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Sanctum

Sanctum

Titel: Sanctum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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mehr aushielt, von Dingen zu erfahren, die belanglos für sie waren.
    Lentolo führte die Tasse zum Mund. »Leider keine, Äbtissin. Unsere Spione sind ebenso verschollen wie der Comte und Monsieur Chastel. Noch so ein äußerst bedauerlicher Umstand, der aber unsere Aufgabe«, die trübbraunen Augen sahen sie fest an, »keinesfalls beeinflussen darf. Selbst wenn Monsieur Chastel tot im Straßengraben liegt, müsst Ihr fortfahren, Äbtissin. Lasst Ihr nach, werden unsere Feinde triumphieren und der Tod von Monsieur Chastel war umsonst.«
    Sie runzelte die Stirn. »Es gefällt mir nicht, dass Ihr versucht, mir seinen Tod schmackhaft zu machen.«
    »Das würde ich niemals wagen. Ich sehe es jedoch als … nun, als Vorteil, dass er nicht bei uns weilt. Versteht mich nicht falsch, aber ein Mann in einem Kloster voller junger Frauen«, er schlürfte einen weiteren Schluck, »das gibt Gerüchte. Hässliche Gerüchte.«
    »Lasst sie reden.«
    »Nein, Äbtissin. Das können wir nicht. Seine Eminenz ist ebenso besorgt wie ich. Der Makel der Unkeuschheit, der Unzucht, der Sünde auf einem Schwesternorden ist dunkler als alles andere.« Lentolo stellte die Tasse mit Schwung ab, die Finger spielten mit der Schnürung seines weißen Hemdes, über dem ein braunes Wams und eine beigefarbene Jacke lagen. »Die Schwesternschaft vom Blute Christi muss ein Glanzstück sein. Rein wie Kristall und unberührt wie der Gral, Äbtissin.«
    »Ihr sagt mir also, dass wir Monsieur Chastel nicht mehr in unseren Mauern aufnehmen dürfen«, übersetzte sie eisig. Sie verspürte Wut.
    »So ist es.« Lentolo lehnte sich nach vorn. »Seht uns diesen Schritt nach. Wir brauchen Euch und Eure Schwestern an den Höfen! Bald ist die Stunde gekommen, in der es Neuerungen im Vatikan geben kann. Rotonda ist aus dem Weg geräumt, und mit ihm sind viele Geheimnisse gestorben. Das ist schlecht für unsere Gegner. Bringen wir unsere große Sache also nicht selbst in Gefahr. Es darf keinen weiteren andauernden Aufenthalt von Monsieur Chastel mehr geben.«
    »Ich sehe es ein, Lentolo«, räumte sie ein und versuchte sich nicht anmerken zu lassen, wie sehr sie es hasste, gelassene Mine zum bösen Spiel machen zu müssen. »Dennoch brauchen wir ihn. Seine Erfahrung mit den Bestien ist unverzichtbar, um die Seraphim auszubilden.«
    »Das sehe ich ebenso. Alles wird so arrangiert, dass man uns und Euch nichts ankreiden kann.« Er lächelte aufmunternd. »Wir haben in dem Berg hinter dem Anwesen Kavernen herrichten lassen, wo er und die Seraphim üben werden. Ihr dagegen werdet auf Euren guten Freund verzichten müssen. Seine Eminenz besteht darauf.«
    »Ich muss wohl«, erwiderte sie und seufzte. »Er hat mir mehr als einmal das Leben gerettet, Signore Lentolo. Ich sehe es als Verrat an, ihn zu verstoßen und ihn fortan nicht mehr als meinen Freund betrachten zu dürfen.« Nicht vor den Augen anderer, fügte sie in Gedanken hinzu.
    »Ein großes Opfer, ich weiß. Und doch bin ich sicher, dass Ihr es gerne bringen werdet, um Eurer Stellung gerecht zu werden.« Er lehnte sich zurück und sah zufrieden aus. »Eventuell mag es Euch versöhnen, dass ich einen meiner Männer ausgesandt habe, um nach Monsieur Chastel zu suchen. Denn auch ich denke nicht, dass er tot ist, Äbtissin.«
    »Wie wird es in Rom weitergehen? Haben wir bereits eine neue Bleibe?«
    Er wiegte den Kopf. »Ja und nein. Wir haben etwas Schönes gefunden, größer und komfortabler als das alte Anwesen.« Lentolo beschrieb mit dem rechten Arm einen Halbkreis. »Das hier. Euer erstes eigenes Kloster, wir bauen Euch sogar einen eigenen kleinen Kirchturm.«
    Gregoria erlaubte sich ein wenig Freude. »Das ist schön zu hören, Lentolo. Doch wir sind weit abseits von Rom …«
    »Aus gutem Grund. Hier draußen ist der Orden sicherer vor seinen Feinden, niemand kann sich dem Kloster unbemerkt nähern, und wir treffen in aller Ruhe unsere Vorbereitungen im Kampf gegen die Bestien.« Lentolo atmete tief ein. »Ist das nicht eine herrliche Luft, Äbtissin?«
    »Es ist wunderbar«, stimmte sie zu.
    »Damit Ihr gelegentlich auch Stadtmuff riechen könnt, werdet Ihr an einem neuen Ort in Rom eine kleine Niederlassung erhalten, eine ständige Vertretung der Schwesternschaft, wenn man so will. Er wird gerade hergerichtet, mit einem Verbindungsgang in die Katakomben.«
    Gregoria lächelte versöhnt. Damit gab es für sie noch mehr Möglichkeiten, um sich ungesehen von allen mit Jean zu treffen. »Ich wusste, dass ich

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