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Saufit: Von einem, der auszog, nie wieder krank zu werden (German Edition)

Saufit: Von einem, der auszog, nie wieder krank zu werden (German Edition)

Titel: Saufit: Von einem, der auszog, nie wieder krank zu werden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. J. Jacobs
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innerhalb eines bestimmten Zielbereichs zu halten.
    Und wie soll das gehen? Das ist schwer zu erklären. »Stellen Sie sich das Ganze vor wie einen von diesen Geschwindigkeitsmessern mit den Smileys, die anzeigen, wie schnell Sie gerade fahren. Wenn er anzeigt, dass Sie in einer verkehrsberuhigten Zone mit 40 Sachen unterwegs sind, treten Sie automatisch auf die Bremse.«
    Wenn mein Gehirn es schafft, den Balken in den Zielbereich zu bewegen, erklingen zur Belohnung entspannende tibetische Zimbelklänge in meinem Kopfhörer.
    Dieses Verfahren wird »Neurofeedback« genannt, und Dr. Fallahpour ist in den USA einer der führenden Experten auf dem Gebiet. Neurofeedback basiert auf der Annahme, dass man lernen kann, seine Gehirnströme zu beherrschen, um die Konzentrationsfähigkeit zu steigern und Stress abzubauen – eine nicht unumstrittene Theorie. Sie ist noch längst nicht zweifelsfrei erwiesen, und hier und da wird sie als pseudowissenschaftlich abgetan. Gleichzeitig gibt es durchaus Belege dafür, dass diese Behandlungsmethode von Nutzen sein kann. So kam eine Studie der National Institutes of Mental Health zu dem Schluss, Neurofeedback könne das Konzentrationsvermögen von Kindern mit ADHS verbessern. Und im Rahmen eines an der Stanford University durchgeführten Experiments wurde Neurofeedback erfolgreich eingesetzt, um chronische Schmerzen zu lindern.
    Es ist schon komisch, seine eigenen Gehirnströme beeinflussen zu wollen. Okay, jetzt konzentriere dich auf den Klang der Glöckchen, sage ich mir. Das scheint zu funktionieren. Die Zimbeln läuten, der Balken bleibt oben. Also denke ich: Die Strategie muss ich mir merken. Ich konzentriere mich einfach auf die Glöckchen. Doch in dem Moment, in dem ich das denke, bin ich nicht mehr völlig bei der Sache: Die Glöckchen verstummen, und mein Balken rutscht nach unten. Meditation als Videospiel.
    Ich war sechs Mal beim Neurofeedback. Dr. Fallahpour hatte mehr Sitzungen empfohlen, doch angesichts der vielen für Project Health noch fälligen Körperteile hatte ich einfach keine Zeit mehr. Ich bin aber immer gerne hingegangen. Danach war ich entspannt und zugleich voller Energie. Wie nach einem Espresso, nur ohne die Koffeinzappeligkeit.
    Einen Monat lang habe ich nun Neurofeedback und Neurobics gemacht, Rechenaufgaben gelöst und Wortgefechte geführt. Und? Fühlt mein Gehirn sich weniger schlaff an? – Obwohl es nicht leicht ist, die Antwort mit konkreten Beispielen zu untermauern, würde ich sagen: Ja, ich fühle mich geistig ein bisschen fitter. Ich kann schneller rechnen. Und bei dem Online-Intelligenztest, den ich am Anfang des Monats das erste Mal machte, schnitt ich am Monatsende um 23 Prozent besser ab. Ich kann mir Gedichte besser merken. Und letzte Woche fiel mir bei einer Runde »Schwarzer Kater« auf, dass etwas anders war als sonst: Normalerweise gebe ich mich beim Kartenspielen mit Pi-mal-Daumen-Berechnungen und groben Schätzungen der Kartenwerte zufrieden – doch diesmal rechneten meine durchtrainierten Hirnwindungen bereitwillig die genauen Punktzahlen aus. Ich verlor zwar trotzdem, aber so wusste ich immerhin mit buchhalterischer Genauigkeit, warum.
    Hinter der ganzen Geschichte könnte natürlich auch mal wieder der berühmte Placebo-Effekt stehen. Und wenn schon. Wie ich schon sagte: Der Placebo-Effekt ist ein Geschenk des Himmels.
    Großvaters Gedächtnis
    An einem kalten Donnerstag besuche ich meinen Großvater zum Mittagessen. Als ich die Tür öffne, erblicke ich ihn in seiner üblichen Haltung, mit hochgelagerten Füßen tief in seinem Ruhesessel versunken. Er schaut gerade CNN , aber jetzt lächelt er und reckt die Faust zum rituellen Kampfesgruß.
    Mit Hilfe seiner Tochter Jane hievt er sich aus dem Sessel und schlurft zum Esstisch.
    »Gestern Abend sind wir essen gegangen, stimmt’s, Papa?«, sagt Jane, als wir alle Platz genommen haben.
    »Wo seid ihr denn hingegangen?«, frage ich Großvater.
    Er denkt nach.
    »Also ich weiß, dass ich etwas gegessen habe. Das ist doch schon mal was«, sagt er und grinst.
    Das Gedächtnis meines Großvaters lässt allmählich nach. Aber nicht in allen Bereichen gleich stark, sondern vor allem die jüngste Vergangenheit betreffend. An Ereignisse aus den fünfziger und sechziger Jahren kann er sich genau erinnern. Dieses Phänomen wird als Ribotsches Gesetz bezeichnet, nach dem französischen Psychologen und Philosophen Théodule Ribot, der es als Erster untersuchte. Je öfter wir eine Erinnerung

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