Sandrine
womöglich verpaßt hätte.
Er kam, und ich eilte hin, ehe er überhaupt dazu kam, an der Eingangstür das Schildchen zu lesen.
"Hallo!" sagte ich einfach.
Er erkannte sofort meine Stimme und fuhr erschrocken zu mir herum.
"Was machen Sie denn hier?" Es klang jetzt ärgerlich.
Ich schüttelte den Kopf.
"Nein, ich bin nicht diejenige, für die Sie mich jetzt halten: Ich bin nicht Sandrine, die Frau Ihres Geschäftsfreundes."
"Was ist denn das nun wieder für ein Trick?" Er schaute sich suchend um, und dann schickte er sich an, sich abzuwenden und davonzuschreiten. Ich war sicher, ihn nicht aufhalten zu können, wenn ich nicht schnell genug war, um ihn zu überzeugen.
"Ich bin die Zwillingsschwester von Sandrine!"
Er zögerte nur kurz.
"Ja, das stimmt wirklich! Und ich bin hier - eben wegen meiner Schwester. Und wegen Ihrer Frau!"
"Die lassen Sie mal gleich aus dem Spiel, und zwar völlig!" herrschte er mich an. "Ich weiß nicht, wer Sie wirklich sind. Ich weiß überhaupt nicht, ob Sandrine überhaupt eine Schwester hat."
"Ich weiß alles über Sie und meine Schwester, und ich weiß auch, daß Sie sozusagen das Opfer sind. Nein, Sie sind gewiß nicht der Mann, der seine Frau betrügt. Und ich ahne, wie Copyright 2001 by readersplanet
es in Ihnen aussieht - danach! Es muß schlimm für Sie sein. Sie müssen sich vorkommen wie..."
"Sagen Sie, was soll denn das eigentlich? Ich sollte mich hier..."
"...mit meinem Schwager treffen: Ich weiß!"
"Woher...?"
"Ich habe in Ihrem Büro angerufen und mich als Sekretärin meines Schwagers ausgegeben.
Ich bitte Sie darum, ihm das niemals zu erzählen. Er hätte wenig Verständnis dafür."
"Er nicht allein!" sagte er aufgebracht. "Mit anderen Worten: Sie haben mich unter falschen Voraussetzungen hierhergelockt. Selbstverständlich werde ich ihm das erzählen. Es ist eine Unverschämtheit. Ich frage mich, was Sie sich dabei gedacht haben, meine kostbare Zeit..."
"Es geht wie gesagt um meine Schwester... und um Ihre Frau."
Ich sagte das eindringlich - und war immerhin so überzeugend, daß er jetzt stutzte, ohne wirklich einfach davonzugehen.
Ich wies auf das Schildchen an der Tür. "Schauen Sie mal, wo wir uns überhaupt getroffen haben. Vielleicht beginnen Sie dann zu begreifen, wie dringend es wahrlich ist?"
Er schaute - und erstarrte.
Kein Wunder, denn auf dem schlichten Schildchen stand: "Sandrine - Psychotherapeutin".
"Was...?" begann er, aber die Stimme versagte ihm ihren Dienst.
Ich trat neben ihn, hakte mich leicht bei ihm unter und sagte ihm Verschwörerton: "Meine Schwester! Es ist ihre Falle. Nicht für Männer. Die kriegt sie anders. Diese Falle hier ist vor allem für die Frauen dieser Männer gedacht."
Er schaute mich an, als würde er mich in diesem Augenblick zum ersten Mal sehen.
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5
Ich zeigte ihm einen Schlüssel. "Sie können versichert sein, daß sie nicht da ist. Sonst hätte ich Sie nicht herbestellt. Ich werde Ihnen diese Falle zeigen, wenn Sie erlauben. Aber ich glaube, es ist für Sie von ganz besonderem Interesse. Oder vermute ich falsch?"
"Was ist mit meiner Frau?" fragte er mit einem deutlichen Zittern in der Stimme.
Ich zuckte die Achseln. "Wie ich schon sagte, mein Lieber: Sandrine hat Sie verführt, nach allen Regeln der Kunst. Ah, glauben Sie mir: Sie hatten nicht die geringste Chance, sich ihr zu entziehen. Sie trifft nicht die geringste Schuld. Sie spielt mit den Gelüsten ihrer Mitmenschen wie ein Virtuose auf den Saiten einer Harfe."
"Und Sie sind wirklich... ihre Schwester?" Er schien es immer noch nicht glauben zu wollen.
Ich nickte ernst. "Wie heißt es noch so schön: Kommen Zwillinge zur Welt, trägt jeder in sich die Hälfte einer gemeinsamen Seele. Bei uns ist das mehr als nur ein dummer Aberglaube: Sandrine bekam sozusagen die schwarze Hälfte ab - und ich die weiße. Ich habe Sie nicht herbestellt, um Ihnen etwas Böses zu tun, sondern um Sie aufzuklären. Und weil ich wiedergutmachen will, was meine böse Schwester angerichtet hat. Ich will, daß Ihre Ehe wieder das wird, was sie einmal war: glücklich! Und sogar noch mehr als das! Glauben Sie mir, es wird gelingen. Sie werden vollends zufrieden sein. Und Ihre Frau wird es auch. Es werden ein paar wunderschöne Erinnerungen entstehen, und niemand wird noch Schuldkomplexe mit sich herumzutragen brauchen. Denn nicht nur Sie haben Schuldkomplexe wegen Sandrine, sondern - leider! - auch Ihre Frau - inzwischen."
"Das glaube ich
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