Saufit: Von einem, der auszog, nie wieder krank zu werden (German Edition)
Großvater damit einverstanden, die beiden anwaltlich zu vertreten. Er erklärt ihnen, der nächste Schritt bestehe darin, bei der Parkverwaltung vorstellig zu werden, und rät: »Versuchen Sie, sich in die Mitarbeiter der Parkverwaltung hineinzuversetzen. Dort wird man sich fragen, was alles passieren könnte. Was werden die Juden dazu sagen? Was die Iren? Und was die Polen?«
Großvater arbeitete dann 26 Jahre für die Christos und stand ihnen bei Hunderten Sitzungen, Komitees, Informationsveranstaltungen und Spendengalas zur Seite. »Ich weiß, eines Tages ist es so weit«, sagte er immer. Und dann war es tatsächlich so weit: Der Central Park verwandelte sich in ein wundersam schönes Meer mandarinenfarbener Stoffbahnen.
Der Dokumentarfilm endet mit der Eröffnung von The Gates im Jahr 2005. Man sieht, wie mein Großvater auf dem Rücksitz eines Wagens zwischen den Christos sitzt und mit ihnen kreuz und quer durch den Central Park fährt. Er sieht älter aus als sein Alter Ego vom Anfang des Films, wenngleich weniger alt als der Großvater, der 2010 in seinem Ruhesessel sitzt. Doch sein kindliches Staunen hat er sich über all die Jahre hinweg bewahrt: »Wow«, sagt er immer wieder, als die drei die Gates entlangfahren. »Wow.«
Mein Großvater, Version 2010, lächelt und sagt: »Wir haben nur 26 Jahre gebraucht.« Ein wirklich bemerkenswerter Erfolg. Und eine Lektion in Standhaftigkeit, Optimismus und Hartnäckigkeit. Das Wunder von New York.
Ich frage mich des Öfteren, ob mein Großvater seine Langlebigkeit womöglich zu großen Teilen seinem unerschöpflichen Optimismus und Beharrungsvermögen verdankt. Einige Forschungsergebnisse legen diese Vermutung nahe: Eine Studie der Duke University begleitete Herzkranke über 15 Jahre. Sie ergab, dass optimistische Patienten eine 30-prozentig höhere Überlebenschance haben. Laut einer anderen Forschungsarbeit, die 3000 Herzkranke ebenfalls über 15 Jahre begleitete, leben Patienten mit einer positiven Grundhaltung durchschnittlich 20 Prozent länger als weniger optimistische Patienten. Andere Studien hingegen können keinen nennenswerten Unterschied feststellen. Besonders dünn ist die Beweislage hinsichtlich möglicher positiver Effekte einer optimistischen Grundhaltung auf die Heilungschancen nach einer Krebserkrankung. Entgegen anderslautenden Behauptungen von Küchenpsychologen und Bestsellern wie The Secret – Das Geheimnis ist es nicht möglich, den Krebs allein durch die Kraft positiver Gedanken zu besiegen. Doch dazu später mehr.
Obendrein kann eine allzu große Dosis Optimismus sogar schädlich sein. Nur Realisten und Neurotiker gehen regelmäßig zum Arzt, nehmen brav ihre Medikamente und kümmern sich auch um vermeintliche Kleinigkeiten mit der gebührenden Aufmerksamkeit. Eine Langlebigkeitsstudie über 90 Jahre unter Leitung von Howard Friedman, Professor für Psychologie an der University of California-Riverside, ergab, dass sich eine leise, aber beständige Sorge um die Gesundheit positiv auf die Lebenserwartung auswirkt.
Zukünftig wird meine Marschrichtung daher lauten: maßvoller Optimismus mit einem Quäntchen Besorgnis. Das kriege ich hin.
Als ich mich verabschiede, umklammert mein Großvater die Armlehnen seines Ruhesessels und stemmt sich hoch, meinem ausdrücklichen Protest zum Trotz. Auf der Suche nach Halt greift er nach Janes Schulter. Gebeugt steht er da, fast im 45-Grad-Winkel, und seine Beine zittern. »Kommst du bald wieder vorbei?«, fragt er.
»Natürlich«, sage ich.
Check-up: Monat 4
Gewicht: 74,8 kg
Bisher insgesamt beim Schreiben zurückgelegte Strecke: 85 Meilen (Dieses Buch soll ein 1000-Meilen-Werk werden)
In diesem Monat verzehrte Walnüsse: 790
Trainingsgewicht an Kniebeugemaschine (3 Sets, 15 WH): 20 kg
Ziegenmilchkonsum: 10 Gläser (laut Blue Zones trinken viele der langlebigsten Völker Ziegenmilch)
Allgemeiner Gesundheitszustand: nicht gut. Ich bin erkältet. Obwohl ich fast meinen gesamten Tagesablauf dem Streben nach maximaler Gesundheit widme, bin ich erkältet.
In Jennifer Ackermans Buch Ah-choo!, einem historisch-medizinischen Überblick zum Thema Erkältung, habe ich ein großartiges Zitat von Charles Lamb gefunden, einem englischen Dichter des 19. Jahrhunderts: »Und wenn Sie mir sagten, morgen ginge die Welt unter – mehr als ›ach wirklich?‹ fiele mir dazu nicht ein. In meinem Schädel sieht es aus wie auf einem zugerümpelten Dachboden.«
Mein Schädel ähnelt derzeit definitiv einem
Weitere Kostenlose Bücher