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Saugfest

Saugfest

Titel: Saugfest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steffi Wolff
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Millionen von Dollar für solche Produktionen ausgegeben werden, und dann kriegt man die kleinsten Dinge nicht richtig hin. Ein Beispiel in
Braveheart
, in der 98 . Minute: Als da dem König von England und seinem schwulen Sohn der Korb mit dem Kopf des Statthalters von York geschickt wird, öffnet der blöde König den Korb, begutachtet den Kopf und legt ihn wieder in den Korb zurück. Das Tuch legt er aber nicht wieder darüber. Eine Sekunde später ist das Tuch wie von Geisterhand wieder über den Korb gebreitet.
Muss das sein?
Aber was hat das mit alldem hier zu tun? Mir fällt gerade noch etwas ein: An dem Dolch, mit dem der englische Magistrat die Kehle dieser Murron durchschneidet, ist überhaupt kein Blut. Und als der Typ in der nächsten Szene ebendiesen Dolch abwischt, ist der komplett sauber, und ich stelle mir die Frage: Warum wischt er ihn dann überhaupt ab? Wie überflüssig das ist! Haben die da keine Leute, die sich um solche Sachen kümmern? Jeder weiß doch, dass ein Dolch nach einer solchen Aktion nicht mehr sauber sein
kann
! Ich werde das William Wallace natürlich nicht fragen, weil er ja gar nicht in diesem Film mitgespielt hat, aber mal ganz unter uns, wäre das mein Film, ich würde den Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen, gefühllos, kalt und ohne Wenn und Aber.
    »Es ist bestimmt Wolle«, murmelt William. »Mein Kilt besteht auch aus Wolle. Das ist das, was ich mit Stoff meinte. Wolle.«
    Herrje, ja, William. Was solltest du auch sonst mit Stoff gemeint haben? Sehe ich so aus, als wüsste ich nicht, was Stoff ist? Glaubst du das? Dachtest du, ich nähme an, dass du mit Drogen dealst? Ach, William. Woher sollst du wissen, was Drogen sind?
    So. Es reicht jetzt. Was immer hier für ein Spiel gespielt wird, es ist vorbei. Wenn mir hier irgendjemand einen üblen Scherz unterjubeln möchte, dann hat er nicht mit mir gerechnet. Zwei der Gestalten in den langen weißen Hemden stehen auf einmal vor mir. Sie haben Wunden am Hals und sehen aus, als hofften sie, dass ich Angst bekomme. Aber wenn sie das hoffen, warum?
    »Ich verlange eine Erklärung«, sage ich und stoße die Weißhemden, die mich berühren wollen wie Geisteskranke den einzig Normalen in der geschlossenen Psychiatrie, von mir weg; es ist eher ein Scheuchen. Demütig zucken sie zurück, dabei atmen sie rasselnd ein und aus.
    »Bitte«, sagt der mit der Zedernholzstimme, »frag nur.« Er wirkt furchtbar mürrisch, was mir gut gefällt. Ja, er fasziniert mich. Eigentlich von Minute zu Minute mehr. Ich glaube, wir wären ein gutes Team. Weil wir nie zusammen lachen würden.
    Aber ich schweife ab.
    »Was soll der Mist?«, frage ich mit lauter Stimme und verschränke die Arme, um Gelassenheit und stoische Ruhe vorzutäuschen, was ich auch gleich sein lassen kann, denn ich zittere überall, auch an den Fingernägeln. Trotzdem versuche ich, ihm den Wind aus den Segeln zu nehmen. »Erstens mal möchte ich nicht geduzt werden«, fordere ich böse. »Und zweitens will ich sofort wissen, was dieser verdammte Mist soll.«
    »Du bist eine Updmenaem«, sagt der mit der Zedernholzstimme, als sei diese schwachsinnige Aussage Erklärung genug. Hätte ich in meinem Korb giftige Pilze, beispielsweise Schöngelbe Klumpfüße oder Spitzbucklige Orangeschleierlinge, ich würde sie ihm unverzüglich in den Mund stopfen, so sauer bin ich. Da hilft es
auch nichts mehr, dass er mir gefällt. Irgendwann ist nämlich mal Schluss mit lustig. Irgendwann muss ich auch mal nach Hause, und ich habe nicht vor, hier Wurzeln zu schlagen. Wenn ich wüsste, wie es geht, ich würde hysterisch auflachen aufgrund dieser kuriosen Situation. Aber ich kenne nur das
Wort
Lachen, jegliche
Umsetzung
davon ist mir fremd.
    Also sage ich: »Updmenaem hin oder her, was immer das ist, ich möchte jetzt weg.«
    »Warum?«, entgegnet der Mürrische.
    »Ich verbringe meine Freizeit ungern in modrigen Kellern, das ist das eine«, sage ich. »Und ich habe noch einiges zu erledigen, unter anderem werde ich Freundschaften fristlos kündigen, und möglicherweise steht auch Morden im Affekt auf meinem Stundenplan, das ist das andere.«
    Schweigen.
    Noch mehr Schweigen.
    »Nun ja«, Zedernholzstimme sieht mich abwägend an. »Heißt das, du hast überhaupt kein Interesse an einer Erklärung? Heißt das, du willst wirklich gehen? Wenn ja, dann ist dem so. Dann wirst du all dies hier vergessen und nie mehr zurückkommen können.«
    »Was ich vergesse, entscheide ich immer noch selbst«, wird

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