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Saphirblau

Saphirblau

Titel: Saphirblau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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du nach Hause. Du siehst heute schon viel weniger müde aus als gestern. Wir werden dir ein hübsches, ruhiges Jahr aussuchen - wie wäre es mit 1953? Gideon sagt, da ist es im Al- nun, im Chronografenraum ganz gemütlich. Es soll sogar ein Sofa geben.«
    »1953 ist perfekt«, sagte ich und versuchte, nicht ganz so begeistert zu klingen. Fünf Jahre nach meinem letzten Treffen mit Lucas! Es war zu erwarten, dass er in der Zwischenzeit einiges in Erfahrung hatte bringen können.
    »Ach und Charlotte: Mrs Jenkins hat dir einen Wagen gerufen, du kannst für heute Feierabend machen.«
    Charlotte hörte auf zu spielen. »Ja, Mr George«, sagte sie höflich, dann legte sie ihren Kopf schief und lächelte Gideon an. »Hast du jetzt auch Feierabend?«
    Was denn? Würde sie ihn jetzt etwa fragen, ob er mit ihr ins Kino gehen wollte? Ich hielt gespannt den Atem an.
    Aber Gideon schüttelte den Kopf. »Nein. Ich werde Gwendolyn begleiten.«
    Charlotte und ich guckten sicher gleichermaßen verblüfft.
    »Wirst du nicht«, sagte Mr George »Du hast dein Kontingent für diesen Tag längst erfüllt.«
    »Und du siehst erschöpft aus«, sagte Charlotte. »Was auch kein Wunder ist. Du solltest die Zeit lieber nutzen, um zu schlafen.«
    Da war ich ausnahmsweise mal ihrer Meinung. Wenn Gideon mitkäme, konnte ich weder den Schlüssel aus dem Versteck holen noch meinen Großvater aufsuchen.
    »Ohne mich verbringt Gwendolyn vier vollkommen sinnlose Stunden im Keller«, sagte Gideon. »Würde ich mitkommen, könnte sie in der Zeit etwas lernen.« Mit einem leichten Lächeln setzte er hinzu: »Zum Beispiel, wie man links und rechts auseinanderhält. Das mit dem Menuett muss doch hinzukriegen sein.«
    Wie bitte? Um Gottes willen - nicht schon wieder Tanzunterricht!
    »Vergebene Liebesmüh«, sagte Plusterlippe.
    »Ich muss meine Hausaufgaben machen«, sagte ich so unfreundlich wie möglich. »Außerdem ist morgen mein Shakespeare-Aufsatz fällig.«
    »Dabei kann ich dir auch helfen«, sagte Gideon und sah mich an. Seinen Blick konnte ich nicht deuten, für jemanden, der ihn nicht kannte, mochte er vielleicht unschuldig wirken, ich aber wusste es besser.
    Charlotte lächelte zwar immer noch, aber jetzt ohne die niedlichen Grübchen.
    Mr George zuckte mit den Schultern. »Von mir aus. Dann ist Gwendolyn nicht so allein und muss sich nicht furchten.«
    »Ich bin eigentlich ganz gern mal allein«, sagte ich verzweifelt. »Vor allem, wenn ich den ganzen Tag unter Leuten war, so wie heute.« Unter saublöden Leuten.
    »Ach ja?«, fragte Charlotte spöttisch. »Und so richtig allein bist du ja auch nie, du hast ja immer noch all deine unsichtbaren Freunde, nicht wahr?«
    »Genau«, erwiderte ich. »Gideon, da würdest du nur stören.«
    Geh lieber mit Charlotte ins Kino. Oder gründet von mir aus einen Buchklub!
    Dachte ich. Aber meinte ich das wirklich? Auf der einen Seite wollte ich nichts dringender, als mit meinem Großvater zu sprechen und nachfragen, was er über den grünen Reiter herausgefunden hatte. Auf der anderen Seite tauchten in meinem Hirn vage Erinnerungen an diese
Ohhh
und
Mmmh
und
Mehr
vom Vortag auf.
    Mist! Ich musste mich zusammenreißen und an all das denken, was ich so verabscheuungswürdig an Gideon gefunden hatte.
    Doch der ließ mir keine Zeit dazu. Er hielt mir und Mr George bereits die Tür auf. »Komm schon, Gwendolyn! Auf ins Jahr 1953!«
    Ich war ziemlich sicher, dass Charlottes Blicke mir Löcher in den Rücken gebrannt hätten, wenn sie gekonnt hätte.
    Auf dem Weg hinunter ins alte Alchemielabor verband Mr George mir - nicht ohne sich vorher dafür zu entschuldigen - die Augen und nahm dann seufzend meine Hand. Gideon musste meine Schultasche tragen.
    »Ich weiß, dass Mr Giordano kein einfacher Mensch ist«, sagte Mr George, als wir den Abstieg über die Wendeltreppe hinter uns hatten. »Aber vielleicht kannst du dir trotzdem ein bisschen Mühe mit ihm geben.«
    Ich ließ ein lautes Schnauben hören. »Er könnte sich ja auch etwas mehr Mühe mit mir geben! Reikimeister, kreativer Schmuckdesigner, Modeschöpfer... was hat er denn bei den Wächtern zu suchen? Ich dachte, das wären alles hochkarätige Wissenschaftler und Politiker.«
    »Mr Giordano ist schon so etwas wie ein bunter Vogel unter den Wächtern«, räumte Mr George ein. »Aber er ist ein brillanter Kopf. Neben seinen exotischen ... nun ja ... Berufen, die ihn im Übrigen zum Multimillionär gemacht haben, ist er ein anerkannter Historiker und . .

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