Schädelrose
dem er der
Unterhaltung entfloh. Seine blauen Augen funkelten
plötzlich, und er nahm seine Hand von ihrer Schulter, um ihr
die losen Haare hinters Ohr zu stecken.
»Du bist schön.«
»Bin ich das?«
Seine Arme legten sich um sie. Caroline ließ ihren
Körper entspannt an seinen sinken. Er küßte sie,
und seine Hände strichen kräftig über ihren
Rücken. Sie öffnete den Mund. Aber als sich seine
rechte Hand auf ihre Brust zubewegte, traf es sie plötzlich
wie ein Schlag:
Nicht richtig.
Es flutete in einer gewaltigen, vom Wind getriebenen Welle in
ihren Geist: nicht richtig. Es gab kein anderes Wort, um
es zu beschreiben. Caroline zog ruckartig ihren Mund zurück
und stieß Robbie weg. Nicht richtig, nicht
richtig.
Robbie wich zurück. Seine Augen wurden schmal.
»Wofür war das?«
»Ich weiß nicht. Oh, tut mir leid, Robbie, ich
weiß nicht, was passiert ist… es ist nur… es
ist nicht richtig.«
»Nicht richtig?«
»Nein. Du und ich. Ich weiß nicht, wie es…
Ich wollte – es ist einfach…«
»Ein Verb, Caroline. Gib mir ein Verb.«
»Du hast das Recht, wütend zu sein. Ich wollte
nur… Ich weiß es nicht. Es wäre absolut nicht
richtig. Du und ich. Ich weiß nicht, warum.«
Sie standen einen halben Meter voneinander entfernt. Caroline
streckte die Hand aus und berührte seinen Arm. »Es tut
mir leid. Ich wollte dich nicht foppen. Ich hatte nur
plötzlich ganz intensiv das Gefühl, daß es nicht
richtig wäre. Daß Sex mit dir aus irgendeinem Grund
ein schrecklicher Fehler wäre.«
Robbie drehte sich um und goß sich einen neuen Drink in
das Glas, das er schon benutzt hatte, als Colin noch dagewesen
war. Caroline sah die runde Form seiner Wange im Gegenlicht vom
Fenster. Ob er überhaupt schon sechsundzwanzig war, wie er
behauptete? Die feste, gerundete Haut erinnerte sie
plötzlich an Catherine. Aber das war absurd.
»Hör mal, Robbie, es war ein harter Tag heute. Ich
war den ganzen Vormittag im Karnie-Netz. Und dann
Colin…«
»Am ersten Abend hier hast du mir mal was erzählt.
Draußen auf der Terrasse. Du hast gesagt, du wärst
durch deinen ersten Mann gegen meinen >Typ< geimpft. Aber
das war nicht die Wahrheit. Er war es. Dein
Vater.«
Caroline zuckte die Achseln. »Ja, mag sein, daß du
recht hast. Sie sind sich sehr ähnlich, beide Schauspieler
– nur daß Colin Talent hat und Jeremy nicht.«
Sie hörte, daß ihre Stimme so klang, als ob es nur ein
kleiner Unterschied wäre. »Schenkst du mir auch noch
was ein?«
»Du wirst nie mit mir ins Bett gehen, stimmt’s,
Caroline?«
Sie sah sie plötzlich vor sich, beide nackt, während
Robbies schöner Körper sich auf ihren herabsenkte, und
wieder spülte die braune Welle durch ihren Geist. Nicht
richtig. Stumm schüttelte sie den Kopf.
Robbie reichte ihr lächelnd den Wein. Er durchquerte das
Zimmer und drückte auf den Lichtschalter. Caroline blinzelte
in der jähen Helligkeit und sah trotzdem, daß er
wieder einmal eine beunruhigende Unterhaltung gelöscht
hatte; er hatte sie einfach aus seinem Bewußtsein
gestrichen. Er lächelte, und seine Augen tanzten. Er hielt
ihr das Weinglas hin, und sie bemerkte zum erstenmal, daß
sie immer noch die Konfektschachtel aus Porzellan in der Hand
hatte, und zwar schon seit Colins Besuch. Sie schaute auf ihre
rechte Hand mit der Schachtel darin hinab, und Robbie machte sich
einen kleinen Spaß daraus, so zu tun, als ob er ihr den
Wein über den grün glasierten Deckel schütten
würde.
»Robbie! Die ist unbezahlbar!«
»Offensichtlich nicht, sonst hättest du sie nicht
kaufen können. Woher hast du sie, Caroline? War das der
gepanzerte Wagen, der gestern hier vorgefahren ist?«
»Dir entgeht nicht viel, was? Aber die Schachtel hier
wirst du dir entgehen lassen müssen.« Sie sah ihm mit
Absicht in die Augen. »Weil sie mir fehlen
würde.«
Er grinste. »Du tust mir unrecht.«
»Glaub ich nicht.«
»Aber es ist so. Ich würde dich nie bestehlen. Und
ich kann es beweisen.«
»Wie?«
Er leerte ihr Weinglas mit einem Zug, wobei er den Kopf mit
einer spöttischen, schwungvollen Bewegung in den Nacken
legte, die sie an Jeremy erinnerte. Sie sah, daß seine
Gemütsverfassung schon wieder gewechselt hatte. Er war im
Begriff, ein unerhörtes Risiko einzugehen, etwas zu tun, das
ihre Weigerung ausgleichen würde, mit ihm zu schlafen. Die
blauen Augen funkelten.
»Dein Schmuck ist in einem kleinen schwarzen Safe, der
durch ein
Weitere Kostenlose Bücher