Saturn
verletzten Astronauten im Arm.
»Hast du alles aufgenommen?«, fragte Gaeta, wobei seine
Stimme vom Anzug zu einem Dröhnen verstärkt wurde.
»Waren die Kameras alle an?«
»Ja, ja«, sagte Fritz. Er klang ungehalten. »Du wirst schon auf
allen Nachrichtenkanälen erscheinen, nur keine Sorge.«
Drei Sanitäter in weißen Overalls kamen durch den Gang zur
Luftschleuse geeilt, gefolgt von einer selbst fahrenden Trage
und einer Art Rettungswagen. Sie zogen dem Verletzten
schnell den Helm aus, klatschten ihm eine Sauerstoffmaske
aufs Gesicht, schälten ihn aus dem Anzug und stachen ihm
eine Kanüle in den Arm. Dann transportierten sie ihn zur
Krankenstation im Dorf ab.
Holly wandte sich an Gaeta, der noch immer im massiven
Anzug steckte.
»Du hast ihm das Leben gerettet«, sagte sie und schaute zu
ihm auf. Sie vermochte sein Gesicht durchs stark getönte
Visier kaum zu erkennen.
»Er hat für eine schöne Publicity gesorgt«, sagte Fritz mit
einer gewissen Schärfe in der Stimme.
»Er hat sein Leben riskiert, um einen Menschen in Not zu
retten«, entgegnete Holly.
»Ja, er hat sein Leben riskiert«, sagte Fritz mit einem beinahe
empörten Schnaufen. »Und er hat auch den Anzug riskiert,
der 'zig Millionen wert ist.« Er schaute zu Gaeta auf und fügte
hinzu: »Einen Draufgänger finden wir immer wieder; den
Anzug zu ersetzen wäre aber nicht so leicht. Oder so billig.«
Gaeta lachte; es klang wie Donner, der von den
Metallwänden des Korridors widerhallte. »Komm schon, Fritz,
gehen wir in die Werkstatt, damit ich endlich aus dieser
Blechbüchse rauskomme.«
Holly ging neben Gaeta her, die Tupperdose mit dem Chili
in der Hand. Es war inzwischen eiskalt. Gaeta stapfte durch
den Gang wie ein martialischer Roboter in einem schlechten
Video, auf der anderen Seite flankiert von Fritz. Die Techniker
liefen hinterher.
Schließlich erreichten sie die Werkstatt, und die Techniker
öffneten die Luke im Rücken des Anzugs. Gaeta kroch heraus,
richtete sich auf und streckte befreit die Arme über den Kopf.
Holly hörte Wirbel knacken.
»Verdammt, tut das gut«, sagte er lächelnd.
Sie trat näher an ihn heran und sah, dass seine Kleidung
völlig durchgeschwitzt war. Er roch wie alte Käsesocken.
Gaeta sah ihren Gesichtsausdruck. »Ich sollte wohl erst mal
duschen, was?«
Fritz grollte ihm noch immer. »Ein Weltraumspaziergang
war nicht eingeplant. Du hättest das nicht tun dürfen. Was,
wenn die Antriebseinheit versagt hätte? Sie war noch nicht für
die Flugzulassung getestet.«
Gaeta grinste ihn an. »Fritz, jetzt ist sie getestet. Es hat alles
bestens funktioniert. Sei doch nicht so ein miesepetriger
fregado. Außerdem hätte ich den Mann dort draußen doch
nicht seinem Schicksal überlassen können.«
»Trotzdem hattest du kein Recht…«
»Lass gut sein, Fritz. Es ist vorbei, und dem wertvollen
Anzug ist auch nichts passiert.« Dann sagte er an Holly
gewandt: »Warte noch ein paar Minuten, Mädchen. Ich muss
erst mal duschen und frische Klamotten anziehen.«
Er ging ins Bad am hinteren Ende der Werkstatt und pfiff
dabei ‒ ziemlich falsch ‒ eine Melodie. Holly sah, dass die
Techniker sich dem Anzug widmeten, die Systeme
überprüften und sie der Reihe nach abschalteten.
Gaeta kam zurück ‒ er trug einen frischen Overall, und das
nasse Haar war zurückgekämmt.
»Wo gehen wir essen?«, fragte er. »Ich bin schon am
Verhungern.«
Fritz warf einen Blick auf die Armbanduhr. »Die Restaurants
haben alle schon geschlossen. Wir werden in unseren
Quartieren essen müssen.«
Holly hob die Tupperdose hoch. »Ich habe noch Chili, aber
es muss erst wieder aufgewärmt werden.«
»Chili! Lecker!«, sagte Gaeta.
»Es reicht aber nicht für uns alle«, sagte Holly mit einem
Blick auf Fritz und die anderen Techniker.
Gaeta fasste sie am Arm und ging mit ihr zur Tür des Labors.
»Aber für uns beide reicht es doch, oder? Diese Clowns sollen
selbst sehen, wie sie zu ihrem Abendessen kommen.«
Holly ließ sich von ihm auf den Gang hinausführen, ohne
sich noch einmal zu den anderen umzudrehen. Das werde ich
Malcolm melden müssen!, sagte sie sich.
Charles Nicolas war ein rundlicher, kinnloser, kleiner Mann,
der das Talent hatte, selbst in einem legeren Hemd und einer
bequemen Hose korrekt gekleidet zu wirken. Als Leiter der
Nachtschicht im Kommunikations-Büro hatte er Gaetas
Heldentat fasziniert mitverfolgt.
Seine Assistentin, Elinor, war auch seine Frau.
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