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Sanctum

Sanctum

Titel: Sanctum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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sich. »Geben Sie mir bitte das Medaillon.«
    Sie sah sich um und reichte es ihm. Er legte es unter den Scanner und ließ es vom Computer abspeichern, danach fotografierte er es von allen Seiten mit der Webcam und sandte die Aufnahmen inklusive des Scans an Anatol nach St. Petersburg. »Okay, gehen wir uns was zu essen machen«, schlug er vor und verließ den Raum. »Und kein Wort zu irgendjemand über das, was Sie gesehen haben.«
    »Sicher, Eric.« Sie sah sich noch einmal um. »Wer würde mir diese James-Bond-Nummer auch glauben?«
    Zusammen mit Severina fuhr er in den ersten Stock und suchte die Küche auf.
    »Ach herrje.« Sie lachte auf. »Die ist ja auch vom Feinsten.« Sie schaute auf den sechsflammigen Herd, der in der Mitte des Raumes stand; darüber hing eine Esse mit entsprechend vielen Küchenwerkzeugen daran. In den Schränken rundherum lagerten Lebensmittel. Sie öffnete den Kühlschrank. »Nichts außer Bier?« Sie grinste und nahm sich eine Flasche. »Auch gut.«
    »Es macht keinen Sinn, frische Sachen zu lagern. Wie gesagt, mein Freund ist selten zu Hause. Das Einkaufen muss ich selbst erledigen.« Eric stellte Wasser auf und schüttete Nudeln hinein, danach setzte er passierte Tomaten für die Soße auf. Aus dem Gefrierschrank nahm er eine Packung Rumpsteak. Das Fleisch landete in der Spüle, er übergoss es mit heißem Wasser, um es aufzutauen. Die Aussicht auf etwas zu essen mobilisierte die letzten Kräfte, auch wenn seine Bewegungen behäbig und langsam waren.
    Severina hatte eine Flasche Chianti entdeckt und öffnete sie routiniert. Sie goss zwei Gläser voll, eines reichte sie Eric. »Auf uns«, prostete sie. »Und darauf, dass wir Licht in die Dunkelheit bringen.« Sie stießen an, und ihre blauen Augen ließen ihn dabei nicht los.
    Eric erkannte darin den Vollmond, der in seinem Rücken am Himmel hing. Ein heißer Schauder durchlief ihn, und er bekam Hunger. Auf Fleisch … und mehr. Er schaute wie zufällig auf die Verpackung der Steaks. »Oh, die sind abgelaufen«, täuschte er vor und nahm die Stücke aus dem Wasser. »Ich werfe sie weg und suche neue. Mein Freund hat im Vorratsraum noch einen Gefrierschrank.«
    Er ging mit dem Fleisch nach nebenan und schlug, sobald sich die Tür hinter ihm geschlossen hatte, die Zähne in das rohe, warme Rind. Es schmeckte köstlich und erweckte beinahe den Eindruck, als habe er es aus seinem noch zuckenden Opfer gerissen. Die Bestie in ihm ließ sich kurzfristig täuschen und jaulte voller Genuss.
    Als er nach einer Weile wieder in die Küche zurückkehrte – und sich immerhin ein bisschen besser fühlte –, stand Severina am Herd, rührte die Soße um, würzte sie mit getrockneten Kräutern und wandte sich dann den Nudeln zu, um sie abzugießen. Sie hatte die Lampen gedimmt, sodass der Mondschein stärker sichtbar blieb und silbrig durch die Fenster auf den Boden fiel. Wahrscheinlich war das ihre Vorstellung einer romantischen Stimmung. Für Eric bedeutete es den Beginn neuer Qual.
    »Du warst lange weg.« Sie lächelte.
    »Ich habe mich quer durch die Schubladen gesucht, aber es gab nichts mehr.« Er wischte sich über die Mundwinkel, verräterischer roter Saft haftete an seinen Kuppen, den er heimlich an seiner Hose abwischte. Er achtete darauf, nicht in das Mondlicht zu treten, um die Bestie nicht aufzuschrecken. »Müssen wir die Nudeln eben so essen.«
    »Ich hoffe, es schmeckt dir.« Sie hielt ihm den Löffel mit ein wenig Soße zum Kosten hin. Er probierte, und es schmeckte wirklich lecker. Nur leider fleischlos. Severina gab ihm sein Glas. »Auf die Geheimnisse, die jeder hat.« Sie trank einen Schluck.
    »Auf die Geheimnisse.« Er stürzte den Wein in einem Zug hinab.
    »Gibt es schon etwas Neues zu deinem Fund?«, wollte sie wissen und mischte die Nudeln mit der Soße.
    »Nein.« Er klopfte gegen sein Handy. »Ich wäre angerufen worden.«
    »Na, dann können wir ja jetzt essen.« Sie lächelte und drückte ihm den Topf in die Hand. »Sollen wir hier in der Küche, oder …«
    Eric ging durch eine Verbindungstür in den Speisesaal: zehn Meter lang und fünf Meter breit, darin eine Tafel von fünf Metern Länge, die aus einem edlen Holzrahmen und einer Platte aus grün geädertem, weißem Stein bestand. Die Wände waren mit Bildern dekoriert, modernen Bildern, die im krassen Gegensatz zum eher feudalen Anblick des Raumes standen; das warme, gelbliche Licht stammte von kleinen Birnchen in der Decke, die Fensterläden waren

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