Satans Erbe (German Edition)
davonzuschleichen?«
Lisa schnellte herum. Bevor sie reagieren konnte, sah sie, wie alle Farbe aus dem Gesicht ihres Onkels wich und er mit offenem Mund auf ihren Begleiter starrte.
»Ahriman?«
Im nächsten Moment blieb sogar ihr glatt der Mund offen stehen. Ungläubig verfolgte sie, wie sich die Männer in die Arme fielen. Ihr ursprünglicher Plan kam ihr schlagartig in den Sinn. Wie hatte sie ihre Fluchtgedanken auch nur für eine Sekunde vergessen können?
Jetzt oder nie! Sie trat langsam einen Schritt zurück, da spürte sie eine Hand, die sich sachte, aber energisch um ihr Handgelenk schloss.
60.
Schloss Thun
Thun, Schweiz
23. Oktober 1982
S eit Tagen fuhr ich täglich hinaus und beobachtete das Grundstück. Ich wollte sehen, ob sich eine Gelegenheit bot, meine Geldquelle neu anzuzapfen. Leider war mein Vorhaben vor Jahren gründlich schiefgegangen, als ich Bennis Eltern beseitigt hatte und mir erhoffte, die Schickimickis ordentlich unter Druck setzen zu können, um an Bares zu kommen. Ob sie Thomas je im Gebüsch gefunden hatten?
Ich erwartete ein Kommen und Gehen von Geschäftspartnern, die Arno sprechen wollten oder von Jugendlichen, die Lisa besuchten, doch hauptsächlich starrte ich auf diesen dürren Gärtner John und kam zu der Ansicht, dass Lisa und Benni nicht mehr hier wohnten und Arno seine Tochter in ein Internat abgeschoben hatte.
Bis die beiden eines Morgens aus der Villa traten.
Ich leckte mir über die Lippen und mein Plan gewann Form. Am Bahnhof von Interlaken hörte ich, wie Benni Karten nach Thun löste, und nahm die Verfolgung auf. Gelassen lehnte ich an einem Laternenmast direkt auf dem Bahnhofsvorplatz von Thun. Hinter mir parkten Autos, vor mir verschluckten Busse Touristen und durch den Haupteingang wuselten Menschen wie Ameisen. Dennoch war ich sicher, sie zu entdecken. Ich grinste, als Benni und Lisa den Vorplatz betraten und in einen wartenden Bus einstiegen.
Ich drängte mich am anderen Ende zwischen die Passagiere und trottete hinter ihnen den Schlossberg hinauf. Benni hatte sich verändert und sah nicht unbedingt glücklich aus. Der Designergürtel drückte in seinen Bauchansatz und sein Gang war nicht mehr so sportlich und federnd wie damals in Frankfurt nach unserem ersten Fick. Lisa dagegen sah zum Anbeißen aus. Sie war kurz davor, zu einem Teenager heranzuwachsen. Als sie sich die Jacke um die Hüften band, konnte ich ihren Brustansatz unter dem engen Oberteil erkennen. Die blonden Haare fielen weich auf ihren Rücken. Nur ihr Gehopse verriet ihr wahres Alter, ich schätzte sie auf zwölf.
Im Innenhof des Schlosses mischte ich mich unter einige Ausflügler, leider Japaner, sodass ich extrem auffallen musste, weil ich herausragte. Doch meine Sorge war unbegründet. Der Körpersprache nach zu urteilen, redete Benni auf die Kleine ein und Lisa schien eindeutig etwas vorzuhaben. Sie warf verstohlene Blicke zu den Schulklassen hinüber, als suchte sie nach einer Person … oder nach einer Möglichkeit, dem Museumsbesuch zu entkommen.
Sie denkt wie ich, schoss es mir durch den Kopf und ich blieb stehen, als die beiden den ersten Ausstellungsraum betraten. Es dauerte eine ganze Weile und ich rügte mich bereits, dass ich Lisa falsch eingeschätzt hatte, da huschte sie aus einer Tür und schloss sich einer Gruppe Touristen an.
Dieses kleine listige Luder!
Ich folgte ihr bis zu einem Brunnen im Innenhof. Sie brauchte noch gehörig Nachhilfe. Ich schlenderte auf sie zu, allerdings beachtete sie mich nicht. Mit einem so jungen Mädchen hatte ich bislang nie das Vergnügen.
»He, träumst du?«
Lisa sprang auf, wollte flüchten, doch ich verstellte ihr den Weg. Ihr Mienenspiel verriet ihre Gedanken, während sie mein Gesicht studierte.
»Was wollen Sie von mir?«
Dich! »Du sahst so versunken aus und da dachte ich mir, ich frag mal, wovon du träumst.«
Lisa begann zu lachen und ich spürte in diesem Moment ohne Zweifel, dass sie genau die Richtige war. Wenn nicht sie, wer dann?
Ich streckte ihr eine Hand entgegen.
Ihre kühle, zarte Haut, ihr unschuldiger Blick, ihre blauen Augen, der gekonnte, ungekünstelte Augenaufschlag, brachten mich an den Rand der Versuchung. Ich fuhr mit dem Daumen über ihren Handrücken und ein Kribbeln durchströmte mich.
Sie träumte also von Freiheit. Die würde ich ihr beschaffen, ganz sicher.
61.
Villa Felthen
Interlaken, Schweiz
30. Oktober 1982
N achdem Benni Lisa das Versprechen abgenommen hatte, ihn
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