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Saufit: Von einem, der auszog, nie wieder krank zu werden (German Edition)

Saufit: Von einem, der auszog, nie wieder krank zu werden (German Edition)

Titel: Saufit: Von einem, der auszog, nie wieder krank zu werden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. J. Jacobs
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den Sarg prasseln.
    Wir wollten unbedingt etwas Nützliches tun. Wir brauchten das Gefühl, eine Aufgabe zu haben, auch wenn unsere Arbeit strenggenommen sinnlos war. Wenn wir sie nicht getan hätten, wäre sie schließlich Sache der Friedhofsangestellten gewesen. Aber wer weiß. Vielleicht war sie doch nicht ganz so sinnlos. Vielleicht hätte Großvater sie zu schätzen gewusst. Ein letztes spektakuläres Zeichen der Zuneigung von seinen Enkeln. So, wie man jemanden ein letztes Mal ins Bett bringt und liebevoll zudeckt.
    Wir schaufelten stumm. Die Erde auf dem Sarg wuchs langsam zu einer Hügellandschaft heran. Ich ging tief in die Knie und arbeitete mit aller Kraft. Jede meiner Schaufeln war gehäuft voll. Es war schwere körperliche Arbeit – und genau dieser körperliche Einsatz war das Gute daran. Unter meinem Anzug begann ich zu schwitzen. Großvater hatte nie halbe Sachen gemacht. Ich würde jetzt auch keine halben Sachen machen.
    Am nächsten Tag erschien in der New York Times ein Nachruf auf Großvater. Es war ein Nachruf, wie er ihn sich gewünscht hätte. Unter Verweis auf seinen leidenschaftlichen Einsatz als Streikschlichter wurde er darin als »Friedensstifter« gewürdigt – eine ebenso große wie verdiente Ehre. Der Autor zitierte aus einer alten Ausgabe des New York Times Magazine : »Es gibt Männer, die sind Feuer und Flamme, wenn sie Gina Lollobrigida sehen. Theodore Kheel verspürt dieselbe Begeisterung, wenn er es mit einem richtig harten Arbeitskampf zu tun bekommt.«
    Und er erhob Großvater zu einer Art James Bond: »Einerseits mit Leib und Seele Vermittler bei Bäcker-, Müllabfuhr-, Installateur-, U-Bahn-Fahrer-, Schlepperschiffkapitäns- und Bestatterstreiks, war er zugleich ein bekennender Bonvivant, der sich für schnelle Autos und gutes Essen begeisterte.«
    Auf dem dazugehörigen Foto war er zu sehen, wie er zwei Telefonhörer gleichzeitig in den Händen hält, einen an jedes Ohr gedrückt, und wahrscheinlich mitten in Verhandlungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmervertretern ist. Vielleicht der Busfahrer-Gewerkschaft. Oder der Orchestermusiker-Gewerkschaft. Der Bildunterschrift war nichts Genaues zu entnehmen, und es war auch ganz egal.
    Julie schnitt den Nachruf aus und klebte ihn auf ein Stück Pappe – in unserem digitalen Zeitalter eine schöne, nostalgische Geste.
    Die Times brachte auf ihrer Website ein kurzes Video von Großvater. Das Interview war schon vor einigen Jahren aufgezeichnet worden – und Großvater wusste damals bestimmt, dass es sich um einen vorproduzierten Nachruf handelte. Er ist vor einem schwarzen Hintergrund zu sehen, grauhaarig und noch sehr wortgewandt.
    »Wie möchten Sie den Menschen in Erinnerung bleiben?«, wird er gefragt.
    Mein Großvater lacht. »Ich will nicht zur Erinnerung werden«, sagt er. »Ich will noch ein Weilchen hier bleiben.«



KAPITEL 22
    Die Nase
    Schnupperkurs Geruchssinn
    Der Tod meines Großvaters ist jetzt zwei Wochen her. Seitdem esse ich zu viele industriell verarbeitete Kohlenhydrate, und mit meinem sportlichen Elan ist es auch nicht mehr weit her. In mir macht sich Fatalismus breit. Das Jim-Fixx-Argument will mir nicht aus dem Kopf. Sie wissen schon, diese defätistische Grundhaltung, mit der sich sämtliche gesundheitlichen Anstrengungen in null Komma nichts ad absurdum führen lassen: Eines Tages werde ich sowieso sterben – wozu dann jetzt diese ganze Zeit und Energie verschwenden? Mein Großvater jedenfalls hat keinen strikten Kohlgemüse-Veganismus oder dergleichen praktiziert, also warum sollte ich das tun?
    Ich hau rein bis zum Anschlag. Erst eine Handvoll Schokostudentenfutter mit Rosinen, Erdnüssen und Schokoladestückchen. Anschließend ein Müsliriegel mit satten 24 Gramm Zucker. Dann wieder Schokostudentenfutter. Und ehe ich mich’s versehe, futtere ich direkt aus der Tüte wie ein Pferd aus dem Futtersack.
    Neulich las ich einen Text, der das Wesen von Fressattacken und Komasaufen haargenau auf den Punkt brachte. Er drehte sich gar nicht um Essen und Trinken; trotzdem war er die beste Beschreibung der mit solchen Exzessen einhergehenden Mischung aus Verlangen und Scham, die mir je untergekommen ist. Der Text ist von Platon. Er beschreibt darin einen Mann, der neben dem Haus des Scharfrichters einen Leichenhaufen am Wegesrand sieht. Zunächst versucht er, die Augen abzuwenden, doch dann wird sein Verlangen nach dem Anblick übermächtig, und er sagt zu seinen Augen: »Sehet da, ihr Unglücklichen,

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