetzt und blickte auf das blutüberströmte Mischwesen, das nur noch Gurgellaute von sich gab, bis es mit einem letzten Krampf still lag. »Herr, steh ihm bei!«
Hier und da hingen das schwarze Fell und Hautfetzen herab, ansonsten lag das rohe Fleisch an vielen Stellen bloß und die Adern ergossen die letzten Reste von Roscolios Lebenssaft auf die
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