Saving Phoenix Die Macht der Seelen 2: Roman (German Edition)
konnte viele Jahre lang nicht sprechen und hatte sogar meinen Namen vergessen.«
»Was ...? Wie ...?«
»Ja, das stimmt. Meine Eltern haben mich als Erste gerettet und dann hat Zed den Rest erledigt, zusammen mit seiner Familie. Ich hab immer geglaubt, ich hätte es schwer gehabt, aber jetzt sehe ich, dass ich mehr Glück hatte als du. Wie lange bist du schon auf dich allein gestellt?«
Ihr Verständnis löste einen Schwall an Gefühlen aus. Obwohl mein Verstand mir befahl, keine Schwäche zu zeigen, rannen mir Tränen über die Wangen, tropften aufs Kissen. »Fühlt sich wie eine Ewigkeit an. Mom hat ihr Bestes versucht, aber sie stand unter dem Einfluss des Sehers, genau wie ich. Ich kenne kein anderes Leben, Sky. Ich habe wirklich Angst, dass ich für Yves die Falsche bin – ich werde ihm schaden. Ich bin das reinste Gift.«
Sie rüttelte mich an der Schulter, ein sanfter Tadel. »Quatsch. An dir ist nichts verkehrt. Es ist ein Wunder, dass du dich überhaupt noch so viel um andere kümmerst.«
»Aber Yves ...«
»Mach dir wegen ihm keine Sorgen. Er ist eine starke Persönlichkeit und kann prima auf sich allein aufpassen, egal, was seine Brüder auch behaupten. Lass dich von seinem intellektuellen Auftreten bloß nicht täuschen; in ihm drin brodelt’s.«
Ich dachte an die Auseinandersetzung in der Tate Modern. »Ich glaube, das hab ich schon live erlebt.«
»Vertrau ihm. Er verdient eine Chance. Und auf den Rest der Familie kannst du auch zählen.«
Ich wollte ihr glauben, obwohl ich noch immer Zweifel hegte, und kuschelte mich lächelnd ans Kopfkissen. »Er ist einfach umwerfend, nicht?«
Sky lachte. »Das sind sie alle – Zed am allermeisten, natürlich.« Das fand ich nicht – ich würde meinem Yves jederzeit den Vorzug geben. »Was allerdings ziemlich anstrengend ist, wenn man zur eifersüchtigen Sorte gehört.«
Ich musste mir ein Grinsen verkneifen, erstaunt, dass mir, so kurz nachdem ich geweint hatte, schon wieder nach Lächeln zumute war. Meine Gefühle spielten total verrückt. »Yves wirkt anziehend auf ältere Frauen – die flirten echt alle mit ihm.«
Sky kicherte. »Oje, das hab ich noch gar nicht gewusst. Das darf ich Zed nicht erzählen, sonst zieht er ihn gnadenlos damit auf. Wie geht er damit um?«
»Er wird total verlegen. Das ist so niedlich.«
»Ja, alle meine Freundinnen finden, dass er ... na ja, das willst du vermutlich gar nicht hören. Aber sie meinten – also zumindest diejenigen, die das Glück hatten, mit ihm auszugehen –, dass er der perfekte Gentleman ist.«
Ich war mir nicht sicher, ob er sich mir gegenüber auch so verhielt; anscheinend reizte ich ihn immer viel zu sehr, als dass er gelassen bleiben konnte. »Und zieht Zed auch ältere Frauen an?«
Sie lachte schnaubend. »Nee, die wechseln alle die Straßenseite, wenn sie ihn kommen sehen. Er kann ziemlich beängstigend wirken, wenn er nicht drauf achtet. Schon lustig, denn Yves’ Fähigkeiten können im Vergleichzu Zeds sehr viel mehr Schaden anrichten. Unter Umständen sind sie sogar todbringend.«
»Stille Wasser sind tief.«
»Ja, scheint so.« Sie gähnte. »Wollen wir jetzt ’ne Runde schlafen?«
Ich nickte. Ich fühlte mich so ruhig und ausgeglichen wie schon seit Tagen nicht mehr. »Okay.«
»Weck mich um vier, falls du vor mir wach wirst. Ich hab meinen Eltern versprochen, sie anzurufen, wenn ich gut angekommen bin.«
Ich beneidete sie um dieses Netzwerk von Leuten, die sich alle um sie sorgten.
»Brauchst du nicht«, sagte sie leise. Sie hatte meine Gefühle scharfsinnig erraten – oder gelesen. »Wir kümmern uns um dich. Du stehst jetzt nicht mehr allein da.«
Das Gleiche hatte Karla mir auch schon zu verstehen gegeben. Das Problem war, dass es mir schwerfiel, von klein auf eingetrichterte Verhaltensweisen abzulegen. Die erste Lektion, die ich in diesem neuen Leben würde lernen müssen, war, einfach zu akzeptieren, dass an ihrer Behauptung, sie würden sich um mich kümmern, etwas Wahres dran sein könnte.
Als ich ein paar Stunden später aufwachte, schlief Sky noch immer, ihre Atemzüge wie ein leises Wispern, die weich geschwungenen Wimpern berührten ihre blasse Haut. Sie sah aus wie eine Märchenprinzessin, die darauf wartete, dass ihr Prinz sie wachküsste. Ich blickte zum Wecker auf dem Nachttisch. Sie hatte noch ein paar Stunden Zeit, bis sie ihre Eltern anrufen konnte, und soschlüpfte ich aus dem Bett und tappte barfuß aus dem Schlafzimmer.
Ich spähte durch die offene
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