Sanctum
Christi vermutete, und bekam ihn zu fassen.
Das Licht sprang wieder an, Bolzen klickten, und die Tür wurde aufgestoßen. Eric schaute auf vier Männer, die Maschinenpistolen in den Händen hielten. Einer von ihnen schrie entsetzt auf, der andere eröffnete sofort das Feuer. Der Kardinal hatte sich in die Ecke gekauert und starrte ihn wütend an.
Eric rollte sich herum, packte den toten Padre und hielt ihn als Schild vor sich; dabei verlor er den kostbaren Anhänger.
Er spürte den Aufprall der Kugeln, zwei oder drei durchschlugen Rotondas Körper und prallten wirkungslos gegen seine schusssichere Weste. Das Glänzen der verformten Projektile warnte ihn: Silber! Zanettinis Leute hatten gehörig aufgerüstet.
Er katapultierte den Toten gegen die Silberjalousie und fegte die Sperre so zum Teil zur Seite, sprang los und warf sich kopfüber durch das Fenster. Die silbernen Lamellen schnitten zum Abschied in sein Fleisch, Rauch stieg auf und wehte hinter ihm her.
Als er die Straße weit unter sich sah, auf die er mit ungeheurer Geschwindigkeit zuraste, bekam er Zweifel an seinem improvisierten Fluchtplan.
XX.
KAPITEL
3. Mai 1768, Italien, Rom
Gregoria legte Marianna sanft an ihre Schulter und klopfte vorsichtig auf den kleinen Rücken. Sie hatte die Fenster geöffnet, damit die warme Nachmittagsluft in ihr Gemach strömen und den nahenden Sommer verkünden konnte. In Rom pulsierte der Frühling mit einer Unbändigkeit, die jedermann mitriss und mit Fröhlichkeit ansteckte.
Marianna stieß auf, etwas Milch schwappte aus dem kleinen Mund und tropfte auf das bereitgelegte Tuch. Gregoria besaß inzwischen Übung.
»Das hast du schön gemacht, meine Kleine«, lachte sie und hielt das Mädchen vor sich, das ihr Lächeln erwiderte und strampelte, als tanzte es zu einer nur für Kinderohren hörbaren Musik.
Es klopfte leise, und Jean trat nach Gregorias Aufforderung ein. »Ah, wen haben wir denn da?«, sagte er fröhlich und streichelte Marianna. »Die zukünftige Oberin – oder welchen Titel man auch immer für dich finden wird.« Er neigte sich nach vom an ihr Ohr. »Aber gib auf die Pfaffen Acht. Glaub nicht alles, was sie dir beibringen.«
»Dafür wirst du schon sorgen.« Gregoria lächelte, legte Marianna in die Wiege und bedeckte diese mit einem dunklen Tuch, damit das Mädchen einschlief.
»Darauf kannst du dich verlassen«, gab er lachend zurück. »Ich wollte vor meiner Abreise hören, ob es etwas Neues von Lentolo gibt.« Er setzte sich in den Sessel am Fenster, schloss die Augen und hielt sein Gesicht in die Sonne. Natürlich freute er sich darauf, seine Heimat wiederzusehen – aber Gregoria wusste, wie sehr Jean die warmen Frühlingstage genoss.
»Nein, nichts Neues. Offiziell heißt es, der Kardinal läge krank in seinem Gemach, aber es gibt bereits Gerüchte, dass sein Bett leer ist. Lentolo vermutet, dass sie seinen Tod verheimlichen, um hinter den Kulissen einiges zu bereinigen. Die Suche nach einem Nachfolger wird laufen.« Gregoria wählte den Stuhl an ihrem Schreibtisch. »Aber Lentolos Spione haben etwas ganz anderes entdeckt: Ein Mann, auf den die Beschreibung des Comtes passt, hat heute die Stadt mit einem Berg Koffer verlassen. Sein Ziel ist angeblich Livorno.«
»Was?« Jean riss die Augen auf und sprang hoch. »Dann ist es umso wichtiger, dass ich ihm sofort folge!«
»Beruhige dich, Jean. Lentolo hat dem Unbekannten einige Männer hinterhergeschickt. Wir werden bald wissen, ob es der Comte war oder nicht … und ob er wirklich nach Livorno will oder er dieses Ziel nur angegeben hat, um seine wahren Pläne zu verschleiern.«
Obwohl sie einen bewusst beruhigenden Tonfall angeschlagen hatte, schwang etwas in ihrer Stimme mit, was Jean beunruhigte. Er schaute in ihr müdes Gesicht. »Du bürdest dir zu viel auf«, sagte er besorgt. »Gib etwas von deiner Verantwortung ab. An Sarai beispielsweise.«
»Es geht, Jean.«
»Und woher kommen die tiefen Ringe unter deinen Augen?« Er sah sie streng an. »Du ziehst ein Kind groß, du schulst die Novizinnen und triffst dich ständig mit Lentolo, um Pläne für die Zukunft und den Angriff auf die Jesuiten zu schmieden. Dein Körper leidet darunter.« Er trat neben sie und legte seine Hand auf ihre Schulter. »Ruh dich aus. Übertrage Sarai etwas mehr von deinen Pflichten. Sie ist der Herausforderung gewachsen und«, er schlug einen neckenden Ton an, »mindestens so bibelfest wie du.«
»Du vertraust ihr sehr, nicht wahr?«
Er nickte. »Sie
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