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Satori - Winslow, D: Satori - Satori

Titel: Satori - Winslow, D: Satori - Satori Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Don Winslow
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bereit zu arbeiten«, sagte sie.
    Madame betrachtete sie skeptisch. »Warum jetzt, chérie ?«
    »Warum nicht, Madame?«, erwiderte Solange. »Warum die Realitäten des Lebens weiter verdrängen?«
    »Das wird deiner Mutter nicht gefallen.«
    Es gefiel Marie nicht. Sie schrie, sie jammerte, sie heulte. »Ich wollte dieses Leben nicht für dich. Aus dir sollte etwas Besseres werden.«
    Das wollte ich auch, dachte Solange.
    Aber das Leben hat anders entschieden.
    Madame Sette war natürlich hocherfreut und beschloss, ein großes Ereignis daraus zu machen. Eine ganze Woche lang kündigte sie die Versteigerung von Solanges Jungfräulichkeit an. Das Mädchen sollte einen hohen Preis erzielen.
    »Du bekommst die Hälfte«, erklärte ihr Madame. »Das ist mehr, als ich normalerweise zahle.«
    »Die Hälfte ist wunderbar«, erwiderte Solange.
    »Leg es beiseite, verschwende es nicht«, riet ihr Madame. »Bring deine Ersparnisse auf die Bank, arbeite hart, dann kannst du eines Tages einen kleinen Laden eröffnen. Eine Frau sollte ihr eigenes Geld haben, ihr eigenes Geschäft.«
    »Ja, Madame.«
    Der große Abend kam und der Salon war vollgepackt mit deutschen Offizieren. Die meisten ortsansässigen Franzosen wollten nichts damit zu tun haben und jene, die dazu bereit gewesen wären, hatte man durch Gerüchte abgeschreckt, die Résistance würde nicht zimperlich mit denjenigen verfahren, die für die Jungfräulichkeit des Mädchens eines Märtyrers boten.
    Solange ließ sich von Madame für den Anlass herausputzen.
    Das weiße durchsichtige Kleid, die geschmacklose Parodie eines Hochzeitskleids, verbarg wenig, die weiße Kopfbedeckung aus Spitze saß sanft auf ihrem Haar, das ihr offen und glänzend über den Rücken fiel und die Aura der Jungfräulichkeit unterstrich. Sie war leicht und zurückhaltend geschminkt, ein bisschen Kajal, um ihre schönen Augen etwas größer wirken zu lassen, und nur ein Hauch Rouge, wie es sich für eine junge Braut ziemte.
    Solange spürte Ekel in sich aufsteigen.
    Ekel, als Madame darauf bestand, sie zu untersuchen und sich ihrer Unberührtheit zu vergewissern; Ekel, als sie für die zeremonielle Farce angekleidet wurde; Ekel, als sie im »Brautzimmer« saß und sich auf das Ereignis vorbereitete; Ekel, als sie in das Zimmer geführt wurde und alle Männer augenblicklich verstummten. Ekel, als Madame das sehr hoch angesetzte Anfangsgebot verkündete, das sehr rasch stieg, da die Männer bereit waren, ein kleines Vermögen für das auszugeben, was sie unter dem Hochzeitskleid zu erkennen glaubten.
    Höger saß schweigend da, seine Stellung und Autorität sprachen für sich selbst. Er ließ die Gebote in nie dagewesene Höhen steigen, dann hob er den Zeigefinger seiner Rechten. Damit endeten die Gebote. Niemand, und schon gar nicht einer der ihm untergebenen Offiziere, hatte den Mut, den Leiter der örtlichen Gestapo zu überbieten.
    Madame zählte schnell bis drei und schloss ab.
    Höger nahm Solange am Arm und führte sie den Gang hinunter ins »Brautzimmer«. Er entkleidete sie, warf sie aufs Bett und nahm sie.
    Solange stöhnte. Sie ächzte vor Wollust, nannte ihn ihren Mann, bat ihn, fester zuzustoßen, sagte ihm, er sei wunderbar, wunderbar. Sagte, wenn sie es doch nur gewusst hätte, hätte sie sich ihm früher hingegeben, jederzeit. Sie wand und krümmte sich, schrie laut, als sie kam.
    »Du wunderschönes Geschöpf«, keuchte er. »Ich hatte keine Ahnung.«
    Sie stöhnte. »Das war unglaublich.«
    Er schloss die Augen und machte sich erneut über sie her, allein auf seine Begierde konzentriert.
    Sie griff unter die Matratze nach dem Messer, das Reynaud ihr gegeben hatte, und schlitzte ihm die Kehle auf.
    Die Résistance schaffte sie aus dem Bordell und versteckte sie auf der Ladefläche eines Getreidelasters nach Marseille.
    In den Bordellen dort gab es mehr als genug Arbeit für sie. Ihre Aufgabe war es, den Deutschen, die dort ein- und ausgingen, zuzuhören und scheinbar Nebensächliches aufzuschnappen, woraufhin Züge entgleisten, Nachrichten abgefangen wurden und Widerstandskämpfer entkamen, kurz bevor die Gestapo sie verhaften konnte. Und wenn ein Offizier in seinem Lieblingscafé oder draußen vor der Wohnung seiner Geliebten erschossen wurde – umso besser.
    Solange kehrte nie wieder in ihre Heimat zurück.
    Im Hungerwinter 1946 arbeitete sie erneut in dem einzigen Gewerbe, das sie beherrschte, und wurde die Geliebte eines amerikanischen Offiziers. Als er wieder nach Hause

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