Saturn
dem Herzen, Manny?« fragte sie und
führte ihn an einer Reihe von Labortischen und blitzblanker
Ausrüstung aus Kunststoff und Metall vorbei.
»Dich«, sagte er.
Cardenas setzte sich auf einen hohen Drehstuhl und wies
Gaeta einen harten, unbequemen Stuhl zu. Er zog es jedoch
vor, stehen zu bleiben.
»Dann denkst du also…« ‒ sie schaute auf die Uhr an der
gegenüberliegenden Wand ‒ »um halb eins in der Früh nur an
mich.«
Gaeta verschränkte die Arme über der Brust. »Komm schon,
Kris, lass den Quatsch. Holly sagte mir, dass du über sie und
über Nadia Bescheid wüsstest.«
»Ich kann mir vorstellen, dass du bei deinen Kumpels mit
deinen Trophäen hausieren gehst.«
»Ich habe niemandem auch nur ein Wort gesagt. Du bist in
der gleichen Umgebung wie ich aufgewachsen und hast
gelernt, den Mund zu halten.«
Sie musterte ihn mit einem Ausdruck des Unglaubens. Aber
da war noch etwas anderes, sagte er sich. Neugier? Vielleicht
sogar Bedauern?
»Du sollst nur wissen«, sagte er, »dass du der einzige
Mensch bist, der mir etwas bedeutet. Du bist der Einzige, den
ich nicht verlieren will.«
Das traf sie unvorbereitet. »Du beliebst zu scherzen!«
»Das ist kein Scherz, Kris«, sagte er. »Das habe ich in meinem
ganzen Leben noch zu niemandem gesagt. Ich glaube, dass ich
dich liebe.«
Cardenas setzte zu einer Antwort an; dann schloss sie den
Mund wieder und presste die Lippen zusammen.
»Das ist mein voller Ernst«, sagte Gaeta. »Das habe ich bisher
noch zu niemandem gesagt.«
»Ich hätte nicht geglaubt, dass das jemals noch jemand zu
mir sagen würde«, erwiderte sie schließlich so leise, dass er sie
kaum hörte.
Ruth Morgenthau wäre lieber ins Bett gegangen, aber sie hatte
den Auftrag, Videos anzuschauen und aufgezeichnete
Telefongespräche abzuhören. Eberly wollte unbedingt
Ergebnisse sehen, und sie war entschlossen, das gesamte
Material durchzugehen, das Vyborg über die Kommunikation
von Professor Wilmot zusammengestellt hatte. Also setzte sie
sich in ihren gemütlichen Liegesessel und widerstand dem
Drang, ihn umzulegen und einzuschlafen. Ich habe schon zu
viel auflaufen lassen, sagte sie sich. Ich muss den ganzen Kram
abarbeiten, sonst nimmt es noch überhand.
Eigentlich könnte Vyborg das doch übernehmen, sagte sie
sich, während die Zeit träge verstrich. Er hat schließlich die
Wanzen angebracht, und seine Leute haben die Kameras in
Wilmots Unterkunft und Büro installiert. Wieso wühlt er sich
nicht durch diesen Mist? Aber sie wusste die Antwort schon:
Falls Vyborg etwas fand, würde er sich bei Eberly profilieren.
Morgenthau schüttelte gewichtig den Kopf. Nein, so geht das
nicht. Wenn irgend jemand Wilmot zu Fall bringt, dann muss
ich es sein. Eberly muss sehen, dass ich es getan habe. Kein
anderer außer mir.
Sie machte sich Sorgen wegen Eberlys Engagement für ihre
Sache. Ihm scheint es wichtiger zu sein, seine Eitelkeit zu
pflegen, als sich für die Belange der Heiligen Jünger
einzusetzen. Gewiss, er ist Amerikaner, und die sind
schließlich alle narzisstische Individualisten, aber er unterliegt
dennoch den Geboten ihrer Neuen Moralität.
Noch ein Grund, die Sache selbst zu erledigen, sagte sie sich.
Wenn ich ihm etwas bringe, das er gegen Wilmot verwenden
kann, wird Eberly sehen, dass er mich braucht. Vyborg und
dieser Mörder Kananga sind zwar in mancherlei Hinsicht
nützlich für ihn, aber ich muss ihm klar machen, dass er von
mir abhängig ist. Ein Wort von mir könnte ihn ins Gefängnis
zurückschicken, aber er behandelt mich wie eine seiner
Untergebenen. Andrerseits ist er clever genug, um zu wissen,
dass ich das niemals tun würde. Wenn ich ihn abschieße,
würde das nämlich das Ende der ganzen Mission bedeuten.
Dann würden Urbain oder dieser bärbeißige Russe zum
Anführer des Habitats gewählt, und ich hätte auf der ganzen
Linie versagt.
Eberly respektiert meine Fähigkeiten nicht. Er hält mich für
faul und inkompetent. Nun gut, wenn ich ihm Wilmot ans
Messer liefere, wird er seine Meinung über mich schon ändern
müssen.
Morgenthau betete still um Hilfe und Erfolg. Lass mich
etwas finden, das wir gegen Wilmot verwenden können,
betete sie. Zum größeren Ruhme Gottes, lass mich einen Weg
finden, den Professor in die Knie zu zwingen.
Erhört wurde ihr Flehen aber erst, nachdem sie Wilmot
stundenlang an seinem Schreibtisch observiert, seine
Telefongespräche belauscht und die Berichte gelesen
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