Sanft will ich dich töten: Thriller (German Edition)
Haar aus dem Gesicht und sah aus den Augenwinkeln das Tagesbett, Kissen und Decke nachlässig zu Boden geworfen, das Laken völlig zerwühlt. Wieder dachte sie an den heftigen, heißen Geschlechtsakt, daran, dass sie sich nicht geschützt hatten, und ihr kam der beängstigende Gedanke, dass Carter das Gleiche auch mit Dutzenden von anderen Frauen getan haben könnte.
»Es gibt Dinge, von denen du nichts weißt«, sagte er und verzog gleich darauf das Gesicht, weil es so lahm klang. Wie ein Spruch aus einer uralten Seifenoper.
»Augenscheinlich.«
»Die Fotos haben nichts zu bedeuten.«
Sie schnaubte verächtlich durch die Nase. »Klar, ich laufe auch ständig mit Fotos von Dingen herum, die mir überhaupt nichts bedeuten.« Bevor er eine weitere fadenscheinige, leicht durchschaubare Ausrede vorbrachte, fing sie an, das Tagesbett zu richten, zog die Bettwäsche ab, der noch der Geruch nach Sex anhing, und schüttelte die Kissen auf. »Hör zu, du bist mir keinerlei Entschuldigungen oder Erklärungen schuldig.« Sie hob die Bettwäsche auf und wandte sich ihm zu. »Verhafte nur den verdammten Stalker, okay? Das ist dein Job. Deswegen bist du hier.«
Sie trug die Wäsche in den Wirtschaftsraum. Gleich darauf wurde die Hintertür geöffnet, und Turnquist trat ein. Carter unterhielt sich ein paar Minuten lang mit ihm, während Jenna die Wäsche in die Waschmaschine stopfte, das Wasser aufdrehte und Waschpulver einfüllte. Sie sah ihm nicht nach, als er ging, hörte nur, wie die Hintertür geöffnet und wieder geschlossen wurde, und brach über der Waschmaschine zusammen.
Tu das nicht, Jenna. Es war ja nur Sex. So etwas passiert doch ständig.
Aber ihr nicht. Weil sie es nie zugelassen hatte. Weil sie immer auf der Hut gewesen war. Ihr Herz fest in beiden Händen gehalten hatte.
Bis jetzt.
Bis sie den verdammten Ordnungshüter kennen gelernt hatte.
Carter biss so heftig die Zähne zusammen, dass seine Kiefer schmerzten. Er hatte alles verdorben. Dadurch, dass jemand die Fotos von Carolyn gesehen hatte, die er aus Wes Allens Haus gestohlen hatte, waren die Ermittlungen bedroht. »Verdammt, verdammt, verdammt!«, knurrte er auf dem Heimweg in seinem Auto und schlug mit der Faust aufs Lenkrad. Die Straßen waren immer noch tückisch, einige waren geräumt und gestreut, andere noch mit dem Schnee der vergangenen Nacht bedeckt. Was hatte er sich nur dabei gedacht, mit Jenna Hughes zu schlafen?
Er hatte gar nicht gedacht. Das war das Problem. Er konnte diese Dummheit auf zu viele Monate ohne Frau, auf zu viele Stunden ohne Schlaf, zu viele Sorgen hinsichtlich der Ermittlungen zurückführen, doch unterm Strich blieb lediglich die traurige Tatsache, dass er verflixt scharf und ohnehin schon halb in die Hollywooddiva verliebt gewesen war und dass sich die Gelegenheit eben ergeben hatte. Welcher gesunde amerikanische Mann hätte da wohl anders reagiert?
»Scheiße«, brummte er und bog auf die Straße zu seinem Haus ein. Trotz des Allradantriebs jaulte der Motor, als der Wagen gegen die Schneemassen ankämpfte. Zu Hause angekommen verbrannte er die verdammten Fotos, legte mehr Holz nach und sorgte dafür, dass auch das letzte Fitzelchen Beweismaterial sich buchstäblich in Rauch auflöste. Er rief seine E-Mails ab, suchte im Netz noch einmal nach Leo Ruskin und fand ein paar alte, nicht sehr ergiebige Einträge. Seine Online-Suche nach White Out brachte ebenfalls nicht viel ein, abgesehen davon, dass er den Namen der Firma fand, die mit der Herstellung der Masken für den nie vollendeten Film beauftragt war. Warum zum Teufel glaubte er, der Film habe etwas mit den Morden zu tun? Wegen des verdammten kalten Wetters? Oder weil der Schnee ihm so zum Hals heraushing? Bei seiner ersten Suche nach den Namen der Maskenbildner fand er keinerlei Hinweise, und er durfte nicht mehr Zeit damit verschwenden. Trüber Stimmung, in seinem müden Hirn immer noch mit den bisher gewonnenen Informationen beschäftigt, in die er Wes Allen einzupassen versuchte, begann Carter, sich Eier, Speck und Kartoffeln zu braten. Er verzehrte seine Mahlzeit, während er im Fernsehen die Nachrichten verfolgte, stellte dann seinen Teller in die Spüle und stieg die Treppe zum Dachgeschoss hinauf.
Wes Allen hatte nicht das Geringste mit Maskenbildnerei zu tun. Er war nie direkt oder indirekt an einem von Jennas Filmen beteiligt. Könnte es sein, dass der elende Mistkerl unschuldig ist?
» Scheiße«, brummte er und zog sich aus. Nichts an diesem Fall
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