Saturn
Nachmittag.«
»Vierzehnhundert Uhr«, schlug Kananga vor.
»Wir sollten es früher erledigen«, sagte Vyborg, »wenn die
meisten Leute beim Mittagessen sind.«
»Ja«, pflichtete Kananga ihm bei. »Sagen wir zwölf-
hundertdreißig.«
»Gut.«
Vyborg lächelte erleichtert.
»Das gefällt mir ganz und gar nicht«, sagte Eberly.
»Aber es muss getan werden.«
»Ich weiß. Deshalb helfe ich euch ja.«
»Uns helfen?«, fragte Vyborg. »Was tun Sie denn schon, um
uns zu helfen? Der Oberst hier tut, was getan werden muss.
Sie sitzen doch nur in Ihrem Büro und verschaffen sich
dadurch ein Alibi.«
Eberly schaute kalt auf Vyborg hinab. »Ich will Ihnen sagen,
weshalb ich im Büro sitze: Ich werde Holly Lanes Dossier
frisieren. Und zwar dahingehend, dass sie emotional instabil
ist und sogar schon einen Selbstmordversuch hinter sich hat.«
Kananga lachte laut. »Eine sehr gute Idee. Dann wird ihr
Verschwinden keinen Verdacht erwecken.«
»Sorgt nur dafür, dass ihre Leiche nicht gefunden wird«,
sagte Eberly schroff.
»Das wird sie schon nicht«, sagte Kananga, »es sei denn, es
würde jemand in einen Raumanzug steigen und ein paar
Millionen Kubikkilometer Weltraum absuchen wollen.«
19 Tage bis zur Ankunft
Holly und Eberly gingen an den ordentlichen Baumreihen des
Gartens vorbei zu der Stelle am Bewässerungskanal, wo sie
Don Diego gefunden hatte. Holly brauchte weder eine Karte
noch einen Routenplaner; sie erinnerte sich noch genau an den
Ort.
»Was hat Kananga denn herausgefunden?«, fragte sie.
Eberly hob die hängenden Schultern. »Ich weiß nicht. Er
sagte, er wolle nicht am Telefon darüber sprechen.«
»Muss etwas Wichtiges sein«, sagte sie und beschleunigte
ihre Schritte.
»Muss es wohl.« Eberly berührte den Palmtop in der
Brusttasche des Gewands. Er wartete auf einen Anruf von
Vyborg, der ihm einen Vorwand lieferte, Holly zu verlassen
und ins Büro zurückzugehen. Wieso ruft er nicht an? Will er
etwa dafür sorgen, dass ich persönlich in diese Sache
verwickelt werde? Will er mich zum Zeugen von Hollys
Ermordung machen? Zum Komplizen?
Holly fiel seine Nervosität nicht auf. »Ich frage mich, worum
es sich wohl handelt?«
»Worum es sich wobei handelt?«, fragte Eberly mit
wachsender Ungeduld.
»Um das, was Kananga gefunden hat.«
Deinen Tod, erwiderte er stumm. Er wird dich töten und
mich daran teilhaben lassen.
»Warten Sie«, sagte Eberly und fasste Holly am Arm.
»Was ist denn, Malcolm?«
Er blieb stehen und spürte, wie kalter Schweiß über der
Oberlippe und auf der Stirn perlte und am Körper
hinunterlief. Ich kann das nicht tun, sagte er sich. Ich darf
nicht zulassen, dass sie mich so tief in diese Sache
hineinziehen.
»Holly, ich…« Was sollte er sagen? Wie soll ich aus dieser
Sache herauskommen, ohne ihr alles zu sagen?
Sein Palmtop summte. Fast ekstatisch vor Erleichterung
fischte Eberly ihn aus der Tasche des Gewands und klappte
ihn auf.
Statt Vyborgs dunklem, griesgrämigem Gesicht erschien
jedoch Morgenthau auf dem winzigen Monitor. Sie lächelte
breit. »Ich habe was gefunden«, sagte sie ohne Umschweife.
»Seine Unterhaltungsvideos. Sie sind…«
»Ich bin mit Holly draußen im Garten«, unterbrach er sie in
einem gekünstelten Kasernenhofton, der dicht unterhalb der
Schwelle zum Brüllen lag. »Was haben Sie herausgefunden? «
Morgenthau schaute im ersten Moment pikiert, schien sich
dann aber einen Reim darauf zu machen. »Es handelt sich um
einen wichtigen Durchbruch«, sagte sie. »Zu kompliziert, um
es am Telefon zu besprechen. Ich muss es Ihnen in allen
Einzelheiten zeigen, damit Sie sie mit Professor Wilmot
erörtern können.«
»Ist es denn dringend?«, fragte er.
»O ja, sogar sehr dringend.« Morgenthau verstand den
imaginären Wink mit dem Zaunpfahl. »Ich schlage vor, dass
Sie sofort in mein Büro kommen. Die Sache kann nicht
warten.«
»Also gut«, sagte er scharf. »Wir treffen uns in Ihrem Büro.«
Er schaltete den Palmtop aus und schaute zu Holly auf. »Ich
muss leider umkehren. Treffen Sie sich schon einmal mit
Kananga. Ich werde so bald wie möglich nachkommen.«
Holly war offensichtlich enttäuscht, aber sie nickte
verständnisvoll. Wortlos machte Eberly kehrt und ging schnell
zum Dorf zurück, wobei er beschwingt zwischen den Bäumen
hindurchschritt. Verwirrt drehte Holly sich um und ging zum
Bewässerungskanal weiter. Dann wurde sie sich bewusst, dass
sie Kananga allein gegenübertreten
Weitere Kostenlose Bücher