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Satori - Winslow, D: Satori - Satori

Titel: Satori - Winslow, D: Satori - Satori Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Don Winslow
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smaragdgrüne Berge erhoben sich auf der anderen Seite des braunen, schlammigen Mekong. Die Szenerie strahlte große Ruhe aus und stand in krassem Gegensatz zu den Kisten voll tödlicher Waffen, die nur wenige hundert Meter flussaufwärts auf den Flößen warteten.
    Nikolai biss ein weiteres Mal in sein Croissant und las die Zeitung, eine Ausgabe des Journal d’Extrême-Orient , eine Woche alt. Er hatte seit mehreren Monaten keine Nachrichten mehr gehört, war aber kaum überrascht, dass sich wenig verändert hatte. Die Verhandlungen zur Beendigung des Konflikts in Korea schleppten sich weiter dahin, die Viet Minh hatten die Franzosen in der Nähe von Hoa Binh im Norden geschlagen, und ein kambodschanischer Nationalist hatte den Abzug der französischen Streitkräfte gefordert, dann aber fliehen müssen. Im Editorial wurde er gleichzeitig als Kommunist und als CIA-Agent gebrandmarkt. In Saigon hatte Marionettenkaiser Bao Dai eine Delegation von französischen Filmschaffenden begrüßt und – 
    Fast hätte er den Namen in der langweiligen Liste der Delegationsmitglieder überlesen: Françoise Ariend, Michel Cournoyer, Anise Maurent …
    Solange Picard.
    Solange war nicht in Tokio, sondern in Saigon. Als Angehörige einer französischen Filmdelegation. Interessant.
    Saigon, dachte er.
    Wirklich interessant, so ein Zufall.
    Haverford muss mich für einen Idioten halten.
    Nikolai ging die Straße hinauf zu einem Herrenausstatter.
    Die Nachmittagshitze war auf ihrem Höhepunkt – die Luft war beinahe schon nass, so sehr versprach sie Regen. Die Trockenzeit in Südostasien würde bald vorbei sein, nicht mehr lange und der Monsun würde beginnen. Bei einer Temperatur von mindestens achtunddreißig Grad und extrem hoher Luftfeuchtigkeit war Nikolais Hemd bereits schweißnass, als er den Laden betrat. Er kaufte drei Baumwollhemden, zwei Leinenhosen, einen weißen Leinenanzug, ein Paar Halbschuhe und einen Panamahut und ließ sich alles ins Hotel schicken. Dann ging er in ein weiteres Geschäft und kaufte einen anständigen Reisekoffer. Jetzt müsste er nur noch packen und auf das Selbstmordkommando pfeifen, die Waffen nicht nach Südvietnam bringen, sondern stattdessen nach Saigon fahren und in die Falle tappen, die ihm die Amerikaner mit Solange als Köder gestellt hatten.
    Er sah das go-kang , die Steine bewegten sich, und er sah seinen Weg.
    Aber er konnte es nicht und er wusste, dass er es nicht konnte.
    Er hatte Yu sein Wort gegeben, er musste den Agenten der Viet Minh kontaktieren.

99
    Nikolai saß in einer Rikscha und fuhr die Sisavangvong Road hinunter.
    Am Rande des traditionellen »Nachtmarkts«, einem Freiluftbasar mit Hunderten kleiner Stände, an denen süße Klebreisbällchen, getrockneter Fisch, dampfend heißer Tee und ein Dutzend Delikatessen verkauft wurden, die Nikolai nicht kannte, ließ er sich absetzen. An anderen Ständen wurden zarte Sonnenschirmchen, grellbunte Papierlaternen, Baumwollhemden, Hosen, Sandalen, Kerzen und kleine Buddhastatuen feilgeboten.
    Die intensiven Düfte, Eindrücke und Geräusche bildeten einen berauschenden Kontrast zur Eintönigkeit der langen Flussfahrt. Die Händler priesen laut schreiend die Vorzüge ihrer Waren oder feilschten mit Käufern, der stechende Geruch der Kohlefeuer konkurrierte mit den Aromen der köchelnden Chilisaucen in den offenen Woks, und alles in allem bot das vielfältige Angebot selbst noch im Laternenlicht der dunklen Gassen einen überwältigenden Anblick.
    Nikolai bahnte sich mühelos einen Weg durch die Menge. Obwohl er mindestens einen Kopf größer war als die meisten Einkaufenden, fiel er dennoch nicht besonders auf, denn die Laoten waren an die französischen Kolonialherren gewöhnt und Nikolai sah aus und benahm sich wie einer.
    Er kam an einen Stand, an dem lebendige Vögel verkauft wurden. Die Vögel waren hübsch und viel zu klein, um gegessen zu werden. Er entschied sich für einen mit grellem blau-grünem Federkleid, band ihn los und ließ ihn in die Nacht hinausfliegen, allerdings ohne das buddhistische Gebet, das befreite Vögel normalerweise mit sich tragen.
    Dann schlenderte er weiter über den Markt, trank einen heißen grünen Tee, erstand ein paar Kleinigkeiten und probierte gebratenen Fisch in scharfem Chiliöl mit Koriander. Er hatte noch nicht ganz aufgegessen, als ein Mann sich an ihn heranschob und ihm leise auf Französisch zuraunte: »Folgen Sie mir.«
    Sie verließen den Markt über eine schmale Gasse, und Nikolais

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