Saufit: Von einem, der auszog, nie wieder krank zu werden (German Edition)
Verdächtigen eben. Nun esse ich schon seit Monaten quasi nichts anderes, ohne dass dies meiner Testosteronproduktion auf die Sprünge geholfen hätte. Fisch zufolge ist auch mäßige sportliche Aktivität hilfreich. Hochleistungssport hingegen nicht – weshalb, so Stanford-Professor Robert Sapolsky, Profifußballer einen unterdurchschnittlichen Testosteronwert aufweisen. Mäßigen Sport betreibe ich ebenfalls schon seit Monaten, also schlägt auch diese Methode bei mir offenbar nicht an.
»Ich hab mal gelesen, dass der Testosteronspiegel allein dadurch in die Höhe schießt, dass man eine Pistole in der Hand hält«, erzähle ich Fisch.
»Das stimmt, aber der Effekt hält nicht lange vor«, sagt er.
Seiner Meinung nach sollten wir eine drastischere Maßnahme ergreifen: Testosteronpräparate.
Der Traum vom Testosteronturbo kann auf eine lange Geschichte zurückblicken. Bereits vor der Entdeckung dieser Substanz war sich die Wissenschaft der Tatsache bewusst, dass die Hoden für die Männlichkeit eine nicht unbedeutende Rolle spielen. In den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts machte der französische Chirurg Serge Voronoff ein Vermögen mit ziemlich radikalen »Revitalisierungskuren«: Er implantierte Hodengewebe von Schimpansen in menschliche Hoden und versprach deren Besitzern ein längeres Leben, eine gesteigerte Libido und verbesserte Sehkraft. Ein Konkurrent bot dieselbe Behandlung mit Ziegenhoden an. Damals wählte man seinen Ziegenbock, wie man heute vor dem Wassertank im Meeresfrüchterestaurant einen Hummer auswählt, schreibt der Journalist und Schriftsteller Pope Brock in seinem Buch Charlatan. The Fraudulent Life of John Brinkley . Kaum zu glauben, aber wahr: Keine der Tiergewebe-Transplantationen konnte die versprochene Wirkung erzielen.
Der Run auf Revitalisierungskuren ist ungebrochen, doch heutzutage kommen weitaus wissenschaftlichere Methoden zum Einsatz. Tausende Männer greifen zu Testosteronpräparaten in Form von Gels, Cremes oder Injektionen. Die damit verbundenen Versprechungen haben sich seit Voronoffs Zeiten nicht geändert, nur das verbesserte Sehvermögen ist unter den Tisch gefallen. Allerdings sind auch die Fragen nach der Wirksamkeit der Behandlung nicht verstummt. Die Datenlage ergibt kein einheitliches Bild. Einigen Studien zufolge steigern Testosteroninjektionen sowohl Muskelmasse als auch Vitalität. Andere wiederum – darunter auch eine breit angelegte Untersuchung, die 2008 im Journal of the American Medical Association veröffentlicht wurde – kommen zu dem Schluss, dass externe Testosteronzufuhr weder Kraft und Beweglichkeit noch die Lebensqualität der behandelten Männer positiv zu beeinflussen vermag.
Skeptiker geben obendrein zu bedenken, dass über die langfristigen Folgen einer Testosteronbehandlung bisher so gut wie nichts bekannt ist. Einen der Mediziner, mit denen ich über das Thema sprach, erinnerte die aktuelle Begeisterung für diese Methode an den Trend zur Hormon-Ersatztherapie ( HET ) in den neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts. Millionenfach entschieden sich Frauen in der Menopause damals für eine HET , um gegen sinkende Libido und zunehmende Erschöpfung anzugehen – bis sich herausstellte, dass HET das Risiko erhöht, an Brustkrebs und Herzleiden zu erkranken.
Fisch erklärt, es ginge ihm nicht um eine Testosteron-Ersatztherapie im engeren Sinne, sondern nur um eine »Normalisierung des Testosteronwerts«. In meinem Fall ist er jedoch gegen die Verwendung von Gels und Cremes. Schließlich habe ich kleine Kinder, und wenn ich sie an meine eingegelte Brust drücke, könnten sie etwas von dem Testosteron abbekommen. Und ehe ich’s mich versehe, braucht Jasper meinen Nassrasierer.
Stattdessen verschreibt Fisch mir einen Wirkstoff namens Clomifen, um meine körpereigene Testosteronproduktion wieder anzukurbeln. Interessanterweise wird Clomifen gewöhnlich eingesetzt, um die Fruchtbarkeit von Frauen zu steigern, doch es wirkt auch bei Männern. Bei Letzteren steigert es den Spiegel des follikelstimulierenden Hormons ( FSH ) und des luteinisierenden Hormons ( LH ), die ihrerseits die Testosteronproduktion stimulieren. Darüber hinaus normalisiert Clomifen den Testosteronspiegel – man muss das Medikament also nicht sein Leben lang einnehmen, sagt Fisch.
Zu Hause erzähle ich Julie von meinem Besuch bei Dr. Fisch.
»Welche Nebenwirkungen hat das Zeug?«, fragt sie misstrauisch.
»Na ja, es wird halt meine Libido steigern.«
»Also ich
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