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Sanssouci

Sanssouci

Titel: Sanssouci Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Maier
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ihn seine Frau verließ und das Kind mitnahm, sprachen alle von den sozialen Problemen in den Plattenbauten. Das Identifikationspotential war umfassend. Obgleich Außenstehende vielleicht gesagt hätten, Oststadt könne eigentlich in jeder Stadt spielen, beharrten viele in Potsdam mit einem gewissen Stolz darauf, Oststadt sei Potsdam und könne nur hier spielen. Beide Namen klangen ähnlich, hatten gleiche Vokale: Potsdam, Oststadt, und auch die Konsonanten ähnelten sich stark: ein scharfer ts- bzw. st-Laut. Alles das war aufgefallen. Außerdem wurde gesagt, Hornung habe die Liste mit den Vorbildern für die Figuren in einem Tresor hinterlegt.
    Christoph Mai saß gerade beim Frühstück in der Küche, als Wenk mit Overbeck erschien. Die Fenster standen weit auf, die Rosen dufteten herein und vermischten sich mit dem Geruch des frisch gekochten Kaffees. Heike ging hinaus, um zu öffnen. Arnold war nicht da. Mai sah durch das Fenster, wie Heike zwischen Hortensien und Lavendel zum Gatter lief.
    Das Auge des Schauspielers Overbeck ruhte fasziniert auf der elfenhaften Erscheinung im Vorgarten. Mit nichtshätte er weniger gerechnet als mit dieser unbekannten Schönheit. Was wollen Sie, fragte Heike und musterte Overbeck. Ist Herr Dr. Mai da? fragte Wenk. Herr wer, fragte Heike. Herr Dr. Mai, sagte Wenk. Woher kennen Sie ihn, fragte Heike. Woher? wiederholte Wenk. Herr Dr. Mai ist Journalist. Ich bin ihm früher öfter begegnet. Herr Dr. Mai ist in Potsdam durchaus bekannt. Nicht so bekannt wie Herr Overbeck freilich. (Wenk wies auf Overbeck. Der Schauspieler brummte zufrieden und schaute das Mädchen mit hellen und freundlichen Augen an.) Nicht so bekannt wie wer, fragte Heike mit Blick auf Overbeck. Overbeck war über diese Frage so verblüfft, daß er nichts sagen konnte.
    Wenk: Kennen Sie nicht Herrn Eisenmann? Also, er meine, Herrn Overbeck? Aus Oststadt, der aus dem Schlaatz. Sie, zu Overbeck: Sie sind aus der Serie? Ich bin auch aus der Serie. Overbeck, interessiert: Aha. Und wer sind Sie? Sie: Richter. Ich bin die eine Richter. Sie wissen doch, die Zwillinge. Overbeck: Von den Zwillingen blieb ich bislang gottseidank verschont. Heike stützte sich auf das Gatter und brachte sich bei Overbeck in den richtigen Blickwinkel. Der Mann war sichtlich beeindruckt. Wenk: Ist denn Herr Dr. Mai nun da oder nicht? Wir wollen ihn abholen. Heike: Sind Sie angemeldet? Wenk schaute Overbeck fragend an. Nein, sagte Wenk, angemeldet … sind wir nicht. Da müsse sie erst einmal fragen, sagte Heike und lief ins Haus zurück.
    Kennst du dieses Mädchen, fragte Wenk. Nein, sagte Overbeck. Habe er noch nie gesehen.
    Zehn Minuten später waren Mai, Heike, Wenk undOverbeck unterwegs zum Rathaus. Heike und Mai liefen vorneweg, Overbeck und Wenk hinterher. Die beiden letzteren sprachen über die Entwicklung des neuen deutschen Films. Währenddessen fiel der Blick des großen Mannes mit dem Gesicht eines »kampferprobten Kreuzritters« (Magazin Potsdam) immer wieder auf Heike. Wenk wußte nicht, warum dieses Mädchen sie begleitete. Die Veranstaltung sollte ja nicht öffentlich sein.
    Sie überquerten den Luisenplatz, passierten die Brandenburger Straße, bogen zur Gutenbergstraße ab und trafen durch Zufall auf Lee, Aische und Loredana. Die Mädchen klingelten gerade bei Majas WG. Es war auch ein Junge aus dem Kotz dabei, er hieß Pöhland, hatte rote Haare und trug eine karierte Punkerhose. Er kam eben vom Platz der Einheit und war etwas angetrunken. Die Gruppe um Heike blieb stehen. Heike sagte, Maja sei nicht zu Hause. Sie sei mit Nils und Arnold zum Jungfernsee. O Scheiße, rief Pöhland. Was ist daran Scheiße, fragte Aische. Pöhland: Ich habe keinen Bock, da jetzt mit dem Fahrrad rauszufahren. Dann gehe ich lieber wieder zum Platz der Einheit. Und was machst du, Heike? fragte Aische, indem sie die Gruppe und insbesondere Overbeck musterte. Heike sagte, sie seien unterwegs zum Rathaus.
    Overbeck war jetzt in einem eigenartigen Zustand, die Schar junger Mädchen verdrehte ihm den Kopf. Als Lee und Loredana begriffen, welche Berühmtheit sie da vor sich hatten, begannen sie ein Gespräch mit dem Schauspieler. Beide fanden Eisenmann sehr sympathisch, wenn auch ein bißchen altbacken. Overbeck nickte freundlich.Der Rotschopf zwinkerte ihm ebenfalls zu. Mit Eisenmann, sagte Pöhland, habe er schon immer mal einen trinken wollen. Er lachte los, es klang wie das Gemecker einer Ziege. Pöhland, rede keine Scheiße, sagte Lee. Overbeck machte

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