Saphirtraenen (Gesamtausgabe)
dunklen Gänge des Schlosses führt. Unsere Schritte hallen laut von den Wänden wider und übertönen selbst meine Gedanken.
Als Edan abrupt vor einer Holztür stehen bleibt, wird mir kurz schwarz vor Augen.
„Ich will nicht“, flüstere ich und fühle mich dabei wie ein kleines Kind.
„Bitte.“
Ohne auf meine Worte einzugehen, klopft Edan zwei Mal gegen das braune Holz und öffnet anschließend die Tür.
Ein überwältigender Geruch schlägt mir entgegen. Frisches Brot und gebratenes Fleisch, vermischt mit der unvergleichlichen Süße exotischer Früchte, lassen meinen Magen laut knurren. Beschämt schlage ich die Augen nieder und das Blut gefriert in meinen Adern, als eine unverwechselbare Stimme erklingt:
„Willkommen.“
Ich hebe meinen Kopf und erblicke eine lange Holztafel, die mit reichen Speisen beladen ist. Am Kopfende des Tisches steht eine gebeugte Gestalt, die sich mit einer Hand auf einen Stock stützt und den anderen Arm zu einer einladenden Geste ausgebreitet hat. Eine schwarze Kapuze bedeckt sein Gesicht, und obwohl der Körper gebeugt ist, geht von ihm eine unbestimmte Stärke aus.
Seine machtvolle Aura lässt mich erzittern.
„Edan, wie schön, dass du kommen konntest.“
Ein wütendes Schnauben erklingt und mit einem Seitenblick stelle ich fest, dass Edans Mund zu einer schmalen Linie gepresst ist. Hasserfüllt funkelt er Deargh an.
Dieser ignoriert Edans Zorn vollkommen und deutet auf zwei Stühle, die sich an den langen Seiten des Tisches gegenüberstehen.
„Setzt euch.“
Widerwillig lässt Edan meine Hand los und wir gehen jeweils auf einen Stuhl zu.
Mit einem mulmigen Gefühl stelle ich fest, dass ich mich ohne den Schutz des Halbdämons unglaublich unsicher fühle. Obwohl wir nur durch ein schmales Stück Holz getrennt sind, fühle ich mich Deargh hilflos ausgeliefert und mein anfänglich unbändiger Hunger schlägt in Übelkeit um, während ich die unzähligen Waffen betrachte, welche die Wand hinter Deargh schmücken. Schwerter, Bögen, Lanzen. Ihr tödliches Metall glänzt verräterisch im Licht der Fackeln, die den Raum erhellen.
Hinter Edan hingegen hängt ein riesengroßer Wandteppich, der die Entstehungsgeschichte der Welt darstellt, wenn auch in einer anderen Variante, als ich sie kenne. Hier sind die Dämonen arme, hilflose Wesen, die von unbarmherzigen Gottheiten in das Weltinnere verbannt werden. Schmächtig und kraftlos werden sie dargestellt, wohingegen die Götter furchterregende Kreaturen mit scharfen Zähnen sind.
Kopfschüttelnd lasse ich mich auf meinen Stuhl sinken.
„Selbstverständlich freue ich mich auch über dein Erscheinen, Niamh.“
Völlig unerwartet reißt Deargh mich aus der Betrachtung des Wandteppichs und da ich nicht weiß, was ich antworten soll, nicke ich stumm.
„So wird eine Konversation aber äußert schwierig, meint ihr nicht auch? Wir haben einiges zu bereden, ihr solltet euch also besser am Gespräch beteiligen.“
Der drohende Unterton entgeht weder Edan, noch mir.
„Meine Gastfreundschaft sollte mir schon gedankt werden, finde ich.“
Ich komme nicht umhin, wieder zu nicken.
„Selbstverständlich sind wir dir für dieses reiche Mahl sehr verbunden“, antwortet Edan und ich sehe ihm dankbar in die Augen. Sein Blick streift mich nur kurz, dann inspiziert er die Speisen auf dem Tisch und greift nach einem Laib Brot.
„Bedient euch“, knurrt Deargh und lässt sich auf seinem Stuhl nieder. Unsicher betrachte ich die verschiedenen Teller, die über den Tisch verteilt sind. Gebratene Hühner, Schweine, Kühe und Eidechsen duften um die Wette. Fische und Eier fehlen genauso wenig wie Brot und diverse Früchte, die in bunten Farben verführerisch leuchten. Viele von ihnen habe ich noch nie in meinem Leben gesehen.
Noch immer liegt die Furcht schwer in meinem Magen, aber das warme Essen lässt das Wasser in meinem Mund zusammenlaufen.
Da ich nicht weiß, mit welcher Köstlichkeit ich beginnen soll, greife ich wahllos nach einer der Früchte. Gelb und glänzend liegt sie in meiner Hand. In diesem Moment verfluche ich mich für meine vorschnelle Wahl, denn ich habe keine Ahnung, wie ich diese Frucht zu mir nehmen soll. Während ich misstrauisch die Schale beäuge, um festzustellen, ob sie genießbar ist, klappert Edan übertrieben laut mit einem Löffel, der ihm aus der Hand gefallen ist. Überrascht sehe ich auf und stelle erleichtert fest, dass er die gleiche exotische Frucht in der Hand hält, wie ich. Ohne zu zögern
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