Saturn
ganzen Weg bis zum Saturn
begleiten müssen.«
»Wer, zum Teufel, sollte denn ein Schiff schicken, um mich
abzuholen?«, murmelte er. »Ich bin nur ein popeliger
Ingenieur, ein verdammter Arbeitssklave, mehr nicht.«
Holly holte Luft. »Mr. Tavalera, ich bin zwar auch keine
Heilige, aber ich würde es begrüßen, wenn Sie sich einer etwas
gewählteren Ausdrucksweise befleißigten.«
Er schaute sie von der Seite an. »Eine Gläubige?«
»Eigentlich nicht. Ich bin keine Kirchgängerin.«
»Die verd… äh, ich meine, es war die Neue Moralität, die
mich überhaupt erst hierher geschickt hat. Ich musste einen
zweijährigen Zivildienst leisten. Hatte keine andere Wahl.«
»Ich verstehe.«
»Wirklich? Ich hatte nur noch ein paar Wochen, und dann
hätte man mich nach Hause gebracht. Und nun fliege ich zum
verd… zum Saturn, um Himmels willen!«
Holly wies auf den Panoramablick übers Dorf und die
liebliche grüne Landschaft des Habitats. »Es gibt schlimmere
Orte, wissen Sie. Vielleicht wird es Ihnen hier sogar gefallen.«
»Ich habe auf der Erde Familie. Freunde. Ich wollte mein
Leben wieder auf die Reihe bringen…« Seine Stimme erstarb.
Holly sah, dass er sich beherrschen musste, um nicht
auszuflippen.
»Sie können ihnen doch Mitteilungen schicken. Und wir
könnten hier eine sinnvolle Arbeit für Sie suchen. Sie werden
das Leben hier genießen, wollen wir wetten?«
Tavalera schaute sie finster an.
»Ich weiß, dass es Ihnen wie eine schreckliche Katastrophe
vorkommen muss«, sagte Holly so sachlich wie nur möglich,
»aber Sie sind nun einmal hier und sollten versuchen, das
Beste daraus zu machen.«
»Sie haben leicht reden«, sagte Tavalera.
»Wir werden Ihnen auf jede nur erdenkliche Art helfen,
solange Sie hier sind.«
»Wir?«
»Die Leute hier im Habitat. Die Human-Resources-
Abteilung.«
»Schließt das auch Sie mit ein?«
»Ja, ich gehöre auch zur Abteilung Human Resources«,
erwiderte Holly mit einem Nicken.
Tavaleras Miene schien sich etwas aufzuhellen. Aber nur ein
bisschen.
Eberly schritt gemächlich den Pfad entlang, der am Seeufer
verlief. Morgenthau war an seiner Seite.
»Es ist gut, einmal im Freien zu sein«, sagte er. »Ohne
neugierige Blicke und gespitzte Ohren.«
»Man spioniert Ihnen nach?«, fragte Morgenthau. Sie wusste,
dass es ein Leichtes war, moleküldünne Mikrofone an Wände
und Decken zu sprühen. Und tropfengroße Kameras konnte
man fast überall installieren.
»Wahrscheinlich nicht. Wilmot vermag sich in seiner
Naivität nicht einmal vorzustellen, was wir tun. Aber es ist das
Beste, sich gegen alle Eventualitäten zu wappnen, meinen Sie
nicht auch?«
»Wir haben ein Problem mit Vyborg«, sagte sie, als ob sie
eine Ankündigung machte.
»Er ist ungeduldig, ich weiß.«
»Er ist mehr als nur ungeduldig«, sagte Morgenthau. »Er
plant eine Gewalttat.«
»Gewalttat?« Eberly verspürte ein flaues Gefühl im Magen.
»Wie meinen Sie das?«
»Er ist nicht gewillt, darauf zu warten, dass Sie die beiden
Männer über ihm in der Kommunikations-Abteilung
absetzen«, sagte Morgenthau gelassen. »Er plant, gegen Sie
vorzugehen.«
»Dieser krumme Hund! Er wird alles vermasseln«, knurrte
Eberly und kämpfte gegen die aufsteigende Furcht an. Wie
vermag ich ihn aufzuhalten?, fragte er sich. Wie vermag ich
ihn daran zu hindern, ohne schwach und unentschlossen zu
wirken? Ich will ihre Loyalität, aber wenn ich versuche, sie zu
bremsen und aufzuhalten, werden sie ohne mich
weitermachen. Und was wird dann aus mir? Wenn wir den
Saturn erreichen, werden sie mich zur Erde zurückschicken.
Wieder ins Gefängnis!
»Ich sage Ihnen, er wird Gewalt anwenden«, sagte
Morgenthau dringlich.
Eberly musste sich mit einer Willensanstrengung daran
hindern, die Hände zu ringen. »Was soll ich tun? Wie soll ich
ihn aufhalten?«
Morgenthau lächelte viel sagend. »Halten Sie ihn nicht auf.«
»Was?«
»Lassen Sie ihn gewähren. Sorgen Sie nur dafür, dass man
das, was auch immer er tut, nicht zu uns zurückzuverfolgen
vermag.«
Eberly starrte sie an und versuchte sich einen Reim auf ihre
Worte zu machen.
Morgenthau ging weiter, als ob sie auf einer Promenade
entlang schlenderte. »Wir wollen, dass Vyborg die Leitung der
Kommunikations-Abteilung übernimmt. Wenn er bereit ist,
einen Schritt in diese Richtung zu tun, wieso sollte man ihn
stoppen?«, fragte sie.
»Was, wenn er ein Verbrechen begeht? Was, wenn er
erwischt, gefasst und
Weitere Kostenlose Bücher