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Saugfest

Saugfest

Titel: Saugfest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steffi Wolff
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Nacken und öffnet das Maul, aber außer einem Krächzen kommt nichts. Nicht, dass der Heuler sich erkältet hat. Wundern würde es mich nicht. Hier unten ist es ganz schön kühl, und die Luft ist feucht, modrig und … irgendwie riecht es nach Metall. Aber warum sollte es denn hier nach Metall riechen? Da ist ja überall nur Holz, und der Boden ist aus Stein.
    »Hi«, sage ich betont cool und nicke den Anwesenden zu. »Messmer mein Name, hier sollen Leute mit Jacken sein, die ich mit dem Taxi abholen soll. Das heißt, dass ich nun hier bin. Wenn die Leute mit den Jacken sich eben zeigen wollen, dann können wir losfahren. Die Strecke ist nicht ohne bei dem Wetter.«
    Keiner antwortet. Auch der Heuler nicht. Er hat den Versuch aufgegeben zu heulen, wahrscheinlich, weil er findet, dass es besser ist, keinen Ton von sich zu geben. Der Heuler scheint mir doch ein recht cleveres Kerlchen zu sein. Ein kleiner Satansbraten, hahaha.
Ein buckeliges Männlein löst sich aus der Masse und beginnt, Fackeln anzuzünden, die sich in Halterungen an den Wänden befinden. Ich nehme an, er möchte, dass man mehr sieht.
    Und da sehe ich ihn. Mir wird erst heiß, dann total kalt, dann beides. Was für ein Mann! Der Lichtschein von einer der Fackeln erhellt sein Gesicht. Und das ist ein Gesicht, ach du meine Güte. Ich weiß, wie jemand aussieht, wenn er niemals lächelt oder lacht – ich brauche dafür nur in den Spiegel zu schauen –, und dieser Mann lacht
nie
! Seine Augen schauen mich böse an, die Mundwinkel sind herabgezogen, links und rechts der Mundwinkel hat er tiefe Falten. Dann diese abgrundtief negative Ausstrahlung! Ich spüre so etwas. Es ist die pure Ablehnung, es ist die personifizierte Verachtung aller Menschen, die irgendetwas auch nur ansatzweise »gut« oder »witzig« oder »zum Totlachen« finden. Dieser Mann ist
perfekt
, er ist die schlechte Laune an sich. Ich bin fassungslos.
    So jemand ist mir noch nie begegnet, obwohl ich die Augen eigentlich immer offen halte. Ich wette, dieser Mann sagt noch nicht mal danke, wenn man ihm das Leben gerettet hat. Herrlich. Ich will damit jetzt nicht sagen, dass Zottel vor guter Laune nur so gestrotzt hat, aber immerhin hat der mich angelächelt, wenn auch eher zynisch. Und wenn jemand lächelt, dann kann er auch lachen, das ist leider so. Aber ich muss mich konzentrieren, ich muss alles dafür tun, dass ich den Schlechtgelaunten kennenlerne. Wenn ich hier weiter dumm rumstehe und nichts tue, kann es passieren, dass er beginnt, mich und den Schauplatz langweilig zu finden, was zur Folge haben könnte, dass er geht und ich ihn nie mehr wiedersehe. Das gilt es unter allen Umständen zu vermeiden.
    Da, er dreht sich um, weg von mir. Ich weiß nicht, was in mich gefahren ist, aber ich greife in meinen Weidenkorb und ziehe den Heißwasserkocher unter dem Handtuch hervor, um zu fragen: »Möchte jemand vielleicht einen heißen Tee? Wenn ja, brauchen wir nur noch Teebeutel, einen Kocher habe ich.«
    Ich bin irre.
    Bekloppt.
    Da, er dreht sich wieder um.
    Ja.
    Er schaut mich an.
    Ja!
    Er schüttelt den Kopf.
    Nein!
    »Was ist denn das für eine
Person
?«, fragt er den, der neben ihm steht.
    Es ist das bucklige Männlein, und es antwortet: »Woher soll ich’s wissen? Hab ich zwei Köpfe zum Denken?«
    »Wer hat sie bestellt? Ist sie zur Verarbeitung hier?«
    Erst möchte ich barsch antworten, aber eine innere Eingebung hindert mich daran, möglicherweise hat diese Eingebung etwas mit dem Wort
Verarbeitung
zu tun. Etwas in mir wehrt sich instinktiv dagegen, verarbeitet zu werden, zu was auch immer. Nicht auszudenken, dass Annkathrin und Bernie in ihrem neuen Haus in Saarbrücken an einem sonnigen Sonntagmorgen frühstücken und mich, die ich mittlerweile aus Scheiben bestehe, als Brötchenbelag zweckentfremden. Andererseits: Saarbrücken ist weit weg, warum sollte Aufschnitt, der in Schleswig-Holstein hergestellt wurde, bis nach Saarbrücken transportiert werden? Aber wird Aufschnitt nicht in Kühlwagen durch ganz Deutschland transportiert? Ich weiß es nicht. Doch. Ich habe sogar in Hamburg mal aus dem Elsass stammende Leberpastete gekauft. Und vom Elsass bis nach Saarbrücken ist es nicht so furchtbar weit. Aber was rege ich mich denn auf? Vielleicht ist mit Verarbeitung ja gar nicht
Aufschnitt
gemeint, sondern ich ende als Dosengulasch oder als eingefrorenes Ein-Personen-Mittagsgericht und bin auch gar nicht alleine, weil es noch Beilagen gibt, die miteingefroren wurden.
    »Weiß

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